44 II. Abschnitt. Staatsangehörigkeit in einem Bundesstaate. 8 7.
nahme angenommen, so würde ein ehemaliger Deutscher, der seiner Reichs-
angehörigkeit verlustig gegangen ist, diese aber nach § 38 Ziff. 2 auch ohne
Niederlassung in Deutschland wiedererlangen kann, günstiger gestellt sein als
ein Deutscher, der ohne Niederlassung in einem anderen Bundesstaate An-
gehöriger werden möchte. Gerade darin unterscheiden sich aber die in dem
§7d. G. für die Aufnahme vorgesehenen Voraussetzungen von den Bedingungen,
deren Erfüllung nach § 8 d. G. der Einbürgerung vorausgehen muß; in §7 d. G.
ist nämlich das Plus der Bedingungen gegeben, welche die höhere Verwaltungs-
behörde von dem Aufzunehmenden zu fordern berechtigt ist, im § 8 d. G. da-
gegen nur das Minimum der Bedingungen, von welchen die Einbürgerung ab-
hängig gemacht wird. Während es sonach jedem Bundesstaate freisteht, an die
im §8 d. G. enthaltenen Bedingungen noch andere schwerere zu knüpfen, was
auch von einigen Bundesstaaten geschieht, können die Bedingungen des § 7 d. G.
von keinem Bundesstaate erschwert, wohl aber erleichtert werden. Die
höhere Verwaltungsbehörde eines Bundesstaates kann also ebensowohl Deutsche
aufnehmen, welche Aufenthaltsbeschränkungen unterliegen, als auch solche,
welche ihre Niederlassung noch nicht bewirkt haben.
Unter „Niederlassung“ ist im Hinblick auf den § 1 Ziff. 1 des Freizügigkeits-
gesetzes vom 1. Nov. 1867 (Anhang, Anl. Nr. 2) nichts anderes zu verstehen, als der
Besitz einer eigenen Wohnung oder eines Unterkommens in der betreffenden
Gemeinde in Verbindung mit der erklärten Absicht, seinen Aufenthalt daselbst
zu nehmen (vgl. Sten Ber. des Deutschen Reichstages 1870 Bd. 1 S. 260, Entsch.
d. Preuß. OVG. Bd. 22 S. 394; 30 S. 403; 54 S. 185; über den Begriff
„Niederlassung“ vgl. auch BGB. 8 7).
Die Tatsache, sich eine Wohnung oder ein Unterkommen verschafft zu haben,
bildet die Voraussetzung des Aufenthaltsrechts und folgeweise auch der Aufnahme.
„Die Polizeibehörde ist jedoch“, wie ein Erlaß des preuß. Min. d. J. vom
31. Aug. 1868 (Mil. S. 266) verfügt, „weder verpflichtet noch befugt, die Art
und Weise des Unterkommens zu prüfen und darüber zu befinden, ob
dasselbe ein reelles und für den Unterhalt des Betreffenden ausreichendes sei.
Bielmehr kommt es lediglich darauf an, ob der Anziehende neben der Erwerbs-
fähigkeit eine Wohnung oder ein Unterkommen besitzt. Der Umstand, daß in
dem Freizügigkeitsgesetze neben dem Worte „Wohnung“ auch der Ausdruck
„Unterkommen“ gebraucht ist, läßt sich also nicht dahin auslegen, daß unter
letzterem ein besonders nachzuweisendes Erwerbsverhältnis gemeint ist, viel-
mehr hat dadurch nur der Mißdeutung des Wortes „Wohnung“ entgegen-
getreten und ausgesprochen werden sollen, daß schon ein Unterkommen, bei-
spielsweise eine Schlafstelle, welche als eigene Wohnung nicht angesehen werden
könnte, genügen soll, um den Anziehenden gegen Ausweisung zu schützen.
Solange daher der Anziehende durch sein Verhalten keinen Anlaß gibt, gegen
ihn einzuschreiten, ist die Polizeibehörde nicht befugt, ihn zum Nachweise seiner
Subsistenzmittel oder seines reellen Erwerbs zu nötigen, und noch weniger,
ihn wegen Mangels dieses Nachweises von dem gewählten Aufenthaltsort
auszuschließen.“
In ähnlicher Weise ist der Ausdruck „Unterkommen“ in Ziff. 8 der bayeri-
§ 7.