Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXVI. Jahrgang, 1915. (26)

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aufzuwiegeln und die ihres eigenen Gebietes für 
sich zu gewinnen, davon gibt ein Aufruf Kunde, 
den der sogenannte Sultan von Sansibar an den 
von Mombassa gerichtet hat und der wie folgt lautet: 
England hat es niemals an der Achtung vor dem 
Jslam fehlen lassen. Wir warnen dich aber vor den 
Lügen der Deutschen und erinnern dich an ihre 
Missctaten von früher. ihre Grausamkeiten. ihre 
Entweihungen und ihre Mißachtung der bürgerlichen 
und religiösen Rechte bis zu dem Maße, daß sie in 
die Moscheen eindrangen, ohne ihre Schuhe auszuziehen. 
um das Selbstgefühl der Mohammedaner tödlich zu 
kränken. Ihr verbrecherischer Ehrgeiz hat sie so weit 
verleitet, sich des Landes von Maranuem zu bemächtigen, 
wo sie ihren Grausamkeiten freien Lauf lioßen, indem 
sic die Araber aufhingen und sich ihres Eigentums 
bemächtigten. Das beweist, daß die deutsche Re- 
gierung roh ist, unkultiviert und wild, und daß 
sic dic Mohammedaner verlacht und sie mißachtet. 
Jetzt sucht sie auch dich durch ihre Lügen zu täuschen 
und durch ihre Trugkunststücke Euren Beistand zu er- 
halten. . . . Seid aber überzeugt, daß die Deutschen 
auf dem Punkte stehen, vernichtet zu werden. England, 
Frankreich. Rußland und Japan mit ihren Millionen 
von Soldaten und ihren Priegsschiffen werden ihre 
Streitkräfte auseinanderjagen. Bleibt also fest in 
Eurer Freundschaft für England und laßt Euch nicht 
durch die Tatsache wankend machen, daß die Türken 
am Kriege teilnehmen. Wir haben aus Konstantinopel 
selbst erfahren, daß das türkische Volk seinen alten 
Freund England nicht bekriegen will. Die Deutschen 
baben nur mit Gewalt die Türken mit in den 
NKampf gezogen, da sie das Osmanische Reich zer- 
stören und die heiligen Stätten des Jslam zertrümmern 
wollen. Auch die Meldung, schließt der Sultan, daß 
der Deutsche Kaiser zum Islam übergetreten sei. sei 
falsch. Das sei nur eine teuflische Machenschaft der 
von den Deutschen und ihrem „barbarischen Kaiser“ 
gekauften Intriganten. Denn dieser sei in Wirklichkeit 
der größte Feind des Islam und der Mohammedaner. 
Dieser von dem Scheinsultan von Sansibar 
im Auftrage seiner englischen Vorgesetzten ver- 
saßte Aufruf bleibt ein Schlag ins Wasser. Die 
Mohammedaner Deutsch-Ostafrikas sind längst 
über die wahre Sachlage unterrichtet. Sie wissen, 
daß der Heilige Krieg allen Moslem gegen Eng- 
land und dessen Verbündete anbefohlen ist. In- 
solgedessen haben sie uns gegenüber von Anbeginn 
an eine in jeder Hinsicht loyale Haltung gezeigt. 
Hierüber gibt eine Stelle aus einem Briefe 
Auskunft, der von einem Missionar der Weißen 
Bäter vor einiger Zeit nach Deutschland gelangt 
ist. Sie lautet: 
Eins darf ich nicht unerwähnt lassen, näm- 
lich die vorbildliche Haltung der Eingeborenen 
mohammedanischen Glaubens. Die Kunde 
von der Verkündigung des „Heiligen Krieges“ 
gegen unsere Feinde ist ihnen bekannt ge- 
worden, was bei allen eine unbeschreibliche 
Begeisterung erweckte. Mit todesmutiger Trenue 
und Anhänglichkeit stehen sie zu uns. In 
großen Scharen eilen sie aus allen Bezirken 
herbei, um sich unseren Militärbehörden zum 
  
Kampfe gegen den gemeinsamen Feind zur 
Verfügung zu stellen. Ein vorzügliches, wohl- 
dissipliniertes Hilfskorps schufen die Unsern 
aus diesen Massen. Dadurch wurde unsere 
wackere Schutztruppe erheblich verstärkt. Wir 
alle sind des Glaubens, daß es dem Feind 
nicht gelingen wird, ins Innere unserer Kolonie 
einzudringen. Und sollte ihm dies trotzdem 
einmal glücken, so wird er es nicht nur mit 
unserer Schutztruppe, sondern auch mit den 
großen Massen der uns treugesinnten Ein- 
geborenen, besonders der Mohammedaner, zu 
tun haben, die sich alle mit geringen Aus- 
nahmen gegen ihn erheben und ihn aus dem 
Lande jagen würden. Verschiedene Beispiele 
haben dies schon gezeigt, wie von Eingebo- 
renen berichtet wurde. So im Bukobalande, 
wo die Engländer einmal eindringen konnten, 
aber bei den Eingeborenen unter Führung 
einiger deutscher Ansiedler, durch dichten Busch 
und Urwälder in der Verteidigung begünstigt, 
so zähen Widerstand fanden, daß sie unter 
erheblichen Verlusten über die Grenze zurück- 
gehen mußten, zumal noch deutsche Askari- 
Abteilungen eintrafen. Und solche Beispiele 
wären noch verschiedene anzuführen. 
Daß sich unter den Eingeborenen auch Ele- 
mente befinden, die gegen entsprechende Beloh- 
nung Verrat üben und dem Feinde Spionendienste 
leisten, ist nicht weiter wunderbar. Man scheint 
aber in Deutsch-Ostafrika auf diese Leute ein 
wachsames Auge zu haben und es zu verstehen, 
sie möglichst unschädlich zu machen. So heißt es 
in einer Mitteilung über einen solchen Fall: 
Unserer Polizei ist es gelungen, schon wieder 
englische Spione unschädlich zu machen. Seit 
längerer Zeit fahndete sie auf einen gewissen 
Munihadji aus Mlingotini, der verschiedentlich 
Nachrichten von der Küste nach Sansibar über- 
bracht haben soll. Gegen Mitte September 
gelang es endlich, den Spion zu fassen, als er 
gerade von Sansibar kommend an der Küste 
im Bezirk Bagamojo landen wollte. Er wurde 
zum Tode verurteilt und am 4. Oktober in 
Bagamojo durch den Strang hingerichtet. Seine 
Begleiter erhielten Freiheitsstrafen. 
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Wir wissen längst, was England zum Kriege 
gegen uns getrieben hat. Auch für seine schon 
lange vor Ausbruch des gegenwärtigen Weltkrieges 
vorbereiteten Angriffspläne auf unsere 
Kolonien haben wir schon reichliches Beweis- 
material in Händen. Für seine Absichten auf 
Deutsch-Ostafrika liegt jetzt weiteres Material vor, 
und zwar in Gestalt eines auf dem Schlachtfelde 
von Tanga erbeuteten Orientierungsheftes, be-
	        
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