Full text: Deutsches Kolonialblatt. XIX. Jahrgang, 1908. (19)

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Kampomündung bis zum Tschadsee (2500 km) 
ausgesandten gemeinschaftlichen Doppelexpeditionen 
kehrten im Frühjahr 1907 nach Europa zurück. 
Die Bearbeitung ihrer umfangreichen Ergebnisse 
war Ende 1907 abgeschlossen, so daß am 2. März 
1908 in Berlin eine gemischte Kommission zu- 
sammentreten konnte, deren Aufgabe es war, den 
beteiligten Regierungen auf Grund des vorliegen- 
den Kartenbildes der Grenzgebiete Vorschläge für 
eine anderweitige Regelung der im Vertrag von 
1894 geschaffenen Grenze zu unterbreiten. 
Der Rahmen für die Arbeiten dieser Kom- 
missionen war also von vornherein gegeben und 
feststehend. Es konnte sich bei denselben weder 
um eine großzügige Umgestaltung der vertraglich 
festgelegten Grenze, noch um die Anstrebung ein- 
seitigen Gewinnes zum Vorteile der einen Macht 
und zum Nachteil der andern handeln, sondern 
in erster Linie nur um eine Abänderung der im 
Vertrag von 1894 festgesetzten, meist künstlichen 
geradlinigen Grenzen unter möglichst umfang- 
reicher Benutzung der in der Nähe dieser Grenzen 
festgestellten Wasserläufe bei gleichzeitiger mög- 
lichster Wahrung der beiderseitigen Interessen- 
In zweiter Linie galt es, die Bestimmungen 
des § III des Anhanges des Vertrages von 1894 
zu erörtern und sie sinngemäß zur Anwendung 
zu bringen. Der genannte Paragraph lautet: 
Wenn sich auf Grund neuerer, gehörig ge- 
prüfter Beobachtungen herausstellen sollte, daß 
die Lage von Bania, Gaza oder Kunde 
irrig angenommen ist, und wenn infolge dessen 
die Grenze, wie sie durch das gegenwärtige 
Protokoll festgelegt ist, sich bezüglich eines dieser 
drei Punkte um mehr als 10“ westlich des 
15.57 ö. G. zurückschieben wird, so werden sich 
beide Regierungen ins Einvernehmen setzen, 
um zu einer Grenzberichtigung zu schreiten, 
durch welche Deutschland in dem fraglichen 
Gebiete eine gleichwertige Kompensation erhält. 
Eine gleiche Berichtigung würde behufs 
Zubilligung einer Kompensation an Frankreich 
einzutreten haben, wenn sich herausstellen sollte, 
daß der Schnittpunkt des 10.5- u. Br. mit dem 
Schari die Grenze um mehr als 10 Bogen- 
minuten östlich des auf der Karte bezeichneten 
Punktes verschiebt (17 10“ 5. Gr.). 
Dieser Paragraph war seinerzeit auf Antrag 
der deutschen Bevollmächtigten in den Vertrag 
aufgenommen worden, weil bei ihnen Zweifel 
an der Zuverlässigkeit der damaligen französischen 
Karten des Flußgebietes des Ssanga bestanden. 
Er sollte verhindern, daß, falls das Gebiet zwischen 
Kunde und dem Grenzpunkt 62“ westlich von 
Bania auf Grund späterer zuverlässiger astrono- 
mischer Längenbestimmungen eine erhebliche Ver- 
  
schiebung nach Westen erfahren würde, der deutsche 
Besitzstand westlich des 15. Meridians durch die 
Bestimmungen des Artikel 1 des Vertrages eine 
erhebliche Einbuße erfahren könnte. 
Nun haben die Beobachtungen der Grenz- 
expedition von 1906 ergeben, daß die Lage von 
Kunde sich gegen die Annahmen vom Jahre 1894 
um 28“, die von Gaza um 33°nach Westen ver- 
schiebt, während die Lage von Bania sich gegen 
die früheren Angaben nicht wesentlich geändert 
hat. Da mithin die Lage des Grenzpunktes bei 
Kunde 14° 31“, die des Punktes 43° westlich 
von Gaza auf 14° 27 feststand, trat der § III 
des Anhanges in Kraft, demzufolge Deutschland 
für den in dem durch den Grenzpunkt von Kunde 
und Gaza, sowie durch den 15. Meridian be- 
zeichneten Geländestück eingetretenen Territorial= 
verlust eine gleichwertige Kompensation zu fordern 
hatte. Das gleiche war für Frankreich hinsichtlich 
des äußersten östlichen deutschen Gebietes am 
Schari, soweit es als jenseits des 17° 10° 5. Gr. 
gelegen festgestellt war, der Fall. Hier hatte 
Frankreich von Deutschland eine Kompensation 
für den Miltubezirk zu verlangen. 
Auf seiten der französischen Unterhändler 
neigte man zu der Ansicht, daß diese Angelegen- 
heit unter Umständen durch einfache Aufgabe des 
bisherigen französischen Besitzstandes westlich des 
15. Meridianes bei Kunde erledigt werden könnte, 
bäw. durch Aufgabe des deutschen Miltugebietes. 
Da indessen das erstere Gebiet durch die lang- 
jährige Tätigkeit der in ihm und seiner Nach- 
barschaft gelegenen Faktoreien der Konzessions- 
gesellschaften als seines natürlichen Reichtums an 
Elfenbein und Kautschuk entäußert angesehen 
werden durfte, und da die Vertragsbestimmungen 
nicht eine Rückgabe, sondern die Gewähr einer 
Kompensation stipulierten, mußte letztere an einem 
anderen Teil der Grenzlinie gesucht werden. In 
der unmittelbaren Nähe des Kunde —Gazagebietes 
war eine Kompensation, wenn die Grenze sich 
hier nicht ganz unförmlich gestalten sollte, nicht 
zu finden. Auch war zu erwägen, daß, da die 
langgedehnte Grenze durch Länder von sehr ver- 
schiedenem wirtschaftlichen Wert führt, die Größe 
der zu gewährenden Landkompensation von dem 
jeweiligen Wert derselben abhängig zu machen 
war. Bei dem Kunde —Gazagebiet handelt es 
sich im allgemeinen um ein mit Galeriewäldern 
längs der Wasserläufe ausgestattetes, mäßig be- 
völkertes Savannengebiet, dessen wirtschaftliche 
Bedeutung eine andere ist als die der waldlosen, 
stellenweise aber gut bevölkerten Savannengebiete 
weiter im Norden und wieder eine andere als 
die der urwaldbestandenen, mehr oder weniger 
elfenbein= und kautschukreichen, aber fast menschen- 
leeren Regionen weiter im Süden. Die durch
	        
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