Full text: Reichs-Gesetzblatt. 1876. (10)

— 107 — 
Ist die Handlung aus Fahrlässigkeit begangen, so tritt Gefängnißstrafe 
oder Festungshaft bis zu Einem Jahre oder Gefängniß bis zu neunhundert 
Mark ein. 
§. 346. 
Ein Beamter, welcher vermöge seines Amtes bei Ausübung der Straf- 
gewalt oder bei Vollstreckung der Strafe mitzuwirken hat, wird mit Zuchthaus 
bis zu fünf Jahren bestraft, wenn er in der Absicht, Jemand der gesetzlichen 
Strafe rechtswidrig zu entziehen, die Verfolgung einer strafbaren Handlung 
unterläßt, oder eine Handlung begeht, welche geeignet ist eine Freisprechung oder 
eine dem Gesetze nicht entsprechende Bestrafung zu bewirken, oder die Vollstreckung 
der ausgesprochenen Strafe nicht betreibt, oder eine gelindere als die erkannte 
Strafe zur Vollstreckung bringt. 
Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Gefängnißstrafe nicht unter 
Einem Monat ein. 
§. 347. 
Ein Beamter, welcher einen Gefangenen, dessen Beaufsichtigung, Beglei- 
tung oder Bewachung ihm anvertraut ist, vorsätzlich entweichen läßt oder dessen 
Befreiung vorsätzlich bewirkt oder befördert, wird mit Zuchthaus bis zu fünf 
Jahren bestraft. Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Gefängnißstrafe 
nicht unter Einem Monat ein. 
Ist die Entweichung durch Fahrlässigkeit befördert oder erleichtert worden, 
so tritt Gefängnißstrafe bis zu sechs Monaten oder Geldstrafe bis zu sechshundert 
Mark ein. 
§. 348. 
Ein Beamter, welcher, zur Aufnahme öffentlicher Urkunden befugt inner- 
halb seiner Zuständigkeit vorsätzlich eine rechtlich erhebliche Thatsache falsch  beur- 
kundet oder in öffentliche Register oder Bücher falsch einträgt, wird mit Gefäng- 
niß nicht unter Einem Monat bestraft. 
Dieselbe Strafe trifft einen Beamten, welcher eine ihm amtlich anvertraute 
oder zugängliche Urkunde vorsätzlich vernichtet, bei Seite schafft, beschädigt oder 
verfälscht. 
§. 349. 
Wird eine der im §. 348 bezeichneten Handlungen in der Absicht begangen, 
sich oder einem Anderen einen Vermögensvortheil zu verschaffen oder einem 
Anderen Schaden zuzufügen, so ist auf Zuchthaus bis zu zehn Jahren und 
zugleich auf Geldstrafe von einhundertfünfzig bis zu dretausend Mark zu er- 
kennen. · 
§.350. 
Ein Beamter, welcher Gelder oder andere Sachen, die er in amtlicher 
Eigenschaft empfangen oder in Gewahrsam hat, unterschlägt, wird mit Gefängniß 
18·
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.