Full text: Deutsches Kolonialblatt. XII. Jahrgang, 1901. (12)

staude wieder. Dr. de Macedo, einer der gründ- 
lichsten Kenner der Agrikultur Brasiliens, hat auf 
diese Varietät, welche in Brasilien vielfach gebaut 
wird, wiederholt aufmerksam gemacht. 
Die Anzucht und Kultur des Maniok erfolgt 
auf vegetativem Wege, durch Stecklinge, wie ich dies 
in meinem Buche „Kulturgewächse der deutschen- 
Kolonlen“, S. 76, näher erörtert habe. Es ist wohl 
in Anbetracht des sehr krästigen Wachsthums der 
Pflanze als selbstverständlich anzusehen, daß man bei 
ausgedehnten Kulturen für eine ausreichende Düngung 
Sorge tragen muß. 
Da wir aber wissen, daß die Stärke nur in den 
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grünen Blättern unter dem Einfluß des Tageslichtes 
gebildet wird und von dort aus erst während der 
Nacht, wo die Stärkeentwickelung in den Blättern 
Gruht, in die Wurzeln wandert (wo sie definitiv auf- 
gespeichert wird), so ist es von der größten Wichtig- 
Mehles verwendet. 
keit, die Blattentwickelung in jeder Beziehung zu 
begünstigen, wie dies übrigens bei rationellen Kulturen 
stets der Fall sein wird. 
Daher ist es nicht richtig, von den lebenden 
Maniokpflanzen einer Plantage die grünen, für die 
weicht werden und sich alsdann leichter loslösen 
lassen; aber dies erreicht man besser und schneller, 
wenn man die reifen Wurzeln etwa zwei Tage in 
Wasser legt. 
Wenn die Wurzeln den höchsten Gcehalt an 
Stärke erreicht haben, d. h. reif geworden sind, füllen 
die Stärkekörner die dünnwandigen Zellen der Wurzeln 
fast vollständig an und fehlen nur an den beiden 
mehr oder weniger holzigen Enden, welche daher 
von dem stärkehaltigen Theile der Wurzel abgetrennt 
werden. 
Das Abnehmen dieser Enden gehört nebst dem 
Schälen der Wurzeln zu den ersten Manipulationen, 
um das stärkehaltige Nahrungsmittel zu erhalten. 
Mitunter dienen den Eingeborenen alsdann die in 
dünne Scheiben geschnittenen und gerösteten oder ge- 
backenen Wurzeln ganz direkt als Nahrung. Meistens 
aber werden die Wurzeln für die Bereitung eines 
Sie werden zu diesem Zwecke, 
nachdem sie gehörig gewaschen sind, zerrieben und 
darauf meist noch ausgesiebt, um die Fasern möglichst 
Stärkebildung thätigen Blätter in solchem Maße zu 
entfernen, wie es leider nicht selten geschieht. Man 
sollte vielmehr die Blätter, welche grün und frisch 
sind, an den Pflanzen belassen, da — wie oben dar- 
gethan wurde — ein jedes solches Blatt eine Fabrik 
für Stärlebildung darstellt. 
Dagegen darf man die Entwickelung der Blüthe 
bis zur Bildung der Frucht nicht vollenden lassen, 
da sonst die in den Blättern gebildete Stärke zunächst 
für die Entwickelung der Frucht verwendet werden 
würde und also nicht in ausgiebigem Maße den 
Wurzeln zugeführt werden kann. Man nimmt daher 
am besten die Blüthenstände ab, wenn die Blüthen 
im Aufblühen begriffen sind. 
Was nun die günstigste Zeit für die Ernte der 
Wurzeln anbetrifft, so leuchtet es nach dem oben 
Gesagten ein, daß dieselbe nicht erfolgen darf, so 
lange die Blätter noch durchweg frisch und grün sind, 
andererseits aber nicht aufgeschoben werden kann, bis 
alle Blätter vertrocknet sind. Die Wurzeln müssen 
geerntet werden, wenn die Stärkezufuhr nachgelassen 
hat, also kurz vor dem Beginn des Welkwerdens der 
Blätter, einem Zeitpunkt, der jedem aufmerksamen 
Pflanzer sehr bald bekannt sein wird. 
Aus dem Obigen geht ebenfalls hervor, daß der 
Stärkegehalt einer Wurzel nach dem Welken bezw. 
Abschneiden der Blätter nicht mehr zunehmen kann; 
es ist daher durch Nichts zu rechtfertigen, daß die 
Wurzeln nach der Entfernung des Laubes noch län- 
gere Zeit in der Erde gelassen werden, in China 
z. B. sogar noch sechs bis acht Monate, und man 
muß vor der Nachahmung eines solchen Verfahreus 
auf das Entschiedenste warnen. 
Allerdings sollen dadurch, daß die Wurzeln nach 
der Reife noch längere Zeit in der Erde belassen 
werden, die harten und zähen Schalen derselben er- 
zurückzuhalten. Die hierdurch erhaltene, mehr oder 
weniger feinkörnige Masse wird dann über einem 
gleichmäßigen, nicht zu starken Feuer langsam ge- 
trocknet, bis sie eine rein weiße Farbe erhalten hat, 
schließlich wird dieselbe in der Regel noch fein ge- 
pulvert. 
Auf diese oder ähnliche Weise erhalten die Ein- 
geborenen ein Mehl, aus welchem sie Backwaaren 2c. 
bereiten. Auch zur Herstellung alkoholischer Getränke 
benutzen die Eingeborenen die Maniokstärke. 
Aber die von den Eingeborenen mit mehr oder 
weniger Sorgsalt bereiteten Maniokprodukte gelangen 
nicht in den Handel; einen Handelsartikel bil- 
det nur die — fast fabrikmäßig — hergestellte 
Tapioka, welche aus reiner Maniokstärke be- 
steht, deren einzelne Körner zum Theil etwas 
verkleistert und zusammengebacken sind. Die 
Tapioka gelangt in mehreren Formen in den Han- 
del, nämlich als Flockentapioka oder Brockel- 
tapioka, Perltapioka, Graupentapioka und 
Tapiokamehl. 
Ueber die Bereitung der Tapioka findet man 
in den meisten Lehrbüchern über botanische Waaren- 
kunde ausreichende Darstellungen; man vergleiche auch 
in „Semlers tropischer Agrikultur“ den Abschnitt 
über Maniok. 
In der neuesten Zeit ist übrigens die Tapioka-- 
ein fuhr zurückgegangen, während die Einfuhr von 
Sago zunimmt. Es ist schwer zu sagen, worauf 
dieser Rückgang beruht. Derselbe scheint mir aber 
darauf hinzuweisen, daß jetzt kein besonders günstiger 
Zeitpunkt ist für die Einrichtung umfangreicher 
Maniokplantagen in Kamerun, Togo, Guinca 2c., 
das heißt in den Kolonien, welche sonst die für das 
Gedeihen des bitteren Maniok erforderliche Luft- 
feuchtigkeit besitzen. Dagegen könnte man Versuchs- 
kulturen mit der oben besprochenen Manipébastande, 
einer Varietät des bitteren Manioks, in Ostafrika 
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