Full text: Deutsches Kolonialblatt. XIX. Jahrgang, 1908. (19)

W 377 20 
Kusführungsbestimmungen des Gouverneurs von Deutsch-Ostafrika zur Verordnung 
betr. die Erhebung von Kbgaben für den Gewerbebetrieb. 
Vom 3. Januar 1908. 
Zu § 6. Die Berechnung des Ertrages erfolgt in der Weise, daß 
1. sämtliche Betriebsunkosten und Abschreibungen, die einer angemessenen Berücksichtigung der 
Wertverminderung entsprechen, in Abzug gebracht, 
2. die aus Betriebseinnahmen bestrittenen ##gabeen für Verbesserungen und Geschäftserweiterungen 
hinzugerechnet werden. 
Für den Unterhalt des Gewerbetreibenden und seiner in seinem Haushalt befindlichen An- 
gehörigen kann ein mäßiger Abzug gemacht werden. Die Einschätzungskommission wird gut tun, 
sich für verschiedene Klassen der Bevölkerung je nach deren Lebensbedürfnissen und den örtlichen 
Preisgestaltungen der Lebensmittel in der Regel in Abzug zu bringende Sätze aufzustellen. 
Unter Umsatz ist nicht nur der Wert der für eigene Rechnung abgesetzten, sondern auch der 
Wert derjenigen Güter und Besitzobjekte zu verstehen, welche auf Grund eines Vermittlungs= oder 
Agenturgeschäfts von Hand zu Hand gehen. Z. B. bei einem kaufmännischen Agenturgeschäft der 
Wert der zum Verkauf vermittelten Waren, bei einem Versicherungsgeschäft der Wert der gezahlten 
Prämien usw. 
Das Anlage= und Betriebskapital umfaßt die sämtlichen dem betreffenden Gewerbebetriebe 
gewidmeten Werte. Hierzu gehören die Maschinen und Werkzeuge, Arbeits= und Lasttiere, Vorräte 
an Waren, Geld, Wertpapieren usw., Gebäude, Grundstücke, Einrichtungen zur Gewinnung von 
Naturprodukten usw., soweit sie für gewerbliche Zwecke benutzt werden, bzw. diejenigen Mittel, 
welche aufgewendet sind, um diese Dinge zu beschaffen oder herzustellen, nach Abzug angemessener 
Abschreibungen. 
Unter Zugrundelegung des nach Vorstehendem ermittelten Ertrages bzw. Umsatzes, bzw. 
Anlage und Betriebskapitals haben die Einschätzungskommissionen die zu erhebenden Steuersätze unter 
Mitteilung des Merkmals, nach welchem die Einschätzung erfolgt ist, festzusetzen und in die Steuer- 
listen einzutragen. 
der Ertrag eines Gewerbebetriebes ermittelt und der Steuersatz nach diesem festgestellt 
werden kann, unterliegt dem pflichtgemäßen Ermessen der Einschätzungskommissionen. Grundsätzlich 
kann die Besteuerung nach dem Umsatze nicht zur Anwendung gebracht werden, wenn der Reinertrag 
durch ordnungsmäßige und einwandfreie Buchführung dem Vorsitzenden nachgewiesen worden ist. 
Ist die Besteuerung nach dem Umsatze erfolgt, so prüft im Berufungsfalle die Ober- 
einschätzungskommission die Steuer auch lediglich nach diesem Merkmale nach, es sei denn, daß 
zugleich wegen der Nichtbesteuerung nach dem Merkmal des Ertrages Beschwerde erhoben ist. 
Mehrere in demselben Verwaltungsbezirk belegene steuerpflichtige Betriebe derselben Person 
werden als ein steuerpflichtiges Gewerbe zur Steuer veranlagt. Dasselbe kann der Gouverneur 
bezüglich mehrerer im Schutzgebiet belegener steuerpflichtiger Gewerbebetriebe derselben Person au- 
ordnen, falls anderen Falles eine offenbare Unbilligkeit hervorgerufen würde. Der Gouverneur be- 
stimmt alsdann auch den Bezirk, in welchem die Einziehung zu erfolgen hat. 
u § 7. Wird ein Betrieb durch Tod oder Krankheit des Inhabers, Brandunglück, Über- 
süwemmung oder sonstige außergewöhrliche Ereignisse derartig geschädigt, daß das Weiterbestehen 
desselben in Frage gestellt ist, so kann die Steuer auch im Laufe des Steuerjahres, auf Grund einer 
Neueinschätzung, für den Rest des Steuerjahres ermäßigt oder ganz in Abgang gestellt werden. 
Zu § 9. Während der öffentlichen Auslegung der BSteuerlisten ist jeder Steuerpflichtige 
nur zur Einsicht der ihn selbst betreffenden Einschätzung berechtigt. 
Zu § 10. Die Einschätzungskommissionen treten mindestens alljährlich, womöglich vor dem 
15. Februar zusammen. 
Jeder Bezirksamtmann (Resident, Stationschef) beruft für denjenigen Bezirk, in welchem 
ihm die Verwaltung zusteht, eine Einschätzungskommission. Diese Kommission besteht aus dem Be- 
zirksamtmann (Resident, Stationschef) bzw. dessen Stellvertreter als Vorsitzendem, einem weiteren 
Beamten (wo ein Zollamt vorhanden ist, dem Vorsteher desselben) sowie zwei europäischen und 
zwei farbigen Gewerbetreibenden. 
Falls geeignete europäische Gewerbetreibende nicht vorhanden sind, kann anstatt eines der- 
selben ein weiterer Farbiger berufen oder aber die Kommission beschränkt werden, mit der Maßgabe, 
daß die Anzahl der farbigen Kommissionsmitglieder die der europäischen nie überschreiten darf. Die 
Stimme des Vorsitzenden gibt bei Stimmengleichheit den Ausschlag. 
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