Full text: Deutsches Kolonialblatt. XIX. Jahrgang, 1908. (19)

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etwa 50 mit Speeren und Schwertern bewaffneten 
Eingeborenen. Unser Weg führte zunächst durch 
die Pflanzungen der Eingeborenen, dann im Fluß- 
bett des Adler-Flusses stromaufwärts. Er ging 
dann abbiegend meist in nordwestlicher Richtung 
durch dichten, sumpfigen und von schweren Regen 
völlig aufgeweichten Busch. Nachmittags kamen 
wir durch die verlassenen früheren Pflanzungen 
der Logamu-Leute und marschierten später im 
Bachbette eines in den Adler mündenden Neben- 
ilüßchens. Schon den ganzen Tag über hatten 
wir zahlreiche frische Spuren bemerkt, die vor uns 
herliefen. Von den Logamu-Leuten wurde mir 
erklärt, die Spuren stammten von einem Kund- 
schaftertrupp der Lahé-Womba, die offenbar die 
Gelegenheit zu einem neuen Überfall auf ihr Dorf 
hätten erspähen wollen. Meine Hoffnung, die 
offenbar kurz vor uns hermarschierenden Leute 
einzuholen, erfüllte sich leider nicht. 
infolgedessen gegen Sonnenuntergang im Fluß- 
bett Lager bezogen. Obwohl wir uns ganz dicht 
in der Nähe der Niederlassungen der Lahs-Womba 
befanden — wir konnten während der Nacht deut- 
lich das Geschrei vom Tanzfeste hören —, zündeten 
wir Feuer an und kochten ab, weil unser Lager 
nach Angabe der Logamu-Leute niedriger lag als 
das Dorf der Lahs-Womba. Am andern Morgen 
Zing es eine Stunde im Flußbett auswärts, als 
wir ganz nahe die Trommeln der Lahs hörten. 
Von den Logamu-Leuten wurden mir die Zeichen 
dahin ausgelegt, die Lahs riefen zur Arbeit in 
den Pflanzungen. Das Flußbett verengte sich; 
bei einer Biegung erreichten wir die ersten Hütten, 
das Dorf war gerade verlassen, die Feuer brannten 
noch vor den Hütten. Diese selber waren nichts 
weiter wie armselige Alangschober, wie sie der 
Eingeborene in wenigen Augenblicken zum Zwecke 
vorübergehender Nächtigung baut. Ohne uns 
aufzuhalten, wateten wir im Flußbett weiter; 
halb im Laufschritt ging es durch eine kleine 
Trrecke gerodeten Busches, und dann begann der 
Anstieg auf einen kleinen Alanghügel, der leider 
bbensosehr den Blicken ausgesetzt war, wie er selber 
eine vorzügliche Aussicht ins Tal und in die Ferne 
bor. Wir befanden uns auf den westlich des 
Adler gelegenen Ausläufern der Rawlinson-Berge. 
Auf dem nächst höheren Alanghügel (uns gegen- 
über) bewegte sich ein Trupp von etwa fünfzehn 
ingeborenen, die, obwohl wir uns rasch ins Gras 
niederwarfen, verdächtige Geräusche wahrg 
haben mußten. Da wir zweifellos bemerkt waren, 
1 5 ich Feuer geben. Ein kurzes, sehr heftiges 
Schnellfeuer genügte, um die Eingeborenen zur 
schleunigsten Flucht zu veranlassen. Mit An- 
pannung der äußersten Kräfte wurde die Ver- 
solgung wieder ansgenommen, leider erfolglos; 
auch Tote oder Verwundete wurden nicht gefunden. 
Es wurden. 
  
Wenn man bedeukt, daß die Polizeitruppe schon 
eine gute Strecke im Laufschritte vorgegangen war, 
daß sie im äußersten Tempo bei praller Sonnen- 
hitze den kerzengrade ansteigenden Pfad im Alang 
hatte emporklimmen und dann, noch mit den Trag- 
lasten bepackt, hatte Feuer geben müssen, dann 
wird der Mißerfolg erkärlich erscheinen. 
Ich hatte anfangs auf das passierte Dorf 
zurückgehen wollen, entschloß mich dann jedoch, 
nach dem Markham-Tal zu marschieren, da mir 
von meiner letzten Expedition her das Vorhanden- 
sein von Dörfern der Lahé-Womba auf dem linken 
Markham-Ufer bekannt war und ich diese unbemerkt 
zu erreichen hoffte. Der weitere Vormarsch brachte 
uns bald auf den Kamm der sogenannten Mark- 
ham-Berge, der eine so interessante und pracht- 
volle Aussicht gewährte, daß wir mit allen Stra- 
pazen der Expedition versöhnt waren. Rückwärts 
ferne glänzte das Meer mit den deutlich sicht- 
baren Mündungen des Adler und Markham, 
rechts vor uns stand in imposanter Kette der 
Gebirgszug der Rawlinson-Berge, links vor uns 
in bläulichem Dunst am fernen Horizont grüßten 
die Herzogberge, zwischen beiden Gebirgsketten 
schimmerten zu unseren Füßen die Flußbetten des 
Adler und Markham, die man bis zu ihrer Ver- 
einigung (oder vielmehr bis zu ihrer Trennung, 
denn es ist ein einheitlicher Fluß, der dem Meere 
in zwei großen Armen entgegengeht) deutlich ver- 
folgen konnte. Gerade vor uns aber öffnete sich 
das Tal des Markham-Adler-Flusses, jene sagen- 
hafte Ebene im Innern, jene große Steppe, die 
bis zum Ramu-Flußgebiet reichen soll und den 
Schauplatz der geheimnisvollen Erzählungen alter 
Neu-Guinea-Buschleute bildet. 
Der Abstieg ins Markham-Tal war steil und 
äußerst beschwerlich. Am äußersten Seitenarm 
des Markham wurde kurze Mittagsrast gehalten. 
Der Sicherheit halber hatte ich einen Posten aus- 
gestellt, und wir waren gerade daran, unser fru- 
gales Mahl zu beginnen, als ein Schuß fiel. Ich 
eilte alsbald zu dem Posten und sandte eine Pa- 
trouille von sechs Mann vor. Der Posten hatte, 
wie sich später ergab, auf drei des Weges kommende 
Eingeborene geschossen, obwohl er sich hätte ver- 
bergen können. Durch die Patrouille wurde dann 
festgestellt, daß sich ein größeres Dorf der Ein- 
geborenen in der Nähe befand. Die Eingeborenen, 
welche sich in den Pflanzungen befanden, waren 
natürlich durch den Schuß alarmiert und hatten 
schleunigst die Flucht ergriffen. Ein Erfolg konnte 
nicht mehr erzielt werden. Ich trat daher den 
Weitermarsch nach dem Markham an. Erst mit 
Sonnenuntergang konnte die ermüdete Truppe 
Lager beziehen. 
Der Marsch, der am nächsten Morgen den 
Markham am linken Ufer abwärts führte, war für
	        
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