Full text: Deutsches Kolonialblatt. XIX. Jahrgang, 1908. (19)

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5iemlicher Breite die Bucht entlang läuft, führt 
bald die Höhe empor in den Schatten des Ur- 
waldes. Nachdem wir die Spitzen überschritten 
hatten, bot sich uns eine wahrhaft herrliche Aus- 
sicht: rechts unten ruht die von Wald umsäumte 
Meeresbucht, links drohen wildzerrissene Bergketten, 
deren zum Teil unbewachsene Basaltfelsen gleich 
Zinnen einer alten Trutzburg emporragen, vor uns 
in weiter Ferne steigen die massigen Berge des 
Kaisergebirges empor. Seine höchste Erhebung, 
der Vulkan Balbi, entfaltet eine starke Tätigkeit, 
wie aus den weißgrauen Rauchmassen zu ersehen 
ist, die seine Spitze umlagern. 
Nach Überschreiten eines Flußlaufes führte 
uns der Weg zu den Dörfern Arawa und Ro- 
ruwan. Hier begaben wir uns an Bord, dampf- 
ten nach Kap Le Cras weiter und ankerten am 
nächsten Tage in der Bukastraße. Am 23. Juli 
lange vor Tagesgrauen war das Schiff umgeben 
von Kanus, deren Insassen Feldfrüchte (Taros, 
Jams) sowie Kokosnüsse gegen Tabak, Lenden- 
tücher und andere Handelsartikel einzutauschen 
versuchten. So fanden wir auch hier wieder die 
Bestätigung der schon einigemal gemachten Be- 
obachtung, daß der Buka seinen Markt vor 
Sonnenaufgang abhält und mit dem Sonnen- 
aufgang beendet. « 
In Hanahan wurde ein alter Mann, der 
einen seiner Stammesgenossen durch Zauberei ge- 
tötet haben soll, an Bord gebracht. Jedenfalls 
ist dieser Vorfall der beste Beweis für den großen 
Einfluß, den die Regierung hier bereits gewonnen 
hat. Vor einem Jahre noch würde der Mann 
ohne Zweifel dem Tode verfallen gewesen sein, 
obwohl er höchst wahrscheinlich an dem Tode 
seines Mitmenschen völlig unschuldig ist. Der 
Eingeborene glaubt eben nur dann an einen 
natürlichen Tod, wenn dieser infolge Altersschwäche 
eintritt, andernfalls muß einer der Mitmenschen 
die Schuld tragen. Nachmittags wurden vor 
Nissan, einer im Nordwesten von Buka gelegenen 
Inselgruppe, mehrere Gefangene an Land gesetzt. 
Sie waren vor einem halben Jahre bei einem zur 
Bekämpfung des Kannibalismus unternommenen 
Strafzuge von Nissan mit nach Herbertshöhe ge- 
nommen worden. Seit jener Expedition wurde 
der Friede nicht mehr gestäört. 
Am nächsten Tage gingen wir auf der Reede 
von Namatanai, der Regierungsstation für den 
Bezirk Neu-Mecklenburg-Süd vor Anker. Die 
Stationsgebäude sind auch hier auf der Höhe er- 
baut. Die ganze Anlage macht einen recht netten 
Eindruck. Am Strande liegt eine Handelsstation 
der Deutschen Handels= und Plantagengesellschaft 
der Südsee-Inseln, etwas höher das Gebäude der 
katholischen Mission, auf der Höhe selbst das Haus 
des Stationsleiters und des Polizeimeisters, 
  
zwischen diesen die aus Buschmaterial hergestellte 
Kaserne der Polizeitruppe. 
Während der Gouverneur eine Inspektion der 
Station vornahm, begab ich mich mit dem bereits 
erwähnten Experten ins Landinnere, um für 
Pflanzungszwecke geeignetes Gelände auszusuchen. 
Auf breitem, gut ausgeschlagenem Wege kamen 
wir herunter zum Nabutu, der sich hier ins Meer 
ergießt und durch das Geröll, das er mit sich 
führt, den Hafen von Namatanai immer mehr 
versandet. Die Verbindung zwischen den beiden 
Ufern ist durch Herstellung eines breiten, rund 
1 km langen Steindammes geschaffen, der durch 
verschiedene mit Planken überbrückte Durchlässe 
unterbrochen wird. Der ganze Damm ist mit 
Hilfe von eingeborenen Arbeitern gebaut worden. 
Nach Überschreitung des Nabutu führt der Weg 
bergan in die Landschaft Po. Schon die üppigen 
Pflanzungen der Eingeborenen zeigen, daß der 
Boden fruchtbar und zu Pflanzungszwecken wohl- 
geeignet ist. Die Eingeborenen, mit denen wir 
in Berührung kamen, erklärten sich gerne bereit, 
in einer neu anzulegenden Pflanzung arbeiten zu 
wollen. Dies ist ja auch erklärlich. Braucht der 
Eingeborene dann doch nicht mehr über See; er 
kann seine Feiertage zu Hause verbringen, kann 
seine Angehörigen besuchen, kann ihre Feste mit 
ihnen feiern und erhält ebenso viel Lohn, wie 
wenn er außer Landes gegangen wäre. 
Am 25. Juli fuhren wir bei Sonnenaufgang 
zwischen Simberi und Tabar (den Vischer= und 
Gardner-Inselu) hindurch, die mit üppigem Walde 
bedeckt, sich bis zu 300 bis 400 m Höhe erheben. 
Die großen Palmbestände an der Küste weisen 
an sich auf eine starke Bevölkerung hin; leider 
ist sie nicht mehr vorhanden. Gegenseitige Fehden, 
die gar oft mit dem Untergange eines ganzen 
Stammes endeten, dann auch verschiedene Seuchen 
haben nur einen kleinen Rest des einstigen krie- 
gerischen Volkes übrig gelassen. Auf der Haupt- 
insel Tabar sind bereits kilometerlange Wege 
quer durch die Insel und am Strande entlang 
angelegt. Die geräumigen, mit einem seitlichen 
An= und einem Vorbau versehenen Hütten der Ein- 
geborenen machen einen sauberen Eindruck. Auch 
die Dorfplätze sind äußerst reinlich gehalten. Be- 
merkenswert war in fast allen Dörfern ein mit 
einer Mauer aus Korallenblöcken umgebener Platz, 
der durch dichte Sträucher gegen neugierige Augen 
geschützt und von mehreren hohen Bäumen über- 
schattet wird. In diesen abgegrenzten Plätzen, 
zu denen den Frauen der Zutritt verboten ist, 
werden die Totenfeste geseiert; oft befinden sich 
innerhalb dieser Plätze auch noch Versammlungs- 
häuser. Sie dienen verschiedenen Geheimgesell- 
schaften zur Abhaltung ihrer Feste, die in Tänzen 
mit Gesang und großem Schweineessen bestehen.
	        
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