Die Staatsschuldscheine. 73
im Jahre 1827 nicht genau festgestellt, da Hannover, Braunschweig und
namentlich der geizige Kurfürst von Hessen bei den Unterhandlungen
immer neue Schwierigkeiten erhoben.
In solcher Lage mußte die Krone darauf bestehen, daß ihr noch
einige Jahre lang für die Ausgabe neuer Staatsschuldscheine die Hände
frei blieben, wenn die Regelung des Schuldenwesens nicht ins Unab—
sehbare vertagt werden sollte; und hierin lag auch der Grund, warum
Hardenberg die Berathung im Plenum des Staatsraths so ängstlich zu
vermeiden strebte. In Nationen von starkem Staatsgefühl und gereifter
volkswirthschaftlicher Einsicht wird der öffentliche Credit durch die rückhalt-
lose Aufrichtigkeit der Schuldenverwaltung am besten gesichert; dies Volk
aber, das an seinen neu erstehenden Staat noch nicht recht glaubte und
jedem abenteuerlichen Gerüchte sein Ohr lieh, konnte die ganze Wahr-
heit noch nicht ertragen. Die volle Hälfte der Staatsschuldscheine noch
nicht ausgegeben! — wenn diese unerhörte Nachricht durch die Verhand-
lungen des Staatsraths auf den Markt hinausgedrungen wäre, dann hätte
unzweifelhaft ein panischer Schrecken die Geschäftswelt ergriffen, die Kurse
unaufhaltsam gedrückt und das ganze Reformwerk vereitelt. Tiefe Ver-
schwiegenheit war vorderhand unerläßlich, und nachdem man sich einmal
an die Heimlichkeit gewöhnt hatte, verblieb man leider auch dabei als
sie längst nicht mehr nöthig war. Der Nationalökonom Leopold Krug,
der einst den Freiherrn vom Stein zur Gründung des statistischen Bureaus
veranlaßt hatte und jetzt unter Hoffmann's Leitung in dieser Behörde
thätig war, konnte noch im Jahre 1824 die Erlaubniß zum Drucke seiner
Geschichte der preußischen Staatsschulden nicht erlangen. Erst zehn Jahre
später, 1834, wagte die Staatsschuldenverwaltung zum ersten male einen
Auszug aus ihrem Verwaltungsberichte zu veröffentlichen.
Für die also ermittelte Schuldenmasse leistete der Staat die Gewähr
mit seinem gesammten Vermögen, insbesondere mit den Domänen und
Forsten. Auch für die Verzinsung der Schuld sowie für die Ausgaben
des Tilgungsfonds, dem der König jährlich ein Procent der gegen-
wärtigen Schuldensumme zuwies, wurden zunächst die Einkünfte aus den
Domänen und Forsten, der Erlös der Domänenverkäufe und, soweit
nöthig, der Ertrag des Salzverkaufes bestimmt. Die Finanzverwaltung
ging jedoch mit der Veräußerung der Domänen sehr behutsam vor, obwohl
die herrschenden volkswirthschaftlichen Theorien allen Staatsgrundbesitz
verwarfen. Sie wußte wohl zu würdigen, welche Erleichterung dem so
schwer besteuerten Volke aus dem reichen Grundvermögen der Monarchie
erwuchs, und veräußerte in der Regel nur kleine Parzellen, welche vom
Staate unverhältnißmäßig theuer verwaltet wurden, beim Verkaufe aber,
wegen des starken Wettbewerbes, hohe Preise erzielten. Solche Ver-
käufe und Rentenablösung brachten in den Jahren 1821—27 mehr als
13½ Mill. Thlr., einen jährlichen Zinsengewinn von 354,000 Thlr.; und