Full text: Deutsche Geschichte im 19. Jahrhundert. Dritter Teil. Bis zur Juli-Revolution. (26)

Das Laibacher Manifest. 191 
dankt dem Himmel, daß er der Macht des Kaisers von Rußland in seinem 
Herzen und in seinen Grundsätzen ein Gegengewicht gegeben hat.“,) 
In einer hochtönenden Erklärung verkündeten die Ostmächte beim 
Schlusse des Congresses (12. Mai) die Ergebnisse ihrer Bemühungen: 
der Plan des allgemeinen Umsturzes sei gescheitert an den verbündeten 
Heeren, welche den unterdrückten Völkern zu Hilfe gekommen. „Die Vor- 
sehung hat so schuldige Gewissen mit Schrecken geschlagen, und die Miß- 
billigung der Völker, deren Loos die Urheber der Unruhen gefährdeten, 
hat ihnen die Waffen aus der Hand fallen lassen.“ Ein begleitendes 
Rundschreiben an die kleinen Höfe versicherte sodann, daß die drei Mächte 
auch die griechische Revolution nach denselben Grundsätzen wie die italienische 
beurtheilten, und erklärte nochmals alle durch Aufruhr bewirkten Reformen 
für null und nichtig. Um jeden Zweifel zu zerstreuen, ließ der Czar 
noch eine besondere Circulardepesche an seine Gesandtschaften ergehen, 
worin feierlich betheuert wurde, daß Rußland sich auch der Pforte 
gegenüber streng an die Regeln des Völkerrechts halten werde und kein 
anderes Ziel verfolge, als die Erhaltung der allgemeinen Ruhe. Auch der 
Berliner Hof schloß sich dem Laibacher Manifeste ohne Widerspruch an. 
Seine Fügsamkeit erschien vor der Welt sogar noch unbedingter als sie 
war; denn von Bernstorff's kluger Zurückhaltung erfuhr man nichts, 
dagegen trat Geh. Rath Kamptz eben jetzt öffentlich als Anwalt der neuen 
Wiener Völkerrechtslehren auf. In einer „Völkerrechtlichen Erörterung", 
deren fanatischer Ton die Liberalen empören mußte, behauptete er kurz- 
weg: das Recht der Intervention sei für die Staatengesellschaft ebenso 
nothwendig und wohlthätig wie die Polizei für den einzelnen Staat; 
sobald ein Staat sich durch die Verfassung des Nachbarlandes in seiner 
Sicherheit bedroht glaube, stehe ihm ohne Weiteres die Befugniß zum 
Einschreiten zu; nur „die Faktionärs“, die mit ihrer revolutionären Propa- 
ganda die Ordnung aller Staaten gefährdeten, wagten dies unbestreit- 
bare Recht in Frage zu stellen. Zur Begründung seiner rohen Doktrin 
berief sich Kamptz sogar auf die wiederholten Eingriffe Frankreichs und 
Schwedens in die alte deutsche Reichsverfassung. So schienen denn die 
Ostmächte gänzlich für die Absichten der Hofburg gewonnen. Metternich's 
Triumph war vollständig. Er stand auf der Höhe seines Ruhmes, und 
zum Lohne für die Sorge, die er in diesen zwei Jahren „dem Siege des 
Rechts über das leidenschaftliche Treiben der Friedensstörer“ gewidmet 
habe, verlieh ihm sein dankbarer Kaiser noch in Laibach die Würde eines 
Hof= und Staatskanzlers. 
Die Vertreter der Westmächte hatten die Laibacher Erklärung nicht 
unterzeichnet, jedoch sie wagten auch nicht öffentlich zu widersprechen. Lord 
  
*) Krusemark's Bericht, 15. Mai; Protocoll des Congresses vom 26. Februar; 
Ancillon, Ministerialschreiben an Krusemark, 28. Mai 1821.
	        
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