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Staatssekretär des Reichs-Kolonialamts die Beob-
achtung gemacht, daß die rein europäische Rasse
nich: nur prozentual, sondern auch numerisch
zurückgeht und an ihre Stelle ein lebensfähiges
Mischlingselement tritt. Auch eine Europäer-
niederlassung in den Hochländern von Britisch-
Ostafrika bei Nairobi scheint nach den Reise-
beobachtungen des Herrn Staatssekretärs in der
Lauptsache mißglückt zu sein. Und diese Beobach-
lung findet in einem Berichte des welterfahrenen
englischen Unterstaatssekretärs der Kolonien, Mr.
Churchill, der ebenfalls diese Gegenden besucht
hat, ihre Bestätigung; er schreibt:
„Ich glaube, es wäre ein großer Fehler, wenn wir
versuchen wollten, durch künstliche Mittel die Auswan-
derung nach diesen Gegenden zu vermehren. Es ist —
selbst für die besten Teile von #Aquatorial-Afrika —
nicht erwiesen, daß der weiße Mann zehn bis zwölf
ahre dort leben kann, ohne in seinen Nerven und
bhysischen Kräften herunterzukommen. Noch weniger
' es erwiesen, daß er seine Kinder aufziehen und
ibnen seine Arl für mehrere Jahre bewahren kann,
ohne daß eine fühlbare Verschlechterung einträte. So-
lange aber, als diese Dinge nicht erwiesen sind, muß
die letzte Form der Entwicklung jener Länder — ich
üüge nicht ihr Wert, denn der steht außer Zweifel —
eine dußerst unsichere bleiben.“)
Ich habe im vorhergehenden die Frage, wie
man zweckmäßig leben soll, um eine Akklimatisation
in den Tropen zu begünstigen, absichtlich beiseite
gelassen. Diese Fragen sind in letzter Zeit häu-
sger in Fachblättern und allgemeinen Zeitschriften
erortert worden, ganz besonders ist der Alkohol
als ein die Akklimatisation des Europäers in den
beißen Ländern erschwerender Faktor wiederholt
bezeichnet worden. Nur auf einen sonst wenig
besprochenen Punkt möchte ich noch kurz eingehen,
das ist die Kleidung. In unserer Heimat
schen wir uns vor den Unbilden der Kälte
durch eine warme Kleidung. Auch in den Tropen
“ Vggl. „D. Kol. Bl.= 1008 Nr. 3, S. 127.
können wir unserem Körper die Arbeit durch eine
entsprechende leichte luftdurchlässige Kleidung,
welche die Verdunstung des Schweißes begünstigt
und uns vor der direkten Sonnenstrahlung schützt,
ganz wesentlich erleichtern. Wenn wir aber immer
mehr, wie es in letzter Zeit geschah, europäische
Gesellschaftssitten mit gestärkter Wäsche und ent-
sprechender Damentoilette in unseren Schutzgebieten
einführen, erschweren wir die Temperaturregulie-
rung unseres Körpers in unliebsamer Weise. Der
einzelne kann gegen eine solche Sitte schwer an-
gehen, aber zweifellos wäre die Einführung einer
die tropischen Verhältnisse berücksichtigenden salon-
fähigen Kleidung eine große Wohltat. Vielleicht
findet diese Frage der Kleidung in Zukunft eine
Lösung durch die Einführung mit trockener Luft
künstlich abgekühlter Wohnräume. Solche Projekte
schweben gegenwärtig in der Luft, und ich halte
es nicht für ausgeschlossen, daß mit dem Gelingen
dieser Pläne auch die ganze Frage der Akklima-
tisation des Europäers in den Tropen eine große
Umwälzung erfahren würde.
Zur Zeit scheint mir das Wort, daß Afrika
mit den Köpfen der weißen Rasse, aber
mit den Armen der Eingeborenen entwickelt
werden soll, noch seine Richtigkeit zu haben.
Zum Schluß moöchte ich meine Ansichten in
den folgenden zwei Sätzen zusammenfassen:
1. In dem tropischen Niederungsklima,
und zwar auch in malariafreien Gebieten,
ist eine vollkommene Akklimatisation für uns
Deutsche nicht möglich. Vielmehr ist für
die in solchem Klima lebenden Europäer zur
Erhaltung der Gesundheit und Spannkraft
eine zeitweise Erholung in der Heimat un-
erläßlich.
2. Die Frage einer vollkommenen Akklimatisation
in den tropischen Hochländern ist noch
nicht genügend geklärt.
Nachrichten aus den deutschen Schutzgebieten.
(Abdruck der Nachrichten vollständig oder tellweise mu#r mit Quellenangabe gestauet.)
Deutsch-Südwestafrika.
Der Uordosten des Schutzgeblets
ist vom Gouverneur jüngst auf einer längeren
Reise (7. Mai bis 1. Juni) besucht worden. Der
Gouverneur berichtet darüber, wie folgt:
„Von Okahandja ging die Fahrt nach Water-
derg, von Waterberg über Otjivarongo nach Outjio,
don dort über Okaukwejo die Etoscha entlang
nach Namutoni und Tsumeb, von Tsumeb nach
Grootfontein und von da (mit der Bahn) wieder
nach Windhuk.
Im allgemeinen kann ich nur sagen, daß ich
über die Güte des Landes als Weideland in
hohem Grade befriedigt bin. Wo die Hereros
Zehntausende von Rindern gehalten haben, wird
es auch uns gelingen, Viehzucht in großem Maß-
stabe zu betreiben. Wasser wird sich überall in