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Deutsch-Südwestafrika.
Ole welße Bevölkerung des Schutzgebiets
war nach einer soeben eingetroffenen telegraphischen
Meldung des Gouvernements am 1. Januar 1908
auf achttansendeinhundert Köpfe angewachsen.
Jwischen Otawi und Grootfontein.
Landschaftsbilder von Hauptmann Flaskamp.
I.
Die Höhle Harasib.
Im März v. Js. besuchte ich die Höhle Ha-
rasib. Sie liegt etwa eine halbe Stunde südlich
des Punktes, wo die Pad nach Abachobib von
der Pad Ghaub—Grootfontein abzweigt. Augen-
scheinlich ist sie — ähnlich wie der Otjikoto= und
der Guinas-See — durch Einsturz unterirdischer
Hohlräume im Kalkstein entstanden. Man kommt
äuerst an eine ovale, offene Bodeneinsenkung, die
etwa 15 m lang, 8 m breit und einige Meter
tief ist; dann muß man sich durch Gestrüpp und
Schlingpflanzen den Weg zum eigentlichen Höhlen-
eingang bahnen. Die Höhle ist etwa 25 m tief
und geht schräg nach unten in einer Neigung
von anfangs etwa 60, später von 45 Grad.
Der Eingang der Höhle ist mehrere Meter hoch;
sie verengt sich aber trichterförmig nach unten
und ist seit undenklichen Zeiten die Wohn= und
Tränkstätte von Pavianen.
lber Felsgeröll kletterte ich nicht ohne Mühe
so tief wie möglich hinunter und stellte dann
durch Steinwürfe fest, daß tief unten, dem Auge
unsichtbar, Wasser steht; dieses Wasser muß un-
bedingt einen Abfluß haben, denn sonst hätte in
der Höhle, der ja ein Wassersammelbecken vor-
gelagert ist, am Schluß dieses ungemein reichen
Negenjahres mehr Wasser stehen müssen. Im
Innern fand ich ein Pavianskelett von beträcht-
nccher Größe. Nach Ansicht des Kapitäns Johannes
rüger in Ghaub soll die Höhle bis jetzt noch
von keinem Weißen betreten sein; doch ist be-
stimmt das Gegenteil anzunehmen.
II.
Buschmannszeichnungen bei
Ghaub —Nabis.
Eia anderthalb Kilometer nördlich des Gabel-
dr "n der Wege Chorab—Ghaub und Otawi—
Wans liegt, zwischen Hügeln eingebettet, die
Soheerstell Nabis; sie stellt ein von Norden nach
dar 8 gZerichtetes, etwa 300 m langes Rivier
Das as nur in der Regenzeit Wasser führt.
Rivier kommt aus einem flachen, hoch-
gelegenen Talkessel, seinem Sammelbecken. Im
Laufe der Zeiten hat sich das Wasser dieses
Beckens einen engen Durchbruch (eben das Rivier)
durch einen Bergsattel in die etwa 15 m tiefer
gelegene Ebene gearbeitet. Die Wände des
Riviers sind stellenweise 10 bis 12 m hoch. In
der Regenzeit stürzt das Wasser kaskadenartig
über Felsgeröll hinunter, versinkt dann im frucht-
baren Humusboden und ruft eine üppige Vege-
tation hervor. Gras und Sesampflanzen stehen
hier 2 bis Zm hoch, zahlreiche prächtige Marula-
bäume umkränzen die Riviermündung. Dieser
idyllische Platz ist auch botanisch interessant. In
den kühlen Felsspalten des Riviers fand ich
mehrere Arten Farnkräuter, die im Schutzgebiete
sonst selten sind. Auf den umliegenden Höhen
bemerkte ich einen baumartigen Strauch mit
schöner, glatter, zinnoberroter Rinde und dunkel-
grünen Blättern. Der Baum trägt essigsaure
Früchte, welche die Eingeborenen als durststillende
Feldkost verzehren. Nirgends sonst habe ich diesen
Baum bemerkt. In dem Rivier und an einer
zweiten Stelle, auf dem Sattel östlich des Riviers,
habe ich etwa 200 bis 300 ins harte Gestein
eingeschnittene Wildspuren entdeckt, die ganz
täuschend nachgemacht sind. Der erste Eindruck
ist der, daß man die natürlichen Eindrücke des
Wildes in das ehemals weiche Gestein vor sich
zu sehen glaubt, denn nicht schematisch, sondern
mit einem gewissen Kunstsinn, naturgemäß ge-
ordnet, sind die Spuren angebracht, oft da, wo
das Wild hintreten und abspringen mußte. Ich
bin sehr bald zu der Ansicht gelangt, daß es sich
hier um Buschmannszeichnungen handelt, die sich
ja vielfach in Südafrika vorfinden und über die
3. B. Peters in seinem Buch „Im Goldlande des
Altertums“ eingehend berichtet. Er versucht aus
ihnen eine Verwandtschaft zwischen Hottentotten,
Buschleuten und den Agyptern herzuleiten. Auch
in dem Buch „Afrika“ von Sievers-Hahn werden
diese Buschmannszeichnungen erwähnt. Dagegen
ist die Existenz derartiger Zeichnungen in unserer
Kolonie bis jetzt so gut wie unbekannt geblieben.
Nach eigener Kenntnis und mit Hilfe von
Johannes Krüger in Ghaub habe ich die Spuren
von folgenden Wildarten festgestellt: Kleine Böcke,
Deucker, Wildebeest, Eland, Zebra, Büffel, Rhi-
nozeros, Tiger oder Leopard im ganzen etwa
zwanzig verschiedene Spuren.
Dann fand ich zwei Menschenspuren, und
zwar anscheinend eine männliche und eine weib-
liche. Beide sind, was ja noch heute für Busch-
mannsspuren charakteristisch ist, auffallend klein.
Nirgends habe ich Zeichnungen ganzer Tiere,
also Tierbilder, sondern immer nur die Abzeich-
nungen von Spuren gefunden. Ich glaube des-
halb, daß wir es hier mit den ersten Anfängen