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bei der Einlösung der Schuldscheine erfolgt, die
sich auf lange Zeit verteilt, so entsteht ein beträcht-
licher Gewinn an Zwischenzinsen, der die Mittel
zur Bestreitung der höheren Preise verschafft. Sehr
große Summen lassen sich indessen durch Anleihen
von solcher Einrichtung nicht aufbringen, weil das
Glücksspiel wohl zur Beteiligung reizt, aber nicht
viele Personen für starke Beträge die regelmäßige
Verzinsung entbehren wollen und können. Wo man
sich daher des Anreizes einer Lotterie zur besseren
Unterbringung einer großen Anleihe bedienen
wollte, hat man derselben mehrfach, z. B. in Oster-
reich, die Einrichtung gegeben, daß regelmäßige
Zinsen ausbezahlt werden und nur ein zurück-
behaltener Teil der beabsichtigten Verzinsung zu
einer Lotterie, welche die Tilgung in sich schließt,
verwendet wird. Jede Lotterieanleihe hat den
Zweck, die Neigung der Menschen zum Glücks-
spiel zugunsten des Staats bei Kontrahierung
einer Schuld zu benutzen, und gewöhnlich wird
auch dadurch ein Begebungspreis erreicht, nach
welchem sich die effektive Verzinsung der erhaltenen
Summe erheblich niedriger berechnet, als es zur-
zeit bei einer andern Art der Anleihe der Fall
gewesen wäre. Dagegen kann die fest bestimmte
Tilgung, deren größte Beträge nach dem Ver-
losungsplan meist auf die letzten Jahre gelegt
werden, um möglichst viel an Zwischenzinsen zu
gewinnen, zu schweren Verlegenheiten führen, und
von einer Zinsreduktion kann nach der Natur der
Einrichtung bei den Lotterieanleihen keine Rede
sein. Ob diese Nachteile durch den günstigeren
Begebungspreis aufgewogen werden, hängt von
den Umständen des einzelnen Falles ab. Die
Gründe, welche im allgemeinen vom volkswirt-
schaftlichen und moralischen Standpunkt aus da-
gegen sprechen, daß der Staat Gelegenheit zur
Befriedigung der Sucht, im Glücksspiel zu ge-
winnen, gebe und sie ausnutze, werden auch gegen
die Lotterieanleihen geltend gemacht. Indessen
haben sie doch vor andern Lotterien den Vorzug,
daß der Verlust der vom Glück nicht begünstigten
Teilnehmer nur in einer Einbuße an Zinsen be-
steht, und bei der Einlösung in wachsenden Mi-
nimalbeträgen dienen sie auch ohne Spielglück
zu Ersparnissen aus kleinen Kapitalanlagen, die
vielleicht sonst unterblieben wären. Dies kann sich
freilich nach gestiegenem Kurs für die späteren
Käufer von Prämienscheinen ändern. Die ein-
zelnen Verlosungen geben auch zu mancherlei,
lediglich auf das Spiel in der Lotterie abgesehenen
Geschäften Anlaß, gegen die man wohl gesetzliche
Verbote erlassen hat, die aber schwer ganz zu ver-
hindern sind.
Was das Verfahren bei der Begebung
(Emission) einer Anleihe betrifft, so wird entweder
ein Vertrag mit Banken oder Bankhäusern ab-
geschlossen, wonach diese die Anleihe unter den
vereinbarten Bedingungen übernehmen und dann
nach Belieben die Teilbeträge im einzelnen für
ihre Rechnung weiter verkaufen, oder die Regierung
Staatsschulden.
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unternimmt selbst die Unterbringung im einzelnen
für Rechnung des Staats. Bei der ersten Art
der Begebung hat die Regierung den Vorteil,
jeder weiteren Sorge für die Unterbringung der
Anleihe überhoben zu sein, vorausgesetzt, daß die
Übernehmer genügende Garantie für die Erfüllung
ihrer Verbindlichkeiten bieten. Selbstverständlich
suchen sich diese für ihr Risiko und ihre Mühe-
waltung dadurch bezahlt zu machen, daß sie den
Kurs, zu welchem sie die Anleihensteile weiter ver-
geben, höher stellen als den, zu welchem sie selbst
die Einzahlung zu leisten haben, und manchmal
machen sie dadurch einen hohen Gewinn. Daraus
solgt aber noch nicht, daß der Staat besser daran
getan hätte, einen andern Weg einzuschlagen.
Denn die großen Bankgeschäfte haben durch ihre
ausgedehnten Verbindungen wirksamere Mittel als
der Staat, die Einzelkapitalien zur Beteiligung
an einer Anleihe heranzuziehen, und unter bedenk-
lichen Umständen wirkt schon die Tatsache, daß
ein Bankhaus die Anleihe übernommen hat,
günstig auf die Meinung des Publikums und
damit auf den Kurs, zu welchem es zu kaufen ge-
neigt ist. Statt mit einzelnen Bankgeschäften zu
unterhandeln, wird auch oft das Submissions-
verfahren angewendet, indem man eine Aufforde-
rung zu Anerbietungen für Übernahme der Anleihe
erläßt und das vorteilhafteste Gebot annimmt,
sofern dadurch ein vorher bestimmtes, aber geheim
gehaltenes Minimum erreicht wird. Kann man
auf eine Konkurrenz annehmbarer Gebote rechnen,
so ist dieses Verfahren zweckmäßig, um ein mög-
lichst günstiges Resultat zu erzielen.
Will man eine Anleihe für eigne Rechnung
des Staats im einzelnen unterbringen, so erläßt
die Regierung gewöhnlich eine Bekanntmachung,
worin sie den Betrag, die Bedingungen, den von
ihr festgesetzten Begebungspreis der Anleihe und
die Einzahlungstermine zur öffentlichen Kenntnis
bringt und zur Beteiligung einladet. Man kann
dann weiter so verfahren, daß man die zuerst er-
folgenden Anmeldungen bis zur Erschöpfung des
Anleihebetrags annimmt. Meist aber wird eine
Subskription eröffnet mit dem Vorbehalt, die ge-
zeichneten Summen verhältnismäßig zu reduzieren,
falls die Zeichnungen im ganzen die Höhe der An-
leihe übersteigen, wobei indessen eine Ausnahme
für die geringeren Zeichnungen im Interesse der
kleinen Kapitalisten gemacht zu werden pflegt.
Um die Beteiligung zu befördern, bedient man
sich wohl auch der Mitwirkung von Bankhäusern,
welche als Kommissionäre gegen eine geringe Pro-
vision Zeichnungen und Einzahlungen entgegen-
nehmen. Bei diesem Verfahren ist immer die
Frage zu erwägen, wie hoch man den Begebungs-
preis stellen kann, ohne befürchten zu müssen, zu
wenig Abnahme zu finden. Mißlingt der Versuch,
so ist nachher die Lage der Regierung für den
Abschluß mit Bankgeschäften um so ungünstiger.
Zur Unterbringung einer Anleihe im einzelnen
für Rechnung des Staats läßt sich auch das