552 II. 9. Die Karlsbader Beschlüsse.
Leute“ und gab sich vertrauensvoll den Ratschlägen des Osterreichers
hin, der schon in Aachen so trefflichen Rat gegeben hatte. Metternich
verstand das glühende Eisen zu schmieden. Für Preußen, so beteuerte
er, sei jetzt der Tag der Entscheidung gekommen zwischen dem Prinzip
der Erhaltung und dem politischen Tode; in Preußen habe die große
Verschwörung ihren Ursprung und ihren Sitz, bis in die Reihen der
höchsten Beamten reiche sie hinauf; doch könne noch alles gerettet werden,
wenn die Krone sich entschließe, ihrem Staate keine Volksvertretung in dem
modernen demokratischen Sinne zu geben, sondern sich mit Ständen zu
begnügen. Zugleich legte er eine Denkschrift vor, welche die Gedanken
seines Aachener Memoires nochmals aussprach.“) Die Zustimmung des
Königs zu diesen Vorschlägen verstand sich fast von selbst, da Hardenbergs
Verfassungspläne selbst immer nur eine Vertretung der drei Stände, nicht
eine Repräsentation des Volks als einer ungeschiedenen Masse bezweckt hatten.
Auf Befehl des Monarchen hielten nunmehr Hardenberg, Bernstorff
und Wittgenstein mit dem Osterreicher vertrauliche Beratungen. Der
Staatskanzler legte dem Wiener Freunde seinen Verfassungsentwurf
vor und fand dessen vollkommene Billigung.““) Am 1. August unter-
zeichneten sodann Hardenberg und Metternich eine, unverkennbar von letz-
terem verfaßte, Punktation über die gemeinsamen Grundsätze der Bun-
despolitik der beiden Großmächte.*) Die Verabredung sollte auf ewige
Zeiten geheim bleiben, wegen „der Vorurteile, welche von vielen deutschen
Regierungen gegen die engere, so heilsame Vereinigung der beiden Höfe“
gehegt würden. Die Vertragschließenden erinnerten zunächst an den ver-
fassungsmäßigen Zweck des durch Europa garantierten Deutschen Bundes
und erklärten sodann (Art. II), daß sie als europäische Mächte berufen
seien über dem politischen Dasein des Bundes zu wachen, als deutsche
Bundesstaaten aber verpflichtet für die Befestigung der Bundesverfassung
zu sorgen. Daher dürften im Innern des Bundes keine mit seiner Existenz
unvereinbaren Grundsätze angewendet, alle Beschlüsse des Bundestages
müßten als Gesetze des Bundes unverbrüchlich ausgeführt werden. Der
Artikel der Bundesakte, welcher dem Bunde die Sorge für die innere
Sicherheit Deutschlands auferlegte und unzweifelhaft nur bestimmt war
der Gefahr des Landfriedensbruchs vorzubeugen, erhielt also eine ganz
neue, völlig willkürliche Auslegung: er sollte dazu dienen auch die innern
Verhältnisse der Bundesstaaten einer gleichmäßigen Regel zu unterwerfen.
*) Diese Denkschrift ist vielleicht identisch mit einem späterhin zu Troppau dem
Grafen Bernstorff übergebenen österreichischen Promemoria, das P. Bailleu in der Histor.
Zeitschr. 50, 190 (1883) veröffentlicht hat. S. Beilage VIII.
*“.) Hardenbergs Bericht an den König, 16. Aug. 1819. Vgl. Beilage VIII.
*P#) Punktation über die Grundsätze, nach welchen die Höfe von OÖsterreich und
Preußen in den inneren Angelegenheiten des Deutschen Bundes zu verfahren entschlossen
sind. Teplitz 1. August 1819. S. Beilage III.