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Antrages, wenn der Antrag auf nicht anzurechnender Unkenntniß der Verhältnisse
oder auf Unwissenheit beruht, Gebührenfreiheit zu gewähren.
g. 8.
Von der Zahlung der Gerichtsgebühren sind befreit:
1) der Fiskus des Deutschen Reichs und des Preußischen Staates, sowie
alle öffentlichen Anstalten und Kassen, welche für Rechnung des Reichs
oder Staates verwaltet werden oder diesen gleichgestellt sind;
2) alle öffentlichen Armen-, Kranken-, Arbeits= und Besserungsanstalten
und Waisenhäuser; ferner milde Stiftungen / insofern solche nicht einzelne
Familien oder bestimmte Personen betreffen oder in bloßen Studien-
Stipendien bestehen, sowie endlich die Gemeinden in Armenangelegenheiten;
3) alle öffentlichen Volksschulen;
4) alle öffentlichen gelehrten Anstalten und Schulen, Kirchen, Pfarreien,
Kaplaneien, Vikarien und Küstereien, jedoch nur insoweit, als nach dem
Zeugnisse der zuständigen Staatsbehörde die Einnahmen derselben die
etatsmäßige Ausgabe einschließlich der Besoldung oder des statt dieser
überlassenen Nießbrauchs nicht übersteigen; insoweit jedoch eine An-
gelegenheit zugleich solche Ansprüche betrifft, welche lediglich das zeitige
Interesse der für ihre Person zur Nutzung des betreffenden Vermögens
Berechtigten berühren, haben letztere die auf ihren Theil verhältnißmäßig
fallenden Kosten zu tragen;
5) Militärpersonen rücksichtlich der von ihnen bei der Mobilmachung er-
richteten einseitigen und wechselseitigen letztwilligen Verfügungen, sowie
der Zurücknahme derselben. Die Eröffnung dieser Verfügungen erfolgt
gebührenfrei auch sind Anträge auf Todeserklärung der im Kriege
vermißten Militärpersonen gebührenfrei zu bearbeiten;
Privatunternehmungen, welche nicht auf einen besonderen Geldgewinn
der Unternehmer gerichtet sind, sondern einen gemeinnützigen, nicht
auf einzelne Familien oder Korporationen beschränkten Zweck haben,
sofern denselben durch besondere gesetzliche Bestimmung Gebührenfreiheit
bewilligt ist. Die bisher solchen Unternehmungen, z. B. Pensions-
und Versicherungsanstalten, Bürger-Rettungsinstituten, gemeinnüzigen
Aktienbaugesellschaften u. s. w. bereits bewilligten Befreiungen bleiben
in Kraft. Wenn in einzelnen Fällen die Befreiung zweifelhaft ist, so
ist darüber gemeinschaftlich von den Ministern der Finanzen und der
Justiz zu entscheiden.
Die einem Betheiligten bewilligte Befreiung soll in keinem Falle einem
anderen Betheiligten zum Nachtheile gereichen.
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S. 9.
Die Gebührenfreiheit entbindet nicht von der Zahlung der baaren Aus-
lagen. Bei den besonderen Anordnungen über die Kostenfreiheit bei der ersten
Anlegung der Grundbücher behält es sein Bewenden.
(r. 9751)