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5iemlicher Breite die Bucht entlang läuft, führt
bald die Höhe empor in den Schatten des Ur-
waldes. Nachdem wir die Spitzen überschritten
hatten, bot sich uns eine wahrhaft herrliche Aus-
sicht: rechts unten ruht die von Wald umsäumte
Meeresbucht, links drohen wildzerrissene Bergketten,
deren zum Teil unbewachsene Basaltfelsen gleich
Zinnen einer alten Trutzburg emporragen, vor uns
in weiter Ferne steigen die massigen Berge des
Kaisergebirges empor. Seine höchste Erhebung,
der Vulkan Balbi, entfaltet eine starke Tätigkeit,
wie aus den weißgrauen Rauchmassen zu ersehen
ist, die seine Spitze umlagern.
Nach Überschreiten eines Flußlaufes führte
uns der Weg zu den Dörfern Arawa und Ro-
ruwan. Hier begaben wir uns an Bord, dampf-
ten nach Kap Le Cras weiter und ankerten am
nächsten Tage in der Bukastraße. Am 23. Juli
lange vor Tagesgrauen war das Schiff umgeben
von Kanus, deren Insassen Feldfrüchte (Taros,
Jams) sowie Kokosnüsse gegen Tabak, Lenden-
tücher und andere Handelsartikel einzutauschen
versuchten. So fanden wir auch hier wieder die
Bestätigung der schon einigemal gemachten Be-
obachtung, daß der Buka seinen Markt vor
Sonnenaufgang abhält und mit dem Sonnen-
aufgang beendet. «
In Hanahan wurde ein alter Mann, der
einen seiner Stammesgenossen durch Zauberei ge-
tötet haben soll, an Bord gebracht. Jedenfalls
ist dieser Vorfall der beste Beweis für den großen
Einfluß, den die Regierung hier bereits gewonnen
hat. Vor einem Jahre noch würde der Mann
ohne Zweifel dem Tode verfallen gewesen sein,
obwohl er höchst wahrscheinlich an dem Tode
seines Mitmenschen völlig unschuldig ist. Der
Eingeborene glaubt eben nur dann an einen
natürlichen Tod, wenn dieser infolge Altersschwäche
eintritt, andernfalls muß einer der Mitmenschen
die Schuld tragen. Nachmittags wurden vor
Nissan, einer im Nordwesten von Buka gelegenen
Inselgruppe, mehrere Gefangene an Land gesetzt.
Sie waren vor einem halben Jahre bei einem zur
Bekämpfung des Kannibalismus unternommenen
Strafzuge von Nissan mit nach Herbertshöhe ge-
nommen worden. Seit jener Expedition wurde
der Friede nicht mehr gestäört.
Am nächsten Tage gingen wir auf der Reede
von Namatanai, der Regierungsstation für den
Bezirk Neu-Mecklenburg-Süd vor Anker. Die
Stationsgebäude sind auch hier auf der Höhe er-
baut. Die ganze Anlage macht einen recht netten
Eindruck. Am Strande liegt eine Handelsstation
der Deutschen Handels= und Plantagengesellschaft
der Südsee-Inseln, etwas höher das Gebäude der
katholischen Mission, auf der Höhe selbst das Haus
des Stationsleiters und des Polizeimeisters,
zwischen diesen die aus Buschmaterial hergestellte
Kaserne der Polizeitruppe.
Während der Gouverneur eine Inspektion der
Station vornahm, begab ich mich mit dem bereits
erwähnten Experten ins Landinnere, um für
Pflanzungszwecke geeignetes Gelände auszusuchen.
Auf breitem, gut ausgeschlagenem Wege kamen
wir herunter zum Nabutu, der sich hier ins Meer
ergießt und durch das Geröll, das er mit sich
führt, den Hafen von Namatanai immer mehr
versandet. Die Verbindung zwischen den beiden
Ufern ist durch Herstellung eines breiten, rund
1 km langen Steindammes geschaffen, der durch
verschiedene mit Planken überbrückte Durchlässe
unterbrochen wird. Der ganze Damm ist mit
Hilfe von eingeborenen Arbeitern gebaut worden.
Nach Überschreitung des Nabutu führt der Weg
bergan in die Landschaft Po. Schon die üppigen
Pflanzungen der Eingeborenen zeigen, daß der
Boden fruchtbar und zu Pflanzungszwecken wohl-
geeignet ist. Die Eingeborenen, mit denen wir
in Berührung kamen, erklärten sich gerne bereit,
in einer neu anzulegenden Pflanzung arbeiten zu
wollen. Dies ist ja auch erklärlich. Braucht der
Eingeborene dann doch nicht mehr über See; er
kann seine Feiertage zu Hause verbringen, kann
seine Angehörigen besuchen, kann ihre Feste mit
ihnen feiern und erhält ebenso viel Lohn, wie
wenn er außer Landes gegangen wäre.
Am 25. Juli fuhren wir bei Sonnenaufgang
zwischen Simberi und Tabar (den Vischer= und
Gardner-Inselu) hindurch, die mit üppigem Walde
bedeckt, sich bis zu 300 bis 400 m Höhe erheben.
Die großen Palmbestände an der Küste weisen
an sich auf eine starke Bevölkerung hin; leider
ist sie nicht mehr vorhanden. Gegenseitige Fehden,
die gar oft mit dem Untergange eines ganzen
Stammes endeten, dann auch verschiedene Seuchen
haben nur einen kleinen Rest des einstigen krie-
gerischen Volkes übrig gelassen. Auf der Haupt-
insel Tabar sind bereits kilometerlange Wege
quer durch die Insel und am Strande entlang
angelegt. Die geräumigen, mit einem seitlichen
An= und einem Vorbau versehenen Hütten der Ein-
geborenen machen einen sauberen Eindruck. Auch
die Dorfplätze sind äußerst reinlich gehalten. Be-
merkenswert war in fast allen Dörfern ein mit
einer Mauer aus Korallenblöcken umgebener Platz,
der durch dichte Sträucher gegen neugierige Augen
geschützt und von mehreren hohen Bäumen über-
schattet wird. In diesen abgegrenzten Plätzen,
zu denen den Frauen der Zutritt verboten ist,
werden die Totenfeste geseiert; oft befinden sich
innerhalb dieser Plätze auch noch Versammlungs-
häuser. Sie dienen verschiedenen Geheimgesell-
schaften zur Abhaltung ihrer Feste, die in Tänzen
mit Gesang und großem Schweineessen bestehen.