Full text: Deutsches Kolonialblatt. XIX. Jahrgang, 1908. (19)

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den in Msalabani wirkenden fünf Missions- 
schwestern ist wenigstens eine snurse-, d. h. be- 
rufsmäßige Krankenpflegerin; in Korogwe und 
Massassi auch je eine. 
Die Mission betrachtet wie die meisten eng- 
lischen Missionsgesellschaften die „ärztliche Mission“ 
schon lange als ständigen Zweig ihrer Tätigkeit. 
Zwar steht ihr keine besondere Ausbildungsanstalt 
zur Verfügung. Ihr Medical Board, dem in 
erster Linie die Fürsorge für die Gesundheit der 
Missionsarbeiter obliegt, sucht die Missionsärzte 
aus der Reihe der heimischen Mediziner und die 
„nurses: aus den Krankenhäusern Englands zu 
gewinnen. 
In den unter englischer Hoheit stehenden 
Gebieten Ostafrikas (Sansibar und User des 
Nyassasees) hat die Missionsgesellschaft die 
Krankenpflege noch stärker ausgebildet als in 
Deutsch-Ostafrika. Für Sansibar errichtete sie 
ein stattliches, steinernes Krankenhaus, am Nyassa- 
see sorgt sie auch für die Blinden. Dort ist der 
Bischof, zu dessen Diözese die Missionsstationen 
im deutschen Gebiet gehören, sichtlich darauf be- 
dacht, die Krankenpflege zu heben. Schon Ende 
des vorigen Jahrhunderts wirkte in Msalabani 
ein Missionsarzt Dr. Ley. Er starb 1895. Seine 
Stelle wurde erst im Jahr 1904 durch einen 
Arzt wieder besetzt, der aber schon 1905 nach 
England zurückkehrte. Zum Ersatz kam Anfang 
1906 der jetige Missionsarzt. Korogwe und 
Massassi wurden 1904 erstmalig mit Kranken- 
pflegerinnen besetzt. In Msalabani wird ein 
Krankenhaus unterhalten, dabei Poliklinik mit 
Apotheke (dispensary). Solche dispensaries haben 
auch die Krankenpflegerinnen in Korogwe und 
Massassi. Der Arzt sucht auch die Schwer- 
kranken auf den Nebenstationen von Msalabani 
auf. Über den Umfang der in Msalabani ge- 
Übten Krankenpflege liegen keine fortlaufenden 
Berichte vor. Der dortige Arzt berichtete im 
„Central Africa“ Oktober 1906 über das erste 
Vierteljahr seiner dortigen Tätigkeit: 
„Vom April bis Juni d. J. wurden 646 
Patienten in der Klinik behandelt (428 männ- 
liche, 218 weibliche); 100 davon litten an 
Geschwüren, 73 an Malaria, 72 waren lungen- 
krank. Im Hospital wurden 15 Kranke ge- 
pflegt. Ferner kamen in diesem Vierteljahr 
58 Schüler und Arbeitsjungen in die Kranken- 
stube, die an Malaria litten. Im Juni trat 
die Influenza epidemisch auf. Der Missions- 
arzt und seine Gehilfinnen konnten auch wieder- 
holt kranken Europäern, die nicht zur Mission 
gehörten, nützlich sein.“ 
Daß die oben erwähnten 646 Patienten im 
ersten Vierteljahr ungefähr den Durchschnitt dar- 
  
r 
stellen, ergibt sich aus einer Bemerkung des 
Jahresberichts für 1906, wonach vom April bis 
Dezember 1906 in der Klinik 1815 Fälle ärzt- 
lich behandelt wurden. 
Wie sich die Tätigkeit der Schwestern auf 
den Stationen ohne Arzt gestaltet, zeigt der Be- 
richt einer nicht namhaft gemachten Schwester in 
der populären Zeitschrift der Universitätenmission 
„African Tidings“ von 1905. Da heißt es 
unter anderem: 
„In den letzten Wochen strömten die Leute 
alle Tage herbei, um Medizin gegen die Masern 
zu erbitten. In den umliegenden Dörfern 
waren viele Kinder krank. Wenn man hin- 
geht, findet man ein Häuschen kleiner Patienten, 
die an der Sonne sitzen und einen jämmer- 
lichen Anblick bieten. In der Regel geht es 
ihnen aber nach einigen Tagen besser. Bei 
Erwachsenen tritt die Krankheit schwerer auf. 
Es gab einige Todesfälle. Das Volk ist so 
unverständig, Zzu meinen, die Masernkranken 
dürften nicht schlafen, sonst würden sie blind. 
Infolgedessen stoßen die Mütter ihre kranken 
Kinder fortwährend, um fsie wach zu erhalten.“ 
Beachtung verdient ein im „Central Africa“ 
Oktober 1903 veröffentlichter Aufruf des Bischofs 
von Sansibar, der von Haus aus Mediziner 
war. Er schrieb, um einen Missionsarzt für 
Deutsch-Ostafrika zu gewinnen: 
„Eine längere Visitationsreise im Archi- 
diakonat Magila hat mir gezeigt, welch 
schönes Arbeitsfeld ein Arzt hier hätte. Wo- 
hin ich auch komme, nach Msalabani, Korogwe 
oder sonstwo im Innern, überall werde ich 
von Leuten aufgesucht, die ärztliche oder 
chirurgische Hilfe beanspruchen; oft handelt es 
sich um Fälle von großem wissenschaftlichen 
Interesse. In Korogwe mußte ich vorige 
Woche eine ganze Reihe von Operationen 
vornehmen. Es gab noch mehrere, die eine 
längere sorgfältige Behandlung erfordert 
hätten, von denen ich aber wegen Zeitmangels 
absehen mußte. Ein Arzt, der jetzt im Distrikt 
wohnte, hätte ein viel größeres Wirkungsfeld 
als der 1895 gestorbene. Mit Hilfe der uns 
zur Verfügung stehenden Krankenpflegerinnen 
könnte ein geeigneter Mann auch die schwersten 
Fälle behandeln. In der Likoma-Diözese hatte 
ich früher die wertvolle Hilfe des dortigen 
Arztes. Seine Arbeit wächst zusehends, da 
das Volk an den Ufern des Nyassasees seine 
Hilse zu schätzen weiß. Wir brauchen einen 
zweiten Arzt für Magila. Er würde vollauf 
zu tun finden, viele interessante wissenschaft- 
liche Beobachtungen machen können und der 
Mission wertvolle Dienste leisten. Ein solcher
	        
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