Full text: Zentralblatt für das Deutsche Reich. Sechsundvierzigster Jahrgang. 1918. (46)

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daß die Bevorrechtigung der Künstlerverbände wegfällt, sobald sie neben Werken ihrer Mitglieder in 
gewerbsmäßiger Weise, also nicht nur gelegentlich, auch Werke von Nichtmitgliedern verkaufen. 
8 10. 
(Zu §#8 Nr. 4 des Gesetzes.) 
(1) Der Begriff der Antiquität setzt voraus, daß der Gegenstand nicht in der Gegenwart oder 
der jüngsten Vergangenheit hergestellt ist, und daß er neben seinem Material= oder Gebrauchswert 
einen Sammelwert hat. Ein weit zurückliegendes Alter ist nicht erforderlich, insbesondere gehören 
auch Gegenstände aus der Biedermaierzeit zu den Antiquitäten. In neuerer Zeit angebrachte 
Ergänzungen und Reparaturen ändern nichts an dem Charakter eines Gegenstandes als Anti- 
quität. Der besondere Sammelwert scheidet die als Antiquitäten anzusehenden Gegenstände 
von solchen, die lediglich dem Trödelhandel unterliegen. Sind sich bei einem Gegenstande, der 
objektiv als Antiquität anzusehen ist, Beräußerer wie Erwerber des besonderen Sammel- 
werts des Gegenstandes nicht bewußt und prägt sich diese Unkenntnis im Preise aus, so 
kann eine nach § 8 Nr. 4 des Gesetzes erhöht steuerpflichtige Lieferung nicht angenommen 
werden. 
(2) Dem Gegenstande nach umfaßt der Begriff der Antiquität Gebrauchs= wie Ausschmückungs- 
gegenstände aller Art. Es kommt auch nicht darauf an, ob der Gegenstand zum praktischen 
Gebrauch oder lediglich zur Ausschmückung erworben wird. Jusbesondere kommen in Betracht 
Möbel, Hausgeräte (einschließlich von Wagen, Schlitten, Krippen), Handwerkszeug und Gewerbe- 
abzeichen, kirchliche Gerätschaften, Keramiken aller Art (Porzellan, Fayence, Majolika, Terra- 
kotta, Steingut, Steinzeug, Hafnergeschirr), Gläser, Gegenstände aus Schmiedeeisen, Gußeisen 
(z. B. Ofenplatten), Messing, Kupfer, Zinn, Bronze, Schmelzwerk, Emaille und Elfenbein, 
Bucheinbände, Lederarbeiten, Holzschnitzereien, Lackarbeiten, Textilien (Spitzen, Borten, 
Stickereien, Kostüme, Stoffe, liturgische Gewänder, Teppiche, Gobelins, Wandbespannungen 
und ähnliches). 
(6) Auch alte Drucke gehören zu den Antiquitäten. Ein höheres Alter des Druckes ist nicht 
erforderlich. Erstausgaben der Klassiker, der Romantiker, selbst noch lebender Schriftsteller, 
wenn sie ihres Sammelwerts wegen höher bezahlt werden, als es ihrem ursprünglichen Preise 
und der Güte ihrer Ausstattung entspricht, sind als alte Drucke oder jedenfalls als Sammel- 
hegenstände im Sinne des § 8 Nr. 4 des Gesetzes erhöht steuerpflichtig. 
(() Als sonstige Sammelgegenstände im Sinne des §# 8 Nr. 4 des Gesetzes sind z. B. Münzen, 
Medaillen, Plaketten, Briefmarken, Siegel, Siegelstempel, Wappen, Autogramme, Erinne- 
rungen an geschichtliche oder sonstige hervorragende Persönlichkeiten, Waffen, Trachten, ethno- 
graphische Gegenstände anzusehen. Die Befreiung von der erhöhten Steuer bei Sammelgegen- 
ständen, weil sie vorwiegend zu wissenschaftlichen Zwecken gesammelt zu werden pflegen, tritt nur 
ein, wenn nach der objektiven Beschaffenheit der Gegenstände die wissenschaftliche Verwendung 
die Regel bildet; es genügt also nicht die etwa im einzelnen Falle vorhandene Absicht wissenschaft- 
licher Berwendung, diese kann vielmehr lediglich zu einem Erstattungsantrage nach § 28 Abs. 2 des 
Gesetzes Anlaß geben. Da z. B. Münzen und Briefmarken überwiegend von Privatpersonen aus 
Liebhaberei gesammelt werden, unterliegen sie grundsätzlich der erhöhten Steuer. Das gleiche gilt 
von Sammlungen von Gehörnen, Fellen und ähnlichem. Dagegen liegt Sammlungen naturwissen- 
schaftlicher Art, wie z. B. Gestein-, Mineralien-, Schmetterlings= und Käfersammlungen sowie 
Herbarien in der Necht ein wissenschaftlicher Zweck zu Grunde: derartige Gegenstände sind daher 
grundsätzlich von der erhöhten Steuer befreit. 
(5) Erzeugnisse des Buchdrucks, dic nicht zu den alten Drucken zählen, unterliegen der erhöhten 
Steuer dann, wenn der Druck auf besonderem Papier erfolgt ist und das Erzeugnis in beschränkter 
Auflage erscheint; beide Voraussetzungen müssen zusammentreffen. Besonderes Papier ist 
solches, dessen Wert über das üblicherweise bei Büchern der betreffenden Art verwendete erheb- 
lich hinausgeht (z. B. Büttenpapier, China- und Japanpapier). Eine beschränkte Auflage liegt 
vor, wenn die Zahl der gedruckten Exemplare erheblich hinter der bei Büchern der betreffenden 
Art üblichen Zahl zurückbleibt; dabei steht der Annahme einer beschränkten Auflage im Sinne 
dieser Bestimmung nicht entgegen, wenn gleichzeitig Exemplare in einer der Üblichkeit ent- 
sprechenden Anzahl auf weniger gutem Papier ausgegeben werden. 
Antignitäten 
und Sammel= 
gegenstände.
	        
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