W624 20
Station St. Gabriel besuchte ich die Dörfer
Ualun und Mogara. Die letztere Ortschaft war
vor anderthalb Jahren aus Anlaß der Straf-
expedition für die Ermordung des Händlers
Schlehahn in St. Gabriel niedergebrannt
worden. Die damalige Züchtigung scheint völlig
verschmerzt zu sein. Die Heäuptlinge Pollau
und Bangela waren zugegen, die Leute nicht
besonders zurückhaltend.
Am nächsten Tage durchfuhr der „Seestern“
die gut fahrbare Straße zwischen den beiden
Dover-Inseln und der Südostspitze der Hauptinsel,
auf welcher das Dorf Mbunai liegt. Massa-
wal und Batussi wurden als zwei an kleine
Inseln angelehnte Pfahlbaudörfer auf einer aus-
gedehnten Riffplatte sichtbar. ährend der
„Seestern“ langsam die Riffkante entlang fuhr,
sah man die Eingeborenen auf Kanus sich und
ihre bewegliche Habe nach der Hauptinsel in
Sicherheit bringen. Da die Boote immer noch
länger als eine Stunde zu rudern hatten, war
nicht mehr daran zu denken, Bewohner aus
einem der beiden Dörfer zu überraschen. Die
beiden Dörfer waren verlassen und völlig aus-
geräumt. An der Mündung eines schmalen
Süßwasserbaches gegenüber Batussi wurden einige
bewaffnete Eingeborene aufgescheucht und eine
Strecke weit in den Busch verfolgt. Auf der
weiteren Verfolgung gab die Polizeitruppe wieder-
holt Feuer, doch, wie ich glaube, ohne Schaden
anzurichten. Batussi wurde niedergebrannt.
Massawal ließ ich dagegen unversehrt, um nicht
die Bewohner zu einer neuerlichen Verlegung
ihres Wohnsitzes zu veranlassen.
Am 14. November nahm der „Seestern“
Kurs nach der Nordwestküste der Insel Lambutjo
(Jesu Maria-Insel). Unter Benutzung der vor
Wochenfrist angestellten Erkundungen gelang es,
bei dem Dorfe Lenkou eine Bootseinfahrt nach
der Lagune zu finden, in welcher das am
6. November zerstörte Pfahldorf Balamot liegt.
Von den damals gefangen genommenen zehn
Männern ließ ich drei mit der Weisung frei, sie
möchten ihren Landsleuten wiederholt die Auf-
forderung zur Herausgabe der Feuerwaffen über-
bringen. Einer davon kam zurück und brachte
abermals die Antwort, die Gewehre seien zu
weit weg. Inzwischen waren die Verstecke der
Kanus ausfindig gemacht. Meiner vorher über-
sandten Androhung entsprechend ließ ich die
Hochseekanus, zum Teil stattliche Fahrzeuge mit
überdachter Plattform, zerstören. ·
Weitere Erkundigungen ergaben zwar die
Möglichkeit, daß wir am nächsten Tage die ihrer
Fahrzeuge beraubten Balamot-Leute vielleicht aus
ihren Verstecken aufgescheucht hätten. Von einem
derartigen Vorgehen glaubte ich jedoch absehen
zu sollen, da nicht zu erhoffen war, daß dadurch
die Herausgabe der Feuerwaffen erzwungen
worden wäre. Dieser Zweck läßt sich wohl eher
erreichen, wenn mit Hilfe der sieben gefangen
genommenen Männer bei der nächsten „Seestern“-
Reise friedliche Beziehungen angeknüpft werden.
Die geschilderten neuerlichen Unternehmungen
in den Admiralitätsinseln dürften ebensowenig
wie die seit 1900 fast alljährlich dorthin aus-
geführten kriegerischen und friedlichen Expeditionen
zu einer dauernden Sicherung des Landfriedens
beigetragen haben. Ordnung und Friede kann
in der Inselgruppe nur durch Errichtung einer
mit einer Pinasse ausgestatteten Polizeistation
geschaffen werden. Einer näheren Prüfung wert
erscheint mir die Frage, ob diese Station statt —
wie bisher vorgesehen — in der Nordlagune,
nicht an der dicht bevölkerten Südküste der
Hauptinsel anzulegen wäre.
r* r
1*
Die nächsten Tage waren einem Besuch der
St. Matthias-(Musau-)Gruppe gewidmet. Am
15. November ankerte der „Seestern“ vor der
kleinen unbewohnten Insel, welche einmal vorüber-
gehend eine Handelsstation trug und auf welcher
der von Eingeborenen ermordete Forscher Menke
beerdigt ist. Für das Anwerbegeschäft stand
weiterhin eine seit Jahren in Herbertshöhe arbei-
tende St. Matthias-Eingeborene als Dolmetscherin
zur Verfügung. Nachdem durch deren Vermitt-
lung die Scheu der in primitive Knanus langsam
herannahenden Eingeborenen überwunden war,
schickte ich den Polizeimeister nach dem südlichen
Teil der Gruppe, in dem die Insel Enowut
liegt, der Heimatort unserer Dolmetscherin. Unter-
dessen segelte ich nach der Hauptinsel auf den
Platz zu, an welchem seinerzeit die Menkesche
Expedition überfallen wurde. Dem Winken von
Eingeborenen folgend, landete ich zunächst auf
einer kleinen der Hauptinsel vorliegenden Riffinsel.
Im Schutze eines Korallenfelsens standen dort
einige niedere Hütten, vor welchen eine größere
Anzahl von Männern versammelt war.
Von der Insel aus war ein größeres Dorf
oder besser gesagt eine Anzahl nahe bei einander
liegender Gehöfte auf der Hauptinsel sichtbar.
Ich segelte dorthin und wurde dabei von einigen
Kanus begleitet. Die Anwesenheit meiner Frau,
vielleicht der ersten weißen Frau, welche den
Leuten zu Gesicht kam, schien ihnen Vertrauen in
den friedlichen Charakter des Besuchs einzuflößen.
Die Besatzung eines Kanus gab einen nicht un-
schönen mehrstimmigen Gesang zum besten. Als
wir von dem am Meere liegenden Teil des