Full text: Friedrich der Vorläufige, die Zietz und die Anderen.

hätte sie auch Kraut und Rüben nennen können. Oie Ver- 
handlungen darüber sind nach Berlin verlegt worden. Dort 
wird die anscheinende oder scheinbare Regierungekrise (der 
siamesische Drilling der regierenden Mehrbeit hat nur noch 
zwei Köpfe, und die fletschen die Zähne widereinander) zu 
vollem Auebruch kommen oder, wie une scheint, durch irgend- 
ein Kompromiß beendet werden, da augendlicklich die Roten 
ohne die Schwarzen und die Schwarzen ohne die Roten poli- 
tisch nicht leben können. 
In Weimar ist eine kleine Verlegenheitssitzung dafür ein- 
geschoben worden. Das Haus versagt, wie üblich, in der heu- 
tie, Beratung die Strafverfolgung einiger seiner souveränen 
Mitglieder, darunter des unabhängigen Abgeordneten Geper-- 
Sachsen, der durch Rötigung, unterstützt von Pöbelmassen, 
die Freilassung des russischen Staatsangehörigen und bolsche- 
wistischen Aufrührers Zakob Schleifstein in Leipzig Ende 
April erzwungen hat. Auch noch vier andere Abgeordnete, 
die dieses oder jenes Gericht liebend gerne haben möchte, 
werden durch den parlamentarischen Königsmantel gedeckt 
und der Gerechtigkeit nicht überantwortet. Nur wenn die 
Schergen zu Hindenburg und Ludendorff und Tirpitz kommen 
oder den Skagerraksieger, Admiral Scheer, aus seinem Wei- 
marer Ruhesitz zerren wollen, um diese und andere Führer 
der Nation an England auszuliefern, hat das Parlament nichts 
dagegen. Der Rest der kurzen Sitzung wird von Wahlprü#- 
fungen ausgefüllt. Mitten während der Debatte darüber, 
ob die Abstimmung in einem Kreise, in dem 58 000 Wähler 
durch Spartakisten am Wählen verhindert wurden, gültig 
oder ungültig oder noch reparabel sei, bezweifelt das Zentrum 
die Beschlußfähigkeit des Hauses. Es ist allenfalls ein gutes 
Schock souveräner Oeutscher im Saal, mehr nicht, und man 
geht nervös schon um 12 Uhr mittages auseinander: die Grund- 
rechte, das geht sedermann im Kopfe herum. 
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