Full text: Deutsches Kolonialblatt. XIX. Jahrgang, 1908. (19)

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Nun möchte ich einmal auf die Verwaltung 
als solche eingehen. Ich kann nur sagen, daß 
ich einen ausgezeichneten guten Willen und bei 
sehr vielen Herren ein sehr erhebliches Sachver- 
ständnis gefunden habe. Aber die Art, wie der 
Beamtenersatz bisher gewesen ist, hat dazu ge- 
führt, daß nicht überall so vorgebildete Leute 
hinkommen konnten, wie notwendig gewesen wäre 
und wie diese selbst es gewünscht hätten. 
Sie sehen, daß man im Hauptetat erhebliche 
Summen für die Ausbildung anfordert. Aber 
auch die Ausbildung im Schutzgebiete ist nicht 
richtig. 
M. H.! Im Wilhelmstaler Bezirk hat der 
Bezirksamtmann in einem Jahre sehr oft ge- 
wechselt (Zuruf: sechsmal). Ich gebe noch ein 
paarmal zu! (Heiterkeit). Warum? Weil dieser 
Bezirk ein harmloser Bezirk ist, weil man jemand 
hinsetzen kann, von dem man noch nicht weiß, 
was er macht. Dort muß er sich erst bewähren, 
dann kommt er weiter. Im Innern des Landes 
find zu wenig und an der Küste zuviel Beamte. 
Da ist z. B. der Taborabezirk mit einer Million 
Einwohner; dort sind zwei weiße Beamte, ein 
Bezirksamtmann und ein Sekretär. (Zuruf: 
Militärs!) — Ja, m. H., wenn Sie Militär 
neben dem Bezirksamtmann mit Zivdilfunktionen 
betrauen, dann kommen beide in Konflikt und 
wenn da der Schwarze dazwischen steht, so führt 
das zu nichts Gutem. — Diese beiden genannten 
Beamten haben, wie gesagt, die Jurisdiktion 
über eine Million Einwohner zu leiten, und zwar 
nicht eine Jurisdiktion allein strafrechtlicher, son- 
dern auch vielfach zivilprozessualer Natur. Es 
find z. B. viele Wanjamwesi vorhanden, die schon 
Eigentum haben; der Grenzstreitigkeiten sind un- 
zählige. Viele Suaheli von der Küste treiben 
Handel in Tabora, wo ungefähr 8 bis 9 Mil- 
lionen Mark Handel ist. Dazu die Araber und 
Inder. Das muß der Bezirksamtmann alles er- 
ledigen. Dann muß er in diesem ganzen Bezirk 
die Steuer überwachen, die Polizei ausüben; er 
soll die Nachweisungen für die Etatsaufstellungen, 
die Abrechnungen usw. machen, und wenn er 
einmal von Zeit zu Zeit krank wird oder abgelöst 
werden muß, dann sitzt sogar der Sekretär allein 
da. Das ist ein ganz unhaltbarer Zustand. 
Die schwache Besetzung hat dazu geführt, daß 
das gesamte Rechnungs= und Kassenwesen, soweit 
es überhaupt möglich war, an die Küste gedrängt 
wurde, daß man an der Küste erst alles verbucht 
hat. Dadurch sind natürlich mehr Leute nötig. 
Diese sitzen auch alle lieber an der Küste als in 
Tabora. 
Was ich nun vorschlage und was sich im 
nächsten Jahre im Etat vorfinden wird, ist fol- 
gendes: Die jungen Beamten, die für Ostafrika 
überhaupt nicht kennen lernt; 
  
angenommen werden, sollen folgende Bildung 
haben. Sie sollen in Berlin bzw. Hamburg an 
der Akademie gründlich vorgebildet werden, und 
dann sollen sie nicht nach Daressalam zur Ver- 
wendung in der dortigen Zentrale kommen, denn 
dann bekommen sie ganz falsche Begriffe, sondern. 
sie sollen auf ein Bezirksamt geschickt werden zur 
Unterstützung des Bezirksamtmanns und zu seiner 
Entlastung und Vertretung; sie sollen zwei Jahre 
als Adjunkt dort bleiben. Dadurch wird erzielt, 
ohne daß die Stellvertretungskosten wesentlich er- 
höht werden, daß der Amtmann in seinen Bezirk 
wieder zurückkommen kann, wenn er inzwischen 
einen Stellvertreter hat. Das ist jetzt nicht mög- 
lich. Wenn Sie aus dem künstlichen Bau einen 
Stein herausgenommen haben, müssen Sie in dem 
ganzen Kasten Ostafrika alle anderen Steine 
herumschieben. Kaum einer kann auf seinem 
Platze bleiben; das kann bei den kurzen Dienst- 
perioden, die höchstens zwei Jahre rechnen, zu 
nichts Gutem führen. 
Durch diese Maßnahme wird aber auch weiter 
erzielt, daß dieser Mann, der zwei Jahre Adjunkt 
gewesen ist und dann Urlaub bekommt, ein fix 
und fertiger Bezirksamtmann ist, der genau weiß, 
was er zu tun hat. Der junge Mann kann 
einen eigenen Bezirk bekommen, der alte Bezirks- 
amtmann kann seinen Bezirk wieder haben, mit 
ihm verwachsen; es wird ihm wieder ein junger 
Beamter zur Ausbildung und zur Stellvertretung 
überwiesen. Genau wie ich es im Reichs-Kolonial- 
amt halte, daß für ein Schutzgebiet nur jemand 
Referent sein kann, der sein Schutzgebiet kennt. 
Aber von allen Beamten in Daressalam ist über- 
haupt kein einziger über den Küstengürtel weg- 
gekommen. Der erste Referent war in Morogoro) 
das ist das weiteste. 
Diese außerordentlich geringe Besetzung der 
inneren Posten an verantwortlichen Stellen führt 
dazu, daß der Bezirksamtmann seinen Distrikt 
denn er kann tat- 
sächlich nicht vom Dienstort weg. Er ist direkt 
angenagelt an seinen Schreibtisch. Da wird die 
und die Nachweisung verlangt, dann eine Auf- 
stellung der Strafen, dann ein Handelsberichk 
usw. usw. Da entsteht ein kolossaler Termin- 
kalender und der Bezirksamtmann kann nicht 
weg. Wenn man fragt: sind Sie da und dort 
gewesen, so muß er sagen: es tut mir leid, ich 
möchte gerne hin, aber. hier werde ich verlangt. 
Glauben Sie, daß ich eine zuverlässige Auskunft 
über die Straße von Muansa nach Tabora oder 
rückwärts habe erhalten können, von einem 
Weißen oder von einem Schwarzen, der den Weg 
ganz kannte? 
Der Schwarze wußte Bescheid von einem Ort 
zum nächsten, aber einen Weißen, der mir genau
	        
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