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gleichen Zeit wie bisher zurücklegt, verkehrt die
Mehrzahl der direkten Züge nach Kapstadt, ins-
besondere der für den Postdampfer bestimmte
wöchentliche Schnellzug, noch über Bloemfontein.
(Bericht des Kaiserlichen Konsulats in Pretoria.)
Citeratur.
Rickmann, Kreiserlicher Veterinärrat: Tierzucht
und Tierkrankheiten in Deutsch-Südwest-
afrika. Berlin 1908. Verlag von Richard
Schoetz. 364 S.
Der Verfasser hat in dem vorliegenden Buche
seine in zwölf Jahren gesammelten reichen süd-
westafrikanischen Erfahrungen über Tierzucht und
Tierkrankheiten niedergelegt. Er gibt wertvolle
Ratschläge über Auswahl und Beschaffenheit der
Farmen, über die Zucht der Haustiere, die vor-
handenen sowie die drohenden Tierkrankheiten,
ferner Angaben über die nötigsten Operationen
und Heilmittel. In einem Anhang werden die
wirtschaftlich wichtigen Zecken und ihre Be-
kämpfung besprochen.
Das Buch ist für die Farmer im Lande be-
stimmt, die ja nur selten die Hilfe eines Tier-
arztes in Anspruch nehmen können. Wer das
Rickmannsche Werk aufmerksam benutzt, wird
gleichwohl nicht in den Fehler verfallen, der
Hilfe des Tierarztes entraten zu wollen; er wird
vielmehr gerade VBerständnis für die großen Auf-
gaben gewinnen, welche die Tierärzte in Südwest-
afrika zu bewältigen haben.
In einer Neuauflage wäre die Anfügung eines
Sachregisters sehr wünschenswert.
über die deutschen
Schutzgebiete für das Jahr 1905/06.
Herausgegeben vom Reichs-Kolonialamt. Mit
vier Skizzen im Text und zwei Plänen. Ber-
lin 1907. Verlag von E. S. Mittler K& Sohn,
Königliche Laoftuchhamulung, Kochstr. 68—71.
Preis gebunden 7 Mk. 50 Pf.
Medizinal-Berichte
Dr. Rohrbach: Die Kolonie. Frankfurt a. M.
1908. Literarische Anstalt Rütten & Loening.
Preis kartoniert Mk. 1,50, geb. Mk. 2 (Band 19
der Monographien-Sammlung „Die Gesell-
schaft“, herausgegeben von Martin Buber).
La question d’'’extrème orient par
E. Driault. Paris 1908. Féelix Alcan, édi-
teur. Preis 7 Francs.
Koloniale Dreßstimmen.
„Was verdankt die Togo-MOission der deutschen
Kolonlal-Regierung?“
Ülber dieses Thema sprach beim Jahresfest des
Missions-Vereins Bremen-Stadt am 9. Februar
der kürzlich aus Lome zurückgekehrte Missionar
D. Westermann. Nachdem er die verschiedenen
Ziele der Mission und der Kolonisation dargelegt
und darauf hingewiesen hatte, wie dennoch beide
aufeinander angewiesen sind, machte er, nach
den Berichten verschiedener Blätter, die folgenden
Mitteilungen:
Die Kolonialregierung hat dem Lande Sicherheit
und geordnete Zustände gegeben. Früher war das
Land in Zahlreiche, miteinander nicht zusammen-
hängende Stämme zerteilt; eine gemeinsame Regierung,
überhaupt das Gefühl nationaler Fusammengehörigkeit
fehlte gänzlich. Immer wieder lag ein Stamm mit
m anderen in Hader und Streit, der nicht stets in
ofSenen- Krieg ausartete, aber viel schlimmer als dieser
war, da er sich oft durch viele Jahre hinzog. Auf
beiden Seiten benutzte man jede Gelegenheit, dem
andern zu schaden, aus dem Hinterhalt ein Glied des
feindlichen Stammes zu morden, ein Kind oder auch
Erwachsene wegzufangen und als Sklaven zu ver-
kaufen. So war wegen der herrschenden Unsicherheit
oft durch weite Strecken jeder Verkehr unterbunden,
jede Handelstätigleit gehemmt und alle Unternehmungs-
lust gelähmt. Auch die Blutrache, die trotz der in
sicherer Aussicht stehenden strengen Bestrafung noch in
neuerer Zeit gelegentliche Opfer fordert, ruhte oft wie
ein Alp auf einem Stamm, da niemand seines Lebens
sicher war, bis der geschehene Mord durch einen zweiten
Mord gerächt war.
So wenig es eine über das ganze Volk sich er-
streckende Herrschaft gab, so drückend und tyrannisch
war *s012 Regiment der Dorf= und Stammes-
häup ge. Es war oft genug ein Regiment der
Sauberl Süniuch. Der Häuptling und die Dorf-
ältesten sahen bei der Schlichtung von Streitigkeiten
meistens mehr auf ihren eigenen Vorteil als auf die
Gerechtigkeit der Sache. Ihr Einfluß und Ansehen
beruhten im wesentlichen auf ihrem größeren Besitz.
Sobald deshalb einer ihrer Untertanen durch Einsicht
und Unternehmungslust es zu etwas brachte, war er
schon damit ein geährlicher Nebenbuhler des Häupt-
lings geworden, und dieser konnte nur ein Interesse
daran haben, den Mann zu beseitigen. Dazu bot sich
leicht eine Handhabe. Der Emporkömmling wurde vom
Häuptling selbst oder vom Priester beschuldigt, er sei
ein „böser Zauberer“ und habe durch seine Zauberei
den oder jenen umgebracht. Darauf erfolgte sofort
eine öffentliche Vorladung. sich der Giftprobe zu unter-
ziehen, und der Vollstrecker dieses „Gottesurteils“
sorgte schon, daß der Angeklagte als Schubdiger ab-
ging oder gar tot auf dem Platze blieb. Bei den
Gerichtssipungen spielten die größere Bestechung, der
einflußreichere Anhang, den man mit zum Gerichts-
platze orachte, oft die wichtigste Rolle.
Jetgt herrscht im ganzen Süden des Ewelandes
vollständige Sicherheit. Wir haben oft gesagt:
„Man kann hier draußen gee reisen als daheim in
Deutschland.“ Das ist tatsächlich so. Hier und da
zeigen die Stämme noch Lust, irgend eine Streiterei
mit den „Waffen“ auszutragen, aber sie besinnen sich
stets rechtzeitig eines Besseren. Sie lernen es auch
immer mehr schätzen, daß es eine Stelle gibt, wo ihre