Das Laibacher Manifest. 191
dankt dem Himmel, daß er der Macht des Kaisers von Rußland in seinem
Herzen und in seinen Grundsätzen ein Gegengewicht gegeben hat.“,)
In einer hochtönenden Erklärung verkündeten die Ostmächte beim
Schlusse des Congresses (12. Mai) die Ergebnisse ihrer Bemühungen:
der Plan des allgemeinen Umsturzes sei gescheitert an den verbündeten
Heeren, welche den unterdrückten Völkern zu Hilfe gekommen. „Die Vor-
sehung hat so schuldige Gewissen mit Schrecken geschlagen, und die Miß-
billigung der Völker, deren Loos die Urheber der Unruhen gefährdeten,
hat ihnen die Waffen aus der Hand fallen lassen.“ Ein begleitendes
Rundschreiben an die kleinen Höfe versicherte sodann, daß die drei Mächte
auch die griechische Revolution nach denselben Grundsätzen wie die italienische
beurtheilten, und erklärte nochmals alle durch Aufruhr bewirkten Reformen
für null und nichtig. Um jeden Zweifel zu zerstreuen, ließ der Czar
noch eine besondere Circulardepesche an seine Gesandtschaften ergehen,
worin feierlich betheuert wurde, daß Rußland sich auch der Pforte
gegenüber streng an die Regeln des Völkerrechts halten werde und kein
anderes Ziel verfolge, als die Erhaltung der allgemeinen Ruhe. Auch der
Berliner Hof schloß sich dem Laibacher Manifeste ohne Widerspruch an.
Seine Fügsamkeit erschien vor der Welt sogar noch unbedingter als sie
war; denn von Bernstorff's kluger Zurückhaltung erfuhr man nichts,
dagegen trat Geh. Rath Kamptz eben jetzt öffentlich als Anwalt der neuen
Wiener Völkerrechtslehren auf. In einer „Völkerrechtlichen Erörterung",
deren fanatischer Ton die Liberalen empören mußte, behauptete er kurz-
weg: das Recht der Intervention sei für die Staatengesellschaft ebenso
nothwendig und wohlthätig wie die Polizei für den einzelnen Staat;
sobald ein Staat sich durch die Verfassung des Nachbarlandes in seiner
Sicherheit bedroht glaube, stehe ihm ohne Weiteres die Befugniß zum
Einschreiten zu; nur „die Faktionärs“, die mit ihrer revolutionären Propa-
ganda die Ordnung aller Staaten gefährdeten, wagten dies unbestreit-
bare Recht in Frage zu stellen. Zur Begründung seiner rohen Doktrin
berief sich Kamptz sogar auf die wiederholten Eingriffe Frankreichs und
Schwedens in die alte deutsche Reichsverfassung. So schienen denn die
Ostmächte gänzlich für die Absichten der Hofburg gewonnen. Metternich's
Triumph war vollständig. Er stand auf der Höhe seines Ruhmes, und
zum Lohne für die Sorge, die er in diesen zwei Jahren „dem Siege des
Rechts über das leidenschaftliche Treiben der Friedensstörer“ gewidmet
habe, verlieh ihm sein dankbarer Kaiser noch in Laibach die Würde eines
Hof= und Staatskanzlers.
Die Vertreter der Westmächte hatten die Laibacher Erklärung nicht
unterzeichnet, jedoch sie wagten auch nicht öffentlich zu widersprechen. Lord
*) Krusemark's Bericht, 15. Mai; Protocoll des Congresses vom 26. Februar;
Ancillon, Ministerialschreiben an Krusemark, 28. Mai 1821.