Full text: Das Buch von unsern Kolonien.

Herrschaft gewesen waren, durch Ordnung, Betriebsamkeit, Gutmütigkeit und 
Ehrlichkeit vor allen anderen Negern Westafrikas vorteilhaft auszeichneten. 
Im Jahre 1688 starb Friedrich Wilhelm, der Große Kurfürst, ehe 
er noch, wie er beabsichtigte, den Holländern den Krieg erklären konnte, 
und seine Nachfolger waren durch andere Aufgaben gefesselt. Friedrich 
Wilhelm J. war einer der sparsamsten Monarchen, den jeder Groschen 
Geld reute, den er außerhalb des Landes ausgeben sollte. Im Jahre 
1717 verkaufte er für 7200 Dukaten die ganzen Kolonien in Afrika an 
die Holländer und war hochbeglückt, daß er von ihnen noch ein Dutzend 
Neger erhielt, welche als Trommler und Pfeifer bei der langen Garde 
angestellt wurden. Damit war der erste Versuch, den Brandenburg 
gemacht hatte, um Kolonien im Auslande zu begründen, zu Ende ge— 
gangen, und zweihundert Jahre sollte es dauern, bis sich das Deutsche Reich, 
durch den glorreichen Krieg von 1870/71 neu erstanden und geeint, auf 
seine Pflicht in kolonialer Beziehung zu besinnen vermochte, die ihm 
seine Weltstellung und die Entwicklung von Handel und Gewerbe auferlegen. 
Der Dreißigjährige Krieg, der Deutschland in den Abgrund des 
Verderbens stürzte, aus dem es sich jahrhundertelang nicht heraus- 
arbeiten konnte, war schuld, daß sich für die Flotten= und Kolonisations- 
bestrebungen des Großen Kurfürsten in Deutschland so gar kein Interesse 
vorfand. Deutschland war eben zu einem „geographischen Begriff“ hinab- 
gesunken, dasselbe Deutschland, welches die Wiege und das Mutterland 
fast aller europäischen Völker gewesen ist. Von Deutschland hat sich in 
den ersten Jahrhunderten der christlichen Zeitrechnung die Völkerwanderung 
nach Westen, Süden und Osten ergossen. Die deutschen Stämme der 
Angelsachsen, der Franken, der Sueven und der Goten gründeten im 
heutigen England, Frankreich, Spanien, in Italien, auf der Balkan- 
halbinsel, ja sogar in Nordafrika neue Staaten auf den Trümmern des 
Römischen Reiches. Aber es fehlte dem deutschen Volke an Zusammen- 
hang, an Einigkeit, an Selbstbewußtsein. Das Deutsche Reich geriet in 
Abhängigkeit von Rom, es geriet in Abhängigkeit von dem römischen 
Recht, von der römischen Gesetzgebung, die alle deutsche Eigenart 
erstickten. Die Uneinigkeit der Deutschen war auch schuld, daß die vor- 
züglichen Küstenverhältnisse Deutschlands nicht ausgenützt wurden, und 
daß man nicht eine einheitliche Flotte errichtete, ja, daß man sogar den 
Hansabund deutscher Handelsstädte trotz seiner ruhmreichen Vergangenheit 
— als „Staat im Staate“, der gar nicht vorhanden war, — verpönte.
	        
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