Full text: Deutsche Geschichte im 19. Jahrhundert. Fünfter Teil. Bis zur März-Revolution. (28)

Verfassungsentwurf der Generalsynode. 369 
Goßner jammerte: die neue Lehrverpflichtung reiße die Mauern der Kirche 
nieder, so daß die Ungläubigen in Haufen eindringen könnten. Die 
liberale Presse andererseits zeigte sich gleichgültig oder hämisch, und im 
deutschen Auslande, wo die preußische Union längst in schlimmem Rufe 
stand, war der Göttinger Lücke fast der einzige namhafte Theolog, der sich 
warm für das Werk der Synode aussprach. Zuletzt blieb alles liegen; 
der König wollte die vertagte Generalsynode weder abermals einberufen 
noch mit einem abweisenden Bescheide auflösen. 
Von allen Institutionen des Verfassungsentwurfs trat nur eine einzige 
ins Leben: das Oberkonsistorium; denn dies sollte ja, nach den gehei— 
men Absichten des Monarchen, das Seitenstück werden zu der geplanten 
Konferenz der katholischen Bischöfe. So vereinzelt, so losgelöst von den 
synodalen Institutionen, erschien die neue oberste Kirchenbehörde nur wie 
eine Verstärkung des alten Konsistorialsystems, von dem man sich doch 
gerade befreien wollte, und wurde daher selbst von den gemäßigten Parteien 
sogleich als eine hierarchische Macht angefeindet. Im Februar 1848 trat sie 
zusammen, und nachdem sie eine einzige Sitzung abgehalten, war sie schon 
von den Wellen der Revolution hinweggespült. Also mißriet dem Könige 
alles; auch die Ruhigen konnten sich der bangen Ahnung nicht mehr er- 
wehren, daß ein Gewitter die schwüle Luft dieser Tage reinigen müsse. — 
  
v. Treitschke, Deutsche Geschichte V. 24
	        
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