Full text: Deutsche Geschichte im 19. Jahrhundert. Fünfter Teil. Bis zur März-Revolution. (28)

Absetzungen. B. Bauer. Nauwerck. 233 
theologischen Fakultäten des Staates Gutachten erstatten, die er sofort 
veröffentlichte. Der Entlassene aber stiftete alsbald in Berlin mit seinem 
Bruder Edgar und einigen anderen Wortführern der souveränen Kritik 
einen Bund „der Freien“, der durch seine bodenlose Frechheit, seine 
Lästerungen, Zoten und Unflätereien selbst den Ekel des radikalen Ruge 
erregte. Gleichwohl wurde Bauer in allen Zeitungen als edler Dulder 
gepriesen. 
Leider konnte der König selbst in seiner nervösen Reizbarkeit die 
akademische Freiheit am wenigsten ertragen; er hatte sich ganz nach eigenem 
Ermessen eine Grenze vorgezeichnet, welche das freie Wort nicht über— 
schreiten sollte. Im Nov. 1843 schrieb er an Thile: „Lösen Sie mir das 
Rätsel, wie der p. Nauwerck, ein bekannter patentierter Revolutionär hier 
an der Universität Privatdozent geworden ist, und wie man ihm den 
Ich bin tief betrübt über diesen entsetzlichen Mißgriff, der den 
werdenden guten Geist der Studenten wieder sehr ernst gefährdet. Es 
muß endlich in meinem Geist verfahren werden. Revolutionäre dürfen 
in Preußen keine Freistätte unter den Fittichen der Regierung finden.“*) 
Nauwerck war ein gewöhnlicher radikaler Schwätzer, der mit Mühe ein 
mittelmäßiges Buch über die Geschichte des Bundestags zu stande 
brachte. Seine sofort gedruckte Antrittsvorlesung über die Teilnahme 
am Staat enthielt nicht viel mehr als Gemeinplätze, und wenn man dies 
dürftige Lichtlein ruhig brennen ließ, so wäre es wohl bald von selbst 
erloschen. Diesmal wagte Eichhorn, der solche Aufwallungen des Monar- 
chen schon oft beschwichtigt hatte, nicht zu widerstehen; Nauwerck mußte 
den Lehrstuhl verlassen und erlangte für einige Zeit einen ganz unver- 
dienten Ruhm. 
Weit härter noch bestrafte sich die Entlassung Hoffmanns von Fallers- 
leben in Breslau. Wer kannte ihn nicht, den frohmutigen fahrenden 
Sänger, der überall mit dabei war, wo man auf fremde Kosten Wein 
trinken konnte? Die Zeche zahlte er doch redlich; denn alles jubelte ihm 
zu, wenn der Recke mit kräftiger Stimme seine heiteren, wohlgereimten 
Gesellschaftslieder bald singend, bald deklamierend vortrug. Ein tüchtiger 
Germanist, deutsch durch und durch bis zur Ungerechtigkeit gegen alles 
Fremde, kannte er namentlich unser Volkslied aus dem Grunde und verstand 
sehr geschickt, scheinbar kunstlos seine eigenen Gedichte alten volksbeliebten 
Texten und Melodien einzufügen. Solche mutwillig über den Strang schla- 
gende Wildfänge kann ein großer Staat unter der Masse seiner Beamten 
noch am leichtesten ertragen, und von dem kunstsinnigen Könige ließ sich 
wohl einige Nachsicht erwarten für den weinseligen Poeten, der neben vielen 
leichten, mit der Lust des Zechens verwehenden Liedern dem deutschen 
  
*) König Friedrich Wilbelm an Thile, 30. Nov. 1843.
	        
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