Full text: Reichs-Gesetzblatt. 1877. (11)

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Zweiter Titel. 
Gerichtsbarkeit. 
§. 12. 
Die ordentliche streitige Gerichtsbarkeit wird durch Amtsgerichte und Land- 
gerichte, durch Oberlandesgerichte und durch das Reichsgericht ausgeübt. 
§. 13. 
Vor die ordentlichen Gerichte gehören alle bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten 
und Strafsachen, für welche nicht entweder die Zuständigkeit von Verwaltungs- 
behörden oder Verwaltungsgerichten begründet ist oder reichsgesetzlich besondere 
Gerichte bestellt oder zugelassen sind. 
§. 14. 
Als besondere Gerichte werden zugelassen: 
1. die auf Staatsverträgen beruhenden Rheinschifffahrts= und Elbzollgerichte; 
2. Gerichte, welchen die Entscheidung von bürgerlichen Rechtsstreitig- 
keiten bei der Ablösung von Gerechtigkeiten oder Reallasten, bei 
Separationen, Konsolidationen, Verkoppelungen, gutsherrlich-bäuerlichen 
Auseinandersetzungen und dergleichen obliegt; 
3. Gemeindegerichte, insoweit denselben die Entscheidung über vermögens- 
rechtliche Ansprüche obliegt, deren Gegenstand in Geld oder Geldeswerth 
die Summe von sechzig Mark nicht übersteigt, jedoch mit der Maß- 
gabe, daß gegen die Entscheidung der Gemeindegerichte innerhalb einer 
gesetzlich zu bestimmenden Frist sowohl dem Kläger wie dem Beklagten 
die Berufung auf den ordentlichen Rechtsweg zusteht, und daß der 
Gerichtsbarkeit des Gemeindegerichts, als Kläger oder Beklagter, nur 
Personen unterworfen werden dürfen, welche in der Gemeinde den 
Wohnsitz, eine Niederlassung oder im Sinne der §§. 18, 21 der Zivil- 
prozeßordnung den Aufenthalt haben; 
4. Gewerbegerichte. 
§. 15. 
Die Gerichte sind Staatsgerichte. 
Die Privatgerichtsbarkeit ist aufgehoben; an ihre Stelle tritt die Gerichts- 
barkeit desjenigen Bundesstaates, in welchem sie ausgeübt wurde. Präsentationen 
für Anstellungen bei den Gerichten finden nicht statt. 
Die Ausübung einer geistlichen Gerichtsbarkeit in weltlichen Angelegen- 
heiten ist ohne bürgerliche Wirkung. Dies gilt insbesondere bei Ehe= und Ver- 
löbnißsachen. §. 16. 
Ausnahmegerichte sind unstatthaft. Niemand darf seinem gesetzlichen Richter 
entzogen werden. Die gesetzlichen Bestimmungen über Kriegsgerichte und Stand- 
rechte werden hiervon nicht berührt. 
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