Full text: Das Interregnum.

—- 9 — 
ein Vikariatsrecht bei Thronerledigung wenigstens in den sächsischen 
Landen zugestanden habe.!) 
Die inneren Gründe, aus denen die Vikariatsrechte gerade den 
beiden genannten Fürsten allmählich zufielen, sind noch nicht auf- 
gehellt. Ein Zusammenhang mit dem Reichsvikariate des Pfalzgrafen 
bei Abwesenheit des Königs ist ausgeschlossen; denn der Pfalzgraf 
hatte gerade hierauf ein Recht nur in beschränktem Umfange.?) Der 
Schwabenspiegel 3) gründet das Recht des Pfälzers auf die Vergebung 
der Reichslehen im Interregnum auf sein Richteramt über den König.®) 
Bei der Unsicherheit, in der wir uns zur Zeit noch darüber befinden, 
ob das Richteramt des Pfalzgrafen über den König, soweit es über 
die Entscheidung von Streitigkeiten um Reichsgüter hinausging 5), nur 
in der Theorie der Rechtsbücher bestanden habe oder wirklich Rechtens 
gewesen sei), werden wir der vom Schwabenspiegel angenommenen 
Begründung nicht ohne Weiteres folgen dürfen. Jedenfalls steht die 
Entwicklung des Vikariats, wie das Richteramt des Pfalzgrafen, sofern 
dies bestand, in engem Zusammenhange mit der Ausbildung pfalz- 
gräflicher Spezialrechte überhaupt, die gerade zur Zeit der Rechts- 
spiegel und durch sie gefördert sich vollzog. 
Was das Vikariatsrecht des Herzogs von Sachsen anlangt, so 
ist nicht ausgeschlossen, dass es mit dem Besitze der sächsischen 
Pfalzgrafschaft in Verbindung steht.”) 
Durch die goldene Bulle ist endlich das Reichsvikariat im Inter- 
regnum zum bleibenden Rechtsinstitute gemacht worden, insofern 
nunmehr dem Pfalzgrafen bei Rhein und dem Herzog von Sachsen 
die Reichsregierung während der Thronvakanz in die Hände gegeben 
wird. Damit ist für eine rechtliche Betrachtung des Zwischenreichs 
der erste sichere Grund gelegt. 
  
1) Vielleicht bezieht sich darauf auch ein Ausdruck bei Nicolaus Minorita 
(Boeumer, Fontes IV. S. 602), wo gesagt wird, der Papst handle, wenn er das 
Vikariat über Deutschland in Anspruch nehme, „in praeiudicium dicti comitis 
Palentini et aliorum fidelium imperii prelibati.“ 
2) SCHRÖDER 8.&. 0. S.467;; vgl. bes. Kurkes oben S.27, Note1 erwähnte Schrift. 
3) Lehnr. Lassb. c. 147. vgl. Landr. Lassb. 121c. 
4) Vgl. Ssp. III, 52,3; Schwsp. Lassb. 121 cc. 124. 128. 130c.; Lehnr. Lassb. 41 c. 
Weitere Citate bei Kurgea.a.0. S. 51. 
5) Reichsweisthum von 1274 (MG. LL. II. 399). 
6) Vgl. Weizsäcker 8.a.0.; R. Lönne in der Zeitschr. für die ges. Straf- 
rechtswissensch. VII. S. 674f.; SCHRÖDER 8. &.0. S. 465. 
1) SCHRÖDER 8.&. 0. S. 467 zu Note 85, S. 485 zu Note 68; EıcHHoRn 8.8.0. 
IL S. 369. III. 8.70. — Diese Ansicht ist schon in der älteren Litteratur häufig 
ausgesprochen worden; vgl. OLENSCHLAGER 8.8.0. S. 152f.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.