Full text: Deutsches Kolonialblatt. XIX. Jahrgang, 1908. (19)

W V727 20 
Staatssekretär des Reichs-Kolonialamts die Beob- 
achtung gemacht, daß die rein europäische Rasse 
nich: nur prozentual, sondern auch numerisch 
zurückgeht und an ihre Stelle ein lebensfähiges 
Mischlingselement tritt. Auch eine Europäer- 
niederlassung in den Hochländern von Britisch- 
Ostafrika bei Nairobi scheint nach den Reise- 
beobachtungen des Herrn Staatssekretärs in der 
Lauptsache mißglückt zu sein. Und diese Beobach- 
lung findet in einem Berichte des welterfahrenen 
englischen Unterstaatssekretärs der Kolonien, Mr. 
Churchill, der ebenfalls diese Gegenden besucht 
hat, ihre Bestätigung; er schreibt: 
„Ich glaube, es wäre ein großer Fehler, wenn wir 
versuchen wollten, durch künstliche Mittel die Auswan- 
derung nach diesen Gegenden zu vermehren. Es ist — 
selbst für die besten Teile von #Aquatorial-Afrika — 
nicht erwiesen, daß der weiße Mann zehn bis zwölf 
ahre dort leben kann, ohne in seinen Nerven und 
bhysischen Kräften herunterzukommen. Noch weniger 
' es erwiesen, daß er seine Kinder aufziehen und 
ibnen seine Arl für mehrere Jahre bewahren kann, 
ohne daß eine fühlbare Verschlechterung einträte. So- 
lange aber, als diese Dinge nicht erwiesen sind, muß 
die letzte Form der Entwicklung jener Länder — ich 
üüge nicht ihr Wert, denn der steht außer Zweifel — 
eine dußerst unsichere bleiben.“) 
Ich habe im vorhergehenden die Frage, wie 
man zweckmäßig leben soll, um eine Akklimatisation 
in den Tropen zu begünstigen, absichtlich beiseite 
gelassen. Diese Fragen sind in letzter Zeit häu- 
sger in Fachblättern und allgemeinen Zeitschriften 
erortert worden, ganz besonders ist der Alkohol 
als ein die Akklimatisation des Europäers in den 
beißen Ländern erschwerender Faktor wiederholt 
bezeichnet worden. Nur auf einen sonst wenig 
besprochenen Punkt möchte ich noch kurz eingehen, 
das ist die Kleidung. In unserer Heimat 
schen wir uns vor den Unbilden der Kälte 
durch eine warme Kleidung. Auch in den Tropen 
“ Vggl. „D. Kol. Bl.= 1008 Nr. 3, S. 127. 
  
können wir unserem Körper die Arbeit durch eine 
entsprechende leichte luftdurchlässige Kleidung, 
welche die Verdunstung des Schweißes begünstigt 
und uns vor der direkten Sonnenstrahlung schützt, 
ganz wesentlich erleichtern. Wenn wir aber immer 
mehr, wie es in letzter Zeit geschah, europäische 
Gesellschaftssitten mit gestärkter Wäsche und ent- 
sprechender Damentoilette in unseren Schutzgebieten 
einführen, erschweren wir die Temperaturregulie- 
rung unseres Körpers in unliebsamer Weise. Der 
einzelne kann gegen eine solche Sitte schwer an- 
gehen, aber zweifellos wäre die Einführung einer 
die tropischen Verhältnisse berücksichtigenden salon- 
fähigen Kleidung eine große Wohltat. Vielleicht 
findet diese Frage der Kleidung in Zukunft eine 
Lösung durch die Einführung mit trockener Luft 
künstlich abgekühlter Wohnräume. Solche Projekte 
schweben gegenwärtig in der Luft, und ich halte 
es nicht für ausgeschlossen, daß mit dem Gelingen 
dieser Pläne auch die ganze Frage der Akklima- 
tisation des Europäers in den Tropen eine große 
Umwälzung erfahren würde. 
Zur Zeit scheint mir das Wort, daß Afrika 
mit den Köpfen der weißen Rasse, aber 
mit den Armen der Eingeborenen entwickelt 
werden soll, noch seine Richtigkeit zu haben. 
Zum Schluß moöchte ich meine Ansichten in 
den folgenden zwei Sätzen zusammenfassen: 
1. In dem tropischen Niederungsklima, 
und zwar auch in malariafreien Gebieten, 
ist eine vollkommene Akklimatisation für uns 
Deutsche nicht möglich. Vielmehr ist für 
die in solchem Klima lebenden Europäer zur 
Erhaltung der Gesundheit und Spannkraft 
eine zeitweise Erholung in der Heimat un- 
erläßlich. 
2. Die Frage einer vollkommenen Akklimatisation 
in den tropischen Hochländern ist noch 
nicht genügend geklärt. 
  
Nachrichten aus den deutschen Schutzgebieten. 
(Abdruck der Nachrichten vollständig oder tellweise mu#r mit Quellenangabe gestauet.) 
Deutsch-Südwestafrika. 
Der Uordosten des Schutzgeblets 
ist vom Gouverneur jüngst auf einer längeren 
Reise (7. Mai bis 1. Juni) besucht worden. Der 
Gouverneur berichtet darüber, wie folgt: 
„Von Okahandja ging die Fahrt nach Water- 
derg, von Waterberg über Otjivarongo nach Outjio, 
don dort über Okaukwejo die Etoscha entlang 
nach Namutoni und Tsumeb, von Tsumeb nach 
Grootfontein und von da (mit der Bahn) wieder 
nach Windhuk. 
Im allgemeinen kann ich nur sagen, daß ich 
über die Güte des Landes als Weideland in 
hohem Grade befriedigt bin. Wo die Hereros 
Zehntausende von Rindern gehalten haben, wird 
es auch uns gelingen, Viehzucht in großem Maß- 
stabe zu betreiben. Wasser wird sich überall in
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.