Reichs= und Staatsangehörigkeitsgesetz. S 8. 65
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einen unbescholtenen Lebenswandel geführt hat,
3. an dem Orte seiner Niederlassung eine eigene
Wohnung oder ein Unterkommen gefunden hat und
4. an diesem Orte sich und seine Angehörigen zu er-
nähren imstande ist.
Vor der Einbürgerung ist über die Erfordernisse unter
Nr. 2 bis 4 die Gemeinde des Niederlassungsorts und,
sofern diese keinen selbständigen Armenverband bildet, auch
der Armenverband zu hören.
1. Geschichte. Es liegen verschiedene Fafsungsänderungen vor.
Inhaltlich ist Ziffer 1 geändert. Erl. 6.
2. Ansländer. Begriff Einleitung 38. Eine Uebersicht über
das Staatsbürgerrecht der wichtigsten Staaten des Auslands be-
findet sich in dem Anhang.
Das Gesetz verlangt nicht das Erlöschen der fremden St A. Dies
ist aber auf Grund von Staatsverträgen vorgeschrieben für Perser,
Türken und Marokkaner. — Rl. 1873, 351; Rundschreiben
des Reichsamts des Innern vom 11. 7. 1884 (nicht veröffentlicht,
Cahn S. 68) und Rel. 1880, 103. — In Wurttemberg,
Sachsen, Lübeck und Hamburg wird allgemein die Entlassung aus
dem Heimatstaate verlangt. Näheres bei Cahn Erl. 2 zu 8.
3. Niederlassung. Begriff Erläuterung 4 zu 7.
Abweichend von dem bisherigen Recht, das nur den Willen zur
N. erforderte, ist jetzt die vollzogene Niederlassung erforderlich. Der
Grund der Aenderung liegt darin, daß der bisherige Rechtszustand
zu Unzuträglichkeiten geführt hat. Es ist vorgekommen, daß der
Naturalisation die Niederlassung nicht gefolgt ist. Eine Zurürck-
nahme der Naturalisation war aber in solchem Falle nicht möglich.
— Entsch. des preuß. O##G. 13, 408 MBl. 1895, 26; 1896,
36. —
Fast alle anderen Staaten Europas verlangen nicht nur die
Niederlafsung, sondern auch eine bestimmte Dauer. Die Fristen
sind verschieden, von 1 Jahr (Portugal) bis zu 15 Jahren (Belgien).
Die Fristen können unter besonderen Voraussetzungen abgekürzt
werden. In der Rl. war ein Antrag gestellt, für Deutsch-
land eine Frist von 2 Jahren einzuführen, dann aber einen An-
spruch auf Einbürgerung zu geben. Der Antrag ist abgelehnt
worden. KGB. 17—23.
Weck, Reichs= und Staatsangehörigkeitsgesetz. 5