G 226 20
Grunde nicht nach Wunsch reüssiert, aus dem auch
gewisse kleine Siedlungen in Deutsch-Ostafrika in
einer gewissen Gefahr sind. Das liegt daran,
daß der Europäer in den Tropen ohne erhebliche
Geldwirtschaft nicht auskommt. Er muß für seine
Kleider, Schuhe, für Bücher, Medizin usw., für
Kinder bares Geld in der Hand haben, weil er
das in seiner neuen Heimat nicht produzieren
kann, nicht beschaffen kann; er muß schon expor-
tieren. Ein exportierender Bauer hat es schwer,
wenn er nicht eine Kultur entdeckt, die man ander-
wärts nicht herstellen kann.
Nun sage ich: Deutsch-Ostafrika ist merkantil
viel besser entwickelt als Britisch-Ostafrika. Wenn
wir die Bahnen früher gebaut hätten, würden
wir die Engländer um verschiedene Pferdelängen
schlagen. Jetzt kommt der britische Unterstaats-
sekretär und sagt: Macht das wie die Deutschen
in Usambara, baut Plantagen, gebt es auf mit
eurer Kleinwirtschaft! Was daraus wird, will ich
nicht sagen; aber hier haben Sie die Konkurrenz.
Deswegen meine ich: wir müssen unsere Kräfte
nach allen Richtungen hin zu konzentrieren
suchen. Wir können es aber nicht tun auf dem
Wege der Gewalt und des Zwanges, weil wir
die Mittel nicht haben; nicht auf dem Wege der
Bedrückung durch Steuern und Lasten, weil uns
die Leute sonst unfehlbar in das benachbarte Ge-
biet ausweichen. Wer z. B. die Zustände an
der russischen Grenze kennt, der weiß, daß jeder
herauskommen kann, aber keiner herein. So auch
hier. Jeder kann hinaus, aber keiner kann
herein, denn dann wird er bestraft. Also bleibt
er draußen.
Wir müssen uns mit den verständigen Mitteln
versehen, welche die Engländer schon lange haben,
nämlich mit einer physisch-sanitären Besserstellung
gegenüber einfachen Verhältnissen und einer mensch-
lichen und gerechten Behandlung. (Bravol)
M. H.! Im Munde der Pflanzer klingt das
alles so, als ob das ganz neue Dinge wären,
die von Herrn v. Rechenberg oder mir ver-
langt werden. Im Jahre 1905 hat aber Herr
Graf Götzen in langen Reskripten die selben
Forderungen zurückgewiesen. Er hat überhaupt
auf einem den hier entwickelten Grundsätzen durch-
aus analogen Standpunkt gestanden. Als Herr
v. Rechenberg zum Gouverneur von Ostafrika be-
stimmt wurde, hatte ich die Plantagengesellschaften
in Berlin versammelt und ihnen Vorschläge ge-
macht: Organisiert euch, macht eine Genossen-
schaft, wir wollen euch helfen! Die Pflanzer-
gesellschaften waren verständig und haben es getan.
Sie haben einen Mann hinausgeschickt und als
der ankam, haben die dortigen Pflanzer den Ver-
trag nicht anerkannt und einen neuen mit dem
betreffenden Anwerber gemacht. Es ist ein großer
Prozeß daraus entstanden, und heute sind wir
wieder da, wo 1906 Herr v. Rechenberg ange-
fangen hat. Ich muß es zum Lobe der hiesigen
Leitungen der großen Plantagen sagen, daß sie
das Vorgehen ihrer Vertreter draußen weder jetzt
noch früher billigten.
Also die Herren da draußen, die sich be-
schwerdeführend an das Hohe Haus gewendet
haben, mögen sich beruhigen. Es ist das warme
Interesse für sie und der Wunsch vor-
handen, sie zufrieden zu stellen; aber es
kann nur mit solchen Mitteln geschehen, die
nichts Gleichberechtigtes im Schutzgebiete
verletzen. Und jetzt komme ich auf diese
anderen Interessen im Schutzgebiete.
Ich habe Ihnen j ja vorhin schon über die Beob-
t, die ich dortanstellte.
teh habe in Bukoba, Schrrati, in Usukuma, in
Unjamwesi lange Strecken gefunden, die regel-
mäßig bestellt waren, auf denen die Leute pro-
sperieren mit Ackerbau und Viehzucht. Zunächst
habe ich mir diese Gegenden auf das angesehen,
was dort eigentlich natürlich wächst, d. h. auf
Nahrungsmittel, von denen man, ohne etwas zu
tun, leben kann. Solche gibt es dort aber gar
nicht. Niemand kann in Ostafrika im Hochplateau
leben, wer nicht für sich selbst etwas arbeitet.
Ob er Gummi oder Wachs einsammelt, ob er
Viehzüchter ist, ob er Reis, Hirse oder etwas
anderes baut — irgend etwas muß er tun. Das
wird bewiesen durch die Ziffern, welche der Handel
von Ostafrika zeigt. Der größte Ausfuhrhafen
des Schutzgebietes ist Muansa. Wenn Sie nach-
sehen wollen, was dort ausgeführt ist, so ist es
mehr als in Tanga. Muansa hat aber keine
Plantagen, und wenn jemand sagt, daß das ein
Urteil sei, das auf falschen Voraussetzungen be-
ruhe, so weise ich die Herren auf Togo hin.
Dort wird gleichfalls Handel getrieben, werden
Steuern bezahlt, dort ist aber nur eine einzige
Plantage.
Daraus habe ich den Schluß gezogen, daß
wir für die Zukunft von Ostafrika sehr gutes er-
warten können, wenn wir neben der Pflege der
dort eingewanderten europäischen Unternehmungen
uns auch, und zwar sehr stark, mit der För-
derung und Entwicklung der Negerkulturen
beschäftigen. Die Leute sind durchaus gelehrig,
und wenn sie auch nicht so arbeitswillig sind, so“
sind sie doch sehr erwerbsbegierig. Dazu haben
sie bisher nicht die Möglichkeit gehabt; es hat
kein Verkehr und kein Handel in genügendem
Umfange stattgefunden; jetzt aber können Sie
sehen, daß aus Schirati schon eine große Menge
von Erdnüssen kommen, Sie können sehen, daß
auf 150 km von Muansa dasselbe geschieht und
Sie können sehen, daß sich ein Handel von 8 Mil-