Full text: Friedrich der Vorläufige, die Zietz und die Anderen.

rechte gepackt, das zu beraten man heute beginnt. Es ist das 
ein „salatähnliches Gebilde“, meint der Sozialdemokrat 
Quarck, und ähnlich wegwerfend äußern sich auch die Redner 
aller anderen Parteien und brechen die Beratung vorzeitig 
ab. Ee ist möglich, daß das ganze Kapitel sogar an den Aus- 
schuß zurückverwiesen wird. Aur der Abgeordnete Beierle, 
der als verantwortlicher Redakteur für diesen Abschnitt zeichnet, 
bittet um gut Wetter. Es war begreiflich, daß 1848 in der 
Paulskirche um Grundrechte geredet wurde, denn politische 
Rechte sollten dem Volke damals erst erstritten werden. Heute 
heißt es in Paragraph 1 der Verfassung: „Die Staatsgewalt 
geht vom Volke aus.“ Es ist alfo selber völlig souverän, es 
kann selber und allein seine Gesetze machen, es steht ihm keine 
Gewalt gegenüber, vor der man seine Rechte behaupten müßte. 
Im Grunde ist also das ganze Kapitel über Grundrechte voll- 
kommen überflüssig, ist lediglich ein Deklamatorium. Dazu 
kommt, daß jedermann andere Rechte geschützt zu sehen 
wünscht, der eine mehr die des Individuume, der andere mehr 
die der Gesamtheit. Auch sind dem Zentrum Oinge wichtig, 
auf die die Sozialdemokratie pfeift, und umgekehrt. So hat 
man denn einfach — sämtliche Forderungen sämtlicher Partei- 
programme der Mehrheit aufgenommen und notdürftig redi- 
giert, zum Teil im Nachsatz wieder aufgehoben, was im Vorder- 
satz steht. So wird die Freiheit der Person als unverletzlich 
proklamiert; aber ihre Beeinträchtigung oder Entziehung sei 
auf Grund von Gesetzen zulässig. Auch die Wohnung jedes 
Deutschen sei für ihn eine Freistätte und unverletzlich; aber 
wiederum ist das Eindringen in eine Wohnung auf Grund 
von Gesetzen erlaubt. Das Briefgeheimnis wird erneut als 
unverletzliches Grundrecht bezeichnet; aber auch da werden 
Ausnahmen durch Reichsgesetz statuiert. Die Sozialdemokratie 
verkündet in den Grundrechten völlige Zensurfreiheit; das 
Zentrum bringt im Nachsatz die Zenfur für Lichtspiele und 
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