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Reichs-Gesetzblatt.
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Inhalt: Gesetz, betreffend den Wucher. S. 109. — Bekanntmachung, betreffend Abänderung der Sätze
der badischen Uebergangsabgabe und Steuerrückvergütung für Branntwein. S. 112.
(Nr. 1375.) Gesetz, betreffend den Wucher. Vom 24. Mai 1880.
Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König
von Preußen 2c.
verordnen im Namen des Reichs, nach erfolgter Zustimmung des Bundesraths
und des Reichstags, was folgt:
Artikel 1.
Hinter den §F. 302 des Strafgesetzbuchs für das Deutsche Reich werden
die folgenden neuen I§. 302 a, 302 b, 302c, 302d eingestellt:
S. 302.
Wer unter Ausbeutung der Nothlage, des Leichtsinns oder der
Unerfahrenheit eines Anderen für ein Darlehen oder im Falle der
Stundung einer Geldforderung sich oder einem Dritten Vermögens-
vortheile versprechen oder gewähren läßt, welche den üblichen Zinsfuß
dergestalt überschreiten, daß nach den Umständen des Falles die Ver-
mögensvortheile in auffälligem Mißverhältnisse zu der Leistung stehen,
wird wegen Wuchers mit Gefängniß bis zu sechs Monaten und Lgleich
mit Geldstrafe bis zu dreitausend Mark bestraft. Auch kann auf Verlust
der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden.
S. 302b.
Wer sich oder einem Dritten die wucherlichen Vermögensvor-
theile (S. 302 a) verschleiert oder wechselmäßig oder unter Verpfändung
der Ehre, auf Ehrenwort, eidlich oder unter ähnlichen Versicherungen
oder Betheuerungen versprechen läßt, wird mit Gefängniß bis zu Einem
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Ausgegeben zu Berlin den 31. Mai 1880.