666 Straßen- und Baufluchtliniengesetz
Recht, die durch die festgesetzten Straßen= setzungsverfahrens an sich schon als geplante
fluchtlinien für Straßen und Plätze Straßen gekennzeichneten Wege (Pr VBl. 10,
bestimmten Grundflächen den 525), ferner Wege, die ohne Mitwirkung der
Eigentümern zu entziehen (§ 11|Gemeinde durch Privatunternehmer in der Ab-
Satz 2 des G.). — Die Enteignungsbehörden sicht der Anlegung neuer, für den Anbau und den
(sl. Enteignungsverfahren) müssen Verkehr bestimmter Straßen hergestellt sind,
demnach den Anträgen der Gemeinden auf ebenso Wege, deren Umwandlung in städtische
Enteignung des künftigen Stra= Straßen — auch ohne Festsetzung von Flucht-
ßen-- und Platzgeländes ohne weite- # linien —. sich auf dem Wege tatsächlicher Bebau-
res stattgeben. Zur Durchführung der Enteig= ung von selbst vollzieht, nicht aber Privat-
nung bedarf es bei den nach den Vorschriften des straßen im engeren und eigentlichen Sinne
Gesetzes zustande gekommenen Fluchtlinien keines (s. o.; OV G. 36, 412; Pr VBl. 25, 850; 26, 219).
Allerhöchsten Erlasses mehr; dies gilt aber nicht Ein ortsstatutarisches, sämtliche Wege in der
für Fluchtlinienfestsetzungen, welche vor Erlaß Feldmark schlechthin umfassendes Bauverbot ist
des Gesetzes erfolgt sind, während diese in bezug rechtsungültig (O G. 3, 315; 5, 390; 10, 313;
auf die im ersten Satze des § 11 vorgesehene Wir-0, 371; Pr VBl. 18, 137).
kung den aufs Grund des Gesetzes vorgenommenen; 2. Das ortsstatutarische Bauverbot findet auf
Festsetzungen gleichstehen (OVG. 8, 303; 26, sog. historische Straßen (gl. die Ab-
319). Macht eine Gemeinde von ihrem Ent-/handlung von Jebens im Pr Bl. 22, 609 ff.)
eignungsrechte Gebrauch, so muß sie das Ge= keine Anwendung. Historische Straßen sind solche
lände bis zur Straßenfluchtlinie Straßenzüge, die bereits beim Inkrafttreten des
erwerben. Weniger durch Enteignung zu Ortsstatuts tatsächlich dem Verkehr innerhalb
erwerben, ist unzulässig (vgl. Friedrichs a. a. O. der Ortschaft, im Ortsbering, sowie dem Anbau
S. 101). gedient haben und schon damals den übrigen
III. Berechtigung der Gemein= vorhandenen Ortsstraßen — hauptsächlich be-
den, den Anbau an unfertigen ziglich der Beschaffenheit des Straßenkörpers —
Straßen zu verbieten; sog. orts- als ebenbürtige Glieder des Ortsstraßennetzes
statutarisches Bauverbotéss 12des G.). gleichgestellt werden konnten (O#. 9, 318;
Durch Ortsstatut kann angeordnet werden, 18, 3832; Pr VWBl. 22, 560). Wege, die nur den
daß an Straßen und Straßenteilen, welche noch Verkehr von Ort zu Ort oder zwischen dem
nicht gemäß den baupolizeilichen Bestimmungen Ortsinnern, Ortsbering und einzelnen, ent-
des Ortes für den öffentlichen Verkehr und den fernter gelegenen Ortsteilen vermitteln, sog.
Anbau fertiggestellt sind, Wohngebände, die Verbindungs-, Kommunikations-
nach diesen Straßen einen Ausgang haben, nicht wege,, sind keine historischen Straßen (O#G.
errichtet werden dürfen. Das Ortsstatut bedarf 24, 81; Pr VBl. 14, 367). — Eine historische
der Genehmigung des BezA., in Berlin des Straße wird dadurch, daß für sie neue Flucht-
Md J. Gegen den Beschluß des BezV. ist inner= linien festgesetzt werden, oder daß ihre kommu-
halb zwei Wochen Beschwerde beim Provinzialrat nale Zugehörigkeit sich ändert, nicht wieder zu
zulässig. Nach erfolgter Bestätigung ist das einer projektierten Straße (O VG. 34 S. 399, 426;
Statut in ortsüblicher Weise bekanntzumachen. 41, 145; Pr VBl. 10, 21).
— Das ortsstatutarische Bauverbot gibt den Ge-3. Das ortsstatutarische Bauverbot kann auch
meinden das Mittel an die Hand, sich dagegen auf Straßenteile Anwendung finden.
zu sichern, daß sie durch uneingeschränkten Anbau'Als Straßenteile im Sinne des § 12 des G.
in der Feldmark (sog. wildes Bauen) gezwungen sind solche Straßenstrecken zu verstehen, die sich
werden, Straßen anzulegen, da wo sie den An- äußerlich oder nach ihrer geschichtlichen Ent-
bau überhaupt oder wenigstens zurzeit mit den wicklung als besondere Abschnitte einer Straße
Gemeindeinteressen nicht für vereinbar halten darstellen.
(OVG. 40, 388; Pr VBl. 22, 560). Den Guts= 4. Das Bauverbot kann nur auf die Errichtung
bezirken — auf die das Gesetz keine Anwendung von Wohngebäuden an unfertigen Stra-
findet (ugl. oben unter I, 2) — bieten ev. die Vor-|Pen, welche nach diesen einen Ausgang haben,
schriften der Ansiedelungsgesetze eine Handhabe angewendet werden: a) Die Gebäude müssen
zur Verhinderung regellosen Bauens (Erl. des tatsächlich zu Wohn zwecken bestimmt sein.
Mdöl. vom 3. Mai 1910 — MhBl. 154). — Das Es reicht nicht aus, daß sie — wie Schulen,
Ortsstatut wird erst rechtswirksam, so-Fabrikgebäude — zum dauernden Aufenthalt
bald baupolizeiliche Bestimmun. von Menschen dienen sollen (O# G. 8, 316); es
gen (OB. 8, 341) darüber erlassen sind, genügt aber, wenn auch nur ein Raum zum
unter welshen Umständen eine Wohnen bestimmt ist (OVG. 9, 472; Pr BBl.
Straße als für den öffentlichen 119, 74). Der Errichtung eines Wohnhauses
Verkehr und den Anbau fertig- kommt die Umwandlung eines bislang
gestellt, als sog. regulierte Straße zu anderen Zwecken bestimmten Hauses in ein
an zusehen ist. — Im einzelnen gelten für Wohnhaus gleich (Pr BBl. 6, 84), ebenso die
die Anwendung des ortsstatutarischen Bauver-Erweiterung eines Wohngebäudes (O#. 32,
botes Jolgende Grundsätze: 363; Friedrichs a. a. O. S. 127).
1. Das Bauverbot darf nur auf projek 5) Die Wohngebäude müssen ander Straße
tierte Straßen,, d. h. auf solche Straßen errichtet werden, d. h. das Baugrundstück
angewendet werden, deren Anlegung in Aus= muß die Straße berühren. Eckgrundstücke mit
sicht genommen, aber noch nicht vollendet ist. Fronten nach beiden Straßen liegen an jeder
Hierunter fallen alle durch Festsetzung von Flucht= dieser Straßen (Pr VBl. 22, 360).
linien oder Betreiben des Flruchtlinienfest- c) Die Wohngebäude müssen einen Aus-