148 III. 3. Troppau und Laibach.
Königin zu einer erdrückenden Anklage wider ihren Gemahl, der in der
Einsamkeit des Parks von Windsor seinen Grimm und seine Schande
verbergen mußte. Im November fiel endlich die Entscheidung; nur mit
neun Stimmen Mehrheit sprachen sich die Lords für die Trennung der
königlichen Ehe aus. Der König gab sein Spiel verloren, er ließ die
Bill zurückziehen, weil sie nunmehr im Hause der Gemeinen unmöglich
durchgehen konnte.
Einen monarchischen Staat hätte eine solche Entehrung der Krone
bis in seine Grundfesten zerrüttet. Der gewaltige Bau dieser parlamen-
tarischen Aristokratie blieb unerschüttert, denn sein Schwerpunkt lag
nicht mehr bei der Krone. Der Proceß der Königin Karoline setzte nur
das Siegel unter die längst vollzogene Vernichtung der alten unabhängigen
monarchischen Gewalt und bekundete vor aller Welt, daß der König von
England kaum noch die Macht eines venetianischen Dogen besaß. Für
die Herrschaft der Torys aber ward diese Niederlage verhängnißvoll. Sie
hatten einst die Nation mit hartnäckigem Muthe zum Kampfe gegen das
napoleonische Weltreich geführt; doch seitdem war die Zeit über sie hinweg-
geschritten, alle ihre früheren Verdienste verschwanden neben der völlig
unfruchtbaren, gedankenlosen Politik der letzten fünf Jahre. Der allgemeine
Unwille über das System der Erstarrung steigerte sich jetzt bis zur Ver-
achtung; die verhaßte Regierung hielt sich nur noch aufrecht, weil vorderhand
Niemand bereit war ihre traurige Erbschaft anzutreten. Die seit Langem
entmuthigten und zerstreuten Wighs begannen wieder zu erstarken und
sammelten sich in der Stille um das Programm der Parlamentsreform.
In solcher Lage durfte Castlereagh nicht mehr wagen seinen reaktionären
Herzensneigungen die Zügel schießen zu lassen und der europäischen Politik
seines Freundes Metternich ohne Vorbehalt zu folgen. Erschüttert durch
innere Kämpfe sahen die beiden constitutionellen Westmächte den Revolu-
tionen des Südens gleich rathlos zu. —
Die moderne Wissenschaft sucht die Größe der Monarchie nicht mehr,
wie die politische Doktrin des Alterthums, in der persönlichen Ueberlegenheit
eines gottgesendeten Herrschergeschlechts, sondern in der Selbständigkeit
einer auf eigenem Rechte ruhenden und darum unparteiischen, der socialen
Begehrlichkeit entrückten Staatsgewalt. Für das Gefühl der Völker aber
gewinnen die politischen Institutionen nur durch die handelnden Menschen
Sinn und Leben. Eine so schmachvolle Selbstentwürdigung des König-
thums, wie sie dies Geschlecht gleichzeitig in Spanien, Italien und England
erlebte, mußte in weiten Kreisen die monarchische Gesinnung untergraben.
Solchen Fürsten gegenüber erschienen die Lehren der Legitimität wie ein
grausamer Spott; und da die Völker stets über den Leiden der Gegenwart
die schweren Nöthe der Vergangenheit zu vergessen pflegen, so wendeten
sich bereits viele Blicke sehnsüchtig rückwärts nach jenem Gewaltigen, der
einst die legitimen Fürstenhäuser so unvergeßlich gedemüthigt hatte. Ganz