490
Sprache, wie das französische im Elsaß, nicht auch pädagogisch ver-
werthen lassen wird. Wenn nur das Selbstbestimmungsrecht der
Gemeinden nicht allzu stark eingeengt wird, so wird sich das not-
wendige und nützliche bald von dem unnatürlichen und erzwungenen
auf dem Gebiete des Unterrichts abscheiden.
Das beste, was die Elsässer durch ihre Verbindung mit Deutsch-
land wieder gewinnen, und was ihnen eine neue durch die Fran-
zosen fast völlig erstickte Welt wiedereröffnen wird, knüpft unmittelbar
an die große Epoche ihrer Culturgeschichte an, an das treffliche
Schulwesen der Reformation, welches in den deutschen Gymnasien
und Universitäten die natürliche Entwickelung erfahren, während es
in den Lyceen, Seminarien und Fakultäten der Franzosen sich kaum
auf jener Höhe zu erhalten vermechte, welche es zur Zeit Jakobs
und Johannes Sturms einnahm.
Schon der Anzahl nach waren die Lyceen oder Gymnasien im
Elsaß gänzlich ungenügend. In diesem dichtbevölkerten Lande fand
sich nur eines in Straßburg und eines in Colmar. Da alle fran-
zösischen Lyceen zugleich Pensionate nach militärischem Zuschnitt find,
und auch alle dieselben übeln Eigenschaften entwickeln,, welche man
in Cadettenhäusern bemerkt, so darf man sagen, daß jener allgemein
verbreitete Geist höherer Bildung, den man in den früheren Epochen
gerade im Elsaß gefunden hat, von den Franzosen in bösester Weise
unterdrückt worden ist. Statt einer gründlichen classischen Bildung
hatte man den meist von Franzosen geleiteten Anstalten des Elsaß
recht eigentlich die Aufgabe gestellt, der Jugend die Berührungs-
punkte mit deutscher Wissenschaft abzuschneiden. Während man zu-
weilen in Frankreich den Anlauf nahm, die deutsche Sprache in den
Lyceen zu cultiviren, ist im Elsaß, nach dem übereinstimmenden
Urtheile ven Sachkennern, gerade diesem Lehrgegenstande nicht ein-
mal jene Aufmerksamkeit geschenkt worden, welche er unter den
wirklichen Franzosen finden durfte. Im übrigen trat in den beiden
Lyceen zu Straßburg und Colmar, wie in allen französischen Gym-
nasien möglichst frühzeitig die Theilung des Unterrichts nach mathema-