Full text: Deutsches Kolonialblatt. XIX. Jahrgang, 1908. (19)

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Überschreitungen des Stromes zu hindern. Um 
hier dauernd Ruhe und Ordnung zu schaffen und 
im Laufe verschiedener Menschenalter allmählich 
wieder eine dichtere Bevölkerung heranzuziehen, 
hätte es in diesem weitab von den Zentren der 
Verwaltung gelegenen Lande einer ganzen Reihe 
von Stationen und Militärposten und nebenbei 
auch der Einrichtung einer Dampferverbindung 
auf dem Schari bedurft, welche den Etat des 
Schutzgebietes auf lange Zeit hinaus schwer be- 
lastet haben würden. 
Unter diesen Umständen und weil Frankreich 
seinerseits für den östlich des 17° 10° Meridians 
entfallenden deutschen Teil dieses Gebietes mit 
dem Posten Miltu ohnehin eine Kompensation 
auf Grund des oben erwähnten § III des An- 
hanges des Vertrages von 1894 zu verlangen 
berechtigt und gewillt war, erschien es rätlich, 
wenigstens den am weitesten nach Osten zu ge- 
legenen, für die deutsche Verwaltung in Kusseri 
am schwierigsten zu überschauenden Teil des 
Scharigebietes gegen eine Gebietserweiterung von 
Kamerun östlich von Ngaundere, am oberen west- 
lichen Quellfluß des Logone, an Frankreich ab- 
zutreten. 
Betrachtet man das Ergebnis der Berliner 
g als Ganzes, so wird 
man die Überzeugung gewinnen, daß von beiden 
Regierungen Opfer gebracht sind und Opfer ge- 
bracht werden mußten, um zu dem vorliegenden 
Resultat zu gelangen. Die französischen Vertreter 
hätten es ausgesprochenermaßen am liebsten ge- 
sehen, wenn an den bestehenden Verhältnissen 
möglichst wenig geändert worden, und wenn die 
seit 1894 in Kraft gesetzte künstliche Grenzlinie 
aufrecht erhalten geblieben wäre, so daß das 
ganze Resultat der Verhandlungen sich auf eine 
durch den § III des Anhanges zum Vertrage von 
1894 bedingte Rückgabe der westlich vom 15. Me- 
ridian gelegenen Gebiete bei Kunde-Gaza an 
Deutschland und auf eine Auslieferung des Miltu- 
gebietes an Frankreich beschränkt haben würde. 
Eine solche einfache Regelung der Angelegenheit 
würde aber weder den §8 III und VII des Ver- 
tragsanhanges entsprochen, noch auch auf die Dauer 
zu für beide Mächte befriedigenden Grenzver- 
hältnissen geführt haben. Es ist daher erfreulich, 
daß trotz dieser prinzipiell abweichenden An- 
schauungen der französischen Unterhändler in dieser 
grundlegenden Frage die Verhandlungen durch- 
weg im Geiste gegenseitigen Entgegenkommens 
und möglichster Berücksichtigung der beiderseitigen 
Wünsche geführt werden konnten. An der Süd- 
grenze sind soweit als möglich natürliche Grenz-= 
linien gewonnen. Deutschland hat hier im linken 
Dschaufer eine leicht erkennbare, von den Ham- 
  
  
—“77 G. g. 
burger 
Grenze an einer fahrbaren Wasserstraße des Congo- 
beckens erworben, die ihm nach dieser Richtung 
den Anschluß an den Weltverkehr sichert. Am 
rechten Ssangaufer ist der deutsche Besitzstand von 
30 auf etwa 150 km Uferlänge gestiegen. Sache 
der Südkamerun-Interessenten wird es jetzt sein, 
den hier erworbenen neuen Besitz an Waldland 
im Wettbewerb mit den Vertretern der franzö- 
sischen Gesellschaften am Ssanga wirtschaftlich zu 
erschließen. 
Ein Erwerb des ganzen rechten Ssanga= und 
Kadeiufers nördlich von Bomassa für Deutschland 
war von vornherein ausgeschlossen, weil die Ekela- 
Kadei-Sanga-Konzessionsgesellschaft in der Region 
westlich von Nola ihr Hauptarbeitsfeld und durch 
Anlage von Kautschukpflanzungen und zahlreiche 
Faktoreien beträchtliche Privatinteressen geschaffen 
hat, welche die französische Regierung schützen mußte. 
Die Ansprüche Frankreichs auf Kunde und 
Binder waren nach dem Wortlaut des Vertrages 
von 1894 unanfechtbar; wollte Deutschland im 
Südosten Kameruns den uneingeschränkten Zutritt 
zu den Wasserstraßen des Dscha und Ssanga er- 
langen und dort nach den Wünschen der Ham- 
burger Interessenten und sehr gegen die Inten- 
tionen der französischen Konzessionsgesellschaften, 
welche jede etwaige Stärkung der deutschen Kon- 
kurrenz an dieser Stelle perhorreszierten, festen 
Juß fass sen, „o konnte dies nur mit Hilfe der ihm 
d g für das Kunde- 
IALLILAL n—n 
  
  
Gazagebiet geschehen. 
Nachdem sich die Kolonialverwaltung auf An- 
drängen und unter ausdrücklicher Billigung der 
interessierten Hamburger Kaufmannskreise dazu 
entschlossen hatte, die Verhandlungen in dem Sinne 
einer Abrundung des deutschen Besitzstandes in 
Südostkamerun und des Erwerbes von möglichst 
ausgedehnten Ufergrenzen in diesem. Gebiete zu 
führen, war nach der Vertragslage ein Erwerb 
von Kunde und Binder bei der großen Bedeutung, 
die vor allem letzterer Ort in den Augen der 
französischen Regierung für die Entwicklung ihrer 
Kolonialpläne in den Tschadseeländern hat, aus- 
geschlossen. Es blieb, nachdem die Wahl des 
Entschädigungsobjektes getroffen war, kein weiteres 
Tauschobjekt von genügendem Wert für Deutsch- 
land übrig, dessen Preisgabe Frankreich vielleicht 
hätte veranlassen können, noch in eine Aufgabe 
des einen oder andern der beiden genannten Ge- 
biete zu willigen. 
Die sonstigen vorgenommenen kleinen Grenz- 
änderungen hatten nur das Ziel, die politischen 
Scheidelinien möglichst mit natürlichen Grenzen 
in Einklang zu bringen und ihnen unter Wahrung 
der beiderseitigen Interessen eine den Verhältnissen 
besser angepaßte Gestaltung zu geben.
	        
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