Full text: Deutsches Kolonialblatt. XIX. Jahrgang, 1908. (19)

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Die Dammbrüche, die sozusagen zum Bau- 
programm gehörten, wurden stets in kürzester 
Zeit beseitigt; irgend welche Unfälle sind nicht 
vorgekommen. 
Eine Drogrammrede des Couverneurs. 
Am 28. März wurde in Windhuk die zweite 
Tagung des Gouvernementsrats für Deutsch- 
Südwestafrika eröffnet. Zur Einleitung hielt 
Gouverneur v. Schuckmann eine programmatische 
Ansprache, in der er nach dem Berichte der 
„Windhuker Nachrichten“ u. a. folgendes aus- 
führte: 
„Als nach jahrelangen aufopfernden Kämpfen 
zu Anfang v. Is. der Friede kam, war das 
Land in trostlosem Zustande. Deutscher Fleiß 
und deutsche Unternehmungslust haben dem 
Lande in Jahresfrist bereits ein anderes Aus- 
sehen gegeben, obwohl wir noch im vorigen 
August durch einen neuen Aufstand bedroht 
wurden und noch kürzlich in der Kalahari unter 
schweren Verlusten einen alten Feind durch eine 
Expedition niederwerfen mußten, die eine groß- 
artige militärische Leistung für alle Zeiten bleiben 
wird, deren heldenmütiger Führer, Hauptmann 
v. Erckert, unsere Bewunderung und unseren 
Dank für seine Umsicht und seine Tatkraft mit 
ins Grab genommen hat. 
Die Zeit nach dem Ausfstande ist noch zu 
kurz. Die Eingeborenen, denen wir die Hand 
zum Frieden gegeben, müssen sich erst beruhigen 
und an geordnete Verhältnisse gewöhnen. Dabei 
können wir zwar auf die treue Mitwirkung der 
Missionen rechnen. Wir bedürfen aber noch 
länger eines starken militärischen Schutzes. So- 
weit es möglich ist, dringt der Siedler vor; 
überall regen sich schaffende Hände, die Städte 
wachsen. Ansiedlungen und Farmen entstehen, 
die Schätze des Landes werden erforscht und die 
Entwicklung geht vorwärts. Pflicht der 
Regierung ist es, diese Entwicklung zu fördern 
und ihr die Wege zu ebnen. Sie find berufen, 
Ihren Rat dazu zu geben. 
Es muß unsere Aufgabe sein, dafür zu sorgen, 
daß das Land sich in einer gesunden Entwicklung 
befindet, wenn die Entschädigungsmillionen ver- 
braucht sind. Ich fürchte, es steht eine 
Krisis im wirtschaftlichen Leben bevor, 
da das Geld nicht mehr in solchen Mengen ins 
Land kommen kann und Absatzprodukte noch 
nicht in ausreichendem Maße vorhanden sind. 
Wir dürfen auch die Augen nicht verschließen, 
sondern wollen offen bekennen, daß nicht alles 
im Lande ist, wie es sein sollte. Wir müssen 
zu verhindern suchen, daß die Depression 
eine allzuscharfe wird. 
  
Diese Erwägungen und die schuldige Rücksicht 
auf das Vaterland, das so große Opfer für dies 
Land gebracht hat, mahnen uns zur größten 
Sparsamkeit. 
Wir werden daher die Ausgaben einschränken, 
die Einnahmen vermehren und nur das von der 
Heimat erbitten, was für die Entwicklung des 
Landes unbedingt erforderlich ist. Unser 
Streben muß stets bleiben, das Land aus 
eigenen Mitteln zu verwalten, und ich 
hoffe, das wird in nicht zu ferner Zeit gelingen, 
wenn die Entwicklung des Landes fortschreitet 
und Opferwilligkeit vorhanden ist, wenn der 
Satz „Hilf dir selbst“ allgemeine Losung wird. 
In welcher Weise die Regierung die Ausgaben 
beschränken will, werden Sie aus dem Etats- 
entwurf ersehen. 
Das Land ist keine Streusandbüchse, 
sondern es wird sich fähig zeigen, auch Steuern 
aufzubringen und Einnahmen für die Verwaltung 
zu schaffen. 
Ihrer Begutachtung werden daher der Ent- 
wurf einer Grundsteuer, Umsatzsteuer, Bier- 
steuer und für Erhöhung einige Zoll- 
positionen vorgelegt werden. 
Wenn wir die Entwicklung des Landes 
fördern wollen, so müssen wir uns fragen: 
Worin bestehen die werteschaffenden Kräfte 
des Landes? Mit Freude begrüßen wir die 
Anfänge der Industrie, Wagenbau, Lederver- 
arbeitung, Brauereien, Sandsteinwerke. Aber, 
meine Herren, wie in dem übrigen Südafrika 
wird sich die Industrie in gleicher Weise nur 
langsam zu einem großen Umfange entwickeln 
können. Wie dort so wird auch bei uns die 
Ausfuhr, die uns Werte bringen soll, noch lange 
auf der Erzeugung landwirtschaftlicher 
Produkte und auf der Ausbeutung der Schätze 
des Bodens beruhen. 
Somit wurzelt das Wohl des Landes in 
erster Linie in dem Gedeihen des Farmers, in 
zweiter Linie in der Entwicklung des Bergbaues. 
Der Farmer und Siedler muß in Menge Vieh, 
Wolle, Tabak, Weintrauben für Rosinen und 
gewisse Fruchtsorten, die verschifft werden können, 
produzieren. Dazu müssen wir die Wege ebnen 
durch Einführung von Zuchtvieh, Sorge 
für Veterinärwesen, Wassererschließung 
und durch Schaffung von Absatzmöglich- 
keiten. 
Es besteht hier kein Gegensatz zwischen Stadt 
und Land. übertragen Sie diese zu Hause 
geschaffenen künstlichen Gegensätze nicht hierher, 
wo sie nicht hingehören. Das Auffinden der 
Schätze des Bodens wird nach jeder Richtung 
gefördert werden, dem Handel und Verkehr wird 
jede Bewegungsfreiheit, jede mögliche Erleichterung
	        
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