Full text: Deutsches Kolonialblatt. XX. Jahrgang, 1909. (20)

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Die ausgedehntesten Bananenpflanzungen hat die 
Insel Jamaika; der Staat Costa Rica steht ihr 
wenig nach; in beiden Ländern werden je etwa 
20 000 Acres der Bananenkultur gewidmet sein. 
Der Ausfuhrhandel der zentralamerikanischen 
Banane ist von wenigen Gesellschaften mono- 
polisiert, die gleichzeitig den größten Teil des 
Anbaugebietes in Händen haben und es teils 
selbst bewirtschaften, teils es verpachteten. Her- 
vorragend ist unter ihnen insbesondere die United 
Fruit Co., die über den Hafen Limön fast 
restlos den ganzen Export des Staates Costa Rica 
besorgt, den Bananenpflanzern des Staates, 
darunter einer, allerdings im Rückgang begriffenen 
Anzahl Deutscher, als einziger Abnehmer gegen- 
übersteht und demgemäß auch den Preis bestimmt, 
der aber auskömmlich bemessen zu sein scheint. 
Eine Hauptklage ist die, daß für Früchte, welche 
die United Fruit Co. nicht abnehmen kann oder 
will, schon mangels Transportmitteln, vor allem 
zur See, kein Absatz vorhanden ist. Auch aus 
den übrigen Bananengebieten Zentralamerikas 
bezieht die United Fruit Co. beträchtliche Quan- 
titären Bananen, die ihr zum Teil durch 
deutsche Schiffahrtsgesellschaften kontraktlich zuge- 
führt werden. 
Die günstigen Verhältnisse, welche Nicaragua 
für den Bananenbau darbietet, haben die 
Interessenten für die Erweiterung der Banan- 
zucht auf dieses Land hingewiesen, zumal die 
Costa Ricabanane im Durchschnitt mit dem 
Wachstum der Anbaufläche in Costa Rica an 
Qualität abgenommen hat und die Ausfuhr aus 
Jamaika und Cuba unter den häufigen Ver- 
wüstungen, die Orkane dort anrichten, leidet und 
unstet gemacht ist. Der Landstrich Nicaraguas 
zwischen dem caraibischen Meer und der Wasser- 
scheide eignet sich nach Lage und Klima ganz 
vorzüglich für den Bananenbau. Neben tropischer 
Temperatur fehlen reichliche Niederschläge nicht; 
schiffbare Flüsse bieten gute Transportgelegen- 
heiten, die sich durch ein Kanalnetz leicht erweitern 
lassen und gleichzeitig Entwässerung und Be- 
wässerung der ganzen Niederung gestatten. Die 
Mündungen dieser Flüsse: des Coco im Norden 
an der Grenze von Honduras, des Pruizipolka, 
des Rio Granda, Kuringwaß, Rama und des 
Abflusses des Nicaraguasees, sind zwar alle ver- 
sandet, können aber durch billige Baggerarbeit 
leicht zu guten Häfen ausgebaut werden. Nord- 
amerikanischer Unternehmungsgeist hat nunmehr 
die Gunst der Verhältnisse benutzt und eine von 
der United Fruit Co. unabhängige jüngere Ge- 
sellschaft, die Central American Growers 
and Transportation Co., welche mit einem 
Grundkapital von 1 000 000 5 bei einer baren 
Einzahlung von 160 000 3 gegründet wurde, 
  
hat die Zukunft des Bananenbaus in Nicaragua 
zu einem großen Teil in Händen. Daneben ist 
noch genügend Raum für andere gleichartige 
Unternehmungen. Der genannten Gesellschaft 
ist es gelungen, für ihre Zwecke durch äußerst 
günstige Abmachungen mit der Regierung des 
Staates Nicaragua zu sorgen. Sie hat in dem 
oben beschriebenen Gebiet 30 000 Acres Land in 
Besitz nehmen können und mit dem Ausbau des 
diesem vorgelagerten Hafens Pearl Lagoon sowie 
mit dem Bau der Werftanlagen und Eisenbahnen 
bereits begonnen. Nach der Fertigstellung dieser 
Anlagen wird Pearl Lagoon zweifellos der 
Hauptstapelplatz für die Bananenausfuhr des 
Staates werden und den jetzigen Ausfuhrhafen 
Bluefield weit überflügeln. Es ist auch anzu- 
nehmen, daß andere kapitalkräftige Unternehmungen 
unter ähnlichen günstigen Bedingungen wie die 
Central American Growers and Transportation Co. 
sich niederlassen werden. Die Rentabilität des 
letztgenannten Unternehmens scheint außer Zweifel 
zu sein und wird zur Nachahmung reizen. Eine 
Überschlagrechnung für eine heute schon im Be- 
trieb befindliche Bananenpflanzung der Gesellschaft 
am Kuringwaßfluß, 4000 Aecres umfassend, stellt 
sich wie folgt: 
Der Durchschnittspreis, der im Großhandel 
für Bananen bezahlt wird, ist 2,05 & für 
100 Pfund beziehungsweise 1,23 3 für ein erst- 
klassiges Fruchtbündel, 0,73 3 für ein zweit- 
klassiges und 0,65 & für drittklassiges. Zieht 
man hiervon eine Risikoprämie von 20 v. H. für 
eventuelles Fallen der Preise ab, so ergeben sich 
nach Verlauf von 14 Monaten nach der ersten 
Anpflanzung in drei Jahren an jährlichen Ein- 
nahmen bei einer wöchentlichen Ernte von 
20 000 Bündeln für 416 000 Bündel der ersten 
Ernte 371 700 3, für 624 000 Bündel der 
zweiten Ernte 548700 FW und für 1440000 Bündel 
der dritten Ernte 920 400 &, zusammen für die 
drei Jahre 1 840 800 Ak. Demgegenüber stehen 
an Ausgaben vom ersten Spatenstich bis zur 
Ablieferung der Frucht in Baltimore für Ver- 
messung, Bearbeitung und Bepflanzung des 
Landes 50 &l pro Acre = 200 000 3 für das 
erste Jahr; ferner für Instandhaltung und 
Bewirtschaftung der Pflanzung im zweiten und 
dritten Jahr je 10 8 pro Acre — 80000 8; 
für Transporte im ersten Jahre 111814 8, im 
zweiten Jahr 165 059 &, im dritten Jahr 
276 874 &. Es ergibt sich sonach ein Einnahme- 
überschuß von rund 1 000 000 B5 in drei Jahren, 
wobei Auslagen für Provisionen und sonstige 
Unkosten sowie für Verluste auf dem Transport 
schon bei Berechnung der Transportkosten in 
Abzug gebracht sind. Das sind verlockende Aus- 
sichten. Freilich wird man damit rechnen müssen
	        
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