Full text: Deutschland unter Kaiser Wilhelm II. Erster Band. (1)

  
114 Finanzen und Steuern. II. Buch. 
  
Vermögenszuwachssteuer und trifft wie der Wehrbeitrag Vermögen allerart. Ver- 
mögen bis 20 O00 M. und Zuwachse bis 10 000 M. einschließlich bleiben steuerfrei. 
Die Steuer beginnt mit 0,75 und erreicht bei einem Zuwachs von mehr als 1 Mill. M. 
1,50% ; dazu tritt ein nach der Größe des Vermögensbesitzes abgestufter Zuschlag 
von 0,1—1 v. H. Auf dem Wege der Zuwachssteuer ist nun auch die vielumstrittene 
Besteuerung der Erbschaftsanfälle an Abkömmlinge erreicht, insofern diese gleicher- 
maßen wie sonstige Vermögensmehrungen getroffen werden. Die Veranlagung und 
Erhebung ist gleichfalls den Bundesstaaten übertragen. Die erste Feststellung des 
Vermögenszuwachses erfolgt am 1. April 1917 für den in der Zeit vom 1. Januar 
1914 bis 31. Dezember 1916 entstandenen Zuwachs. Als Wert des steuerbaren Ver- 
mögens am 1. Januar 1914 gilt der nach dem Wehrbeitragsgesetz festgestellte. Die 
Entrichtung der Steuer geschieht in drei Jahresraten. Von dem Wehrbeitrag wird ein 
Ertrag von etwa 1000 Mill. M. erwartet, wovon 880 aus der Besteuerung der Vermögen 
phosischer Personen, 40 Millionen aus der der Aktiengesellschaften und 80 Millionen 
aus Einkommen fließen sollen. Oie Besitzsteuer soll etwa 100 Mill. M. im Zahr erbrin- 
gen, davon 41,5 Millionen aus Erbschaften. Da der Ertrag der Besitzsteuer allein nicht 
ausreichen würde, um den ganzen fortdauernden Aufwand zu decken, so müssen noch 
andere Einnahmegquellen herangezogen werden. Als solche sollen dienen 1. eine Er- 
höhung der Sätze der Erbschaftssteuer, sowie des Reichsanteils an dieser von 3/ auf / 
die 10 Millionen erbringen soll, 2. eine Vermehrung der Stempelsteuern in Form der 
Besteuerung von Gesellschafts- und von Versicherungsverträgen, von der 50 Millionen er- 
wartet werden, 3. ein Plus an laufenden Einnahmen von 16 Millionen. Ferner soll die 
Zuckersteuer, deren Abminderung beschlossen war, in der bisherigen Höhe weitererhoben 
werden, was einer Mehreinnahme von 40 Millionen gleichkommt; desgleichen der provi- 
sorische Zuschlag zum Grundstückumsatzstempel bis zum Ende des Rechnungsjahres 1916. 
Diese Beträge mit insgesamt 216 Mill. M. mindern sich aber um 20 Millionen wegen Auf- 
hebung des Reichsanteils an der Wertzuwachssteuer und vom 1. Januar 1917 ab um 
weitere 3 Millionen wegen Aufhebung der Schecksteuer, so daß 193 Millionen verbleiben, 
die auch, falls die Annahmen zutreffen, ausreichen würden, um den Jahresbedarf von 
186 Millionen zu decken. Allein ein Teil dieser Einnahmen, namentlich die Einnahme aus 
der Besitzsteuer, werden erst später flüssig, währemnd bereits in diesem und den folgen- 
den Zahren mit erheblichen Mehrausgaben zu rechnen ist. Ihre Oeckung soll in der 
Hauptsache erfolgen durch den den Bedarf übersteigenden Mehrertrag des Wehrbei- 
trags und durch den Uberschuß des Zahres 1912 und etwa der folgenden Zahre. 
Bevor in eine kritische Würdi- 
gung der Steuerverhältnisse des 
Reiches eingetreten werden soll, muß auch der Entwicklung der Matrikularbeiträge und 
des Schuldenwesens gedacht werden, denn sie stehen mit jenen in enger Verbindung, 
und manche Fehler und Mißgriffe im Steuerwesen finden ihre Erklärung in dem An- 
leihegebaren und in der verkehrten Behandlung der Matrikularbeiträge. 
Die Matrikularbeiträge wurden als bequemes Aushilfsmittel aus der Ver- 
Matrikularbeiträge und Uberweisungen. 
  
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