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handlung, ferner nach 8. 123 Abs. 1 der Seemannsordnung im Falle der Abwesenheit des Angeschul—
digten bei der Verkündung des Strafbescheids in Betracht. Das Verfahren bei den Zustellungen ist
im 8. 16 der Verordnung geregelt. Danach kann zur möglichsten Vereinfachung die Zustellung in allen
Fällen durch Aushändigung des zuzustellenden Schriftstücks gegen einfachen Empfangsschein erfolgen,
so daß es der förmlichen Zustellung nur bedarf, wenn ein solcher Empfangsschein von der Person, für
welche das Schriftstück bestimmt ist, wegen Abwesenheit, Verweigerung oder aus sonstigen Gründen
nicht zu erlangen ist. Bei der förmlichen Zustellung sind nach 8. 16 Abs. 3 der Verordnung drei
Fälle zu unterscheiden, je nachdem die Zustellung im Ausland, im Reichsgebiet oder in einem Schutz-
gebiete zu erfolgen hat.
a) Bei Zustellungen an Personen im Ausland, also in den Konsularbezirken, kommt es
darauf an, ob die Zustellung innerhalb oder außerhalb des Amtsbezirkes des als See-
mannsamt tätigen Konsulats zu bewirken ist. In beiden Fällen hat die Zustellung nach
den Vorschriften des §. 19 des Konsulatsgesetzes vom 8. November 1867 zu erfolgen,
jedoch mit dem Unterschiede, daß im ersteren Falle der Konsul die Zustellung ohne das
sonst erforderliche Ersuchen bewirkt und das vorgeschriebene schriftliche Zeugnis über die
erfolgte Zustellung ausstellt, während im letzteren Falle das Konsulat ein Ersuchungs-
schreiben an den Konsul erläßt, in dessen Bezirke die Zustellung zu erfolgen hat (§. 16
Abs. 3 Satz 1 der Verordnung).
b) Zustellungen an Personen im Reichsgebiet erfolgen durch den Gerichtsvollzieher, wobei
zweckmäßig gemäß §. 162 des Gerichtsverfassungsgesetzes die Mitwirkung des Gerichts-
Theber des zuständigen Amtsgerichts nachzusuchen ist (§. 16 Abs. 3 Satz 2 der Ver-
ordnung).
– Jc) Bei Zustellungen an Personen in den Schutzgebieten ist das Ersuchen unmittelbar an
den zur Ausübung der Gerichtsbarkeit ermächtigten Beamten zu richten, oder, sofern
dieser nicht bekannt ist, die Vermittelung des Gouverneurs oder Landeshauptmanns in
Anspruch zu nehmen (§. 16 Abs. 3 Satz 3 der Verordnung).
.. 5.
Mündliche Uerhandlung.
1. Im seemannsamtlichen Verfahren hat nach §. 4 der Verordnung des Bundesrats dem
Erlasse des Strafbescheids in jedem Falle eine mündliche Verhandlung vorauszugehen. Diese Ver-
handlung ist indes, wie sich aus dem §. 123 Abs. 3 der Seemannsordnung ergibt, in dem Verfahren
vor den Konsulaten nicht öffentlich.
2. In die mündliche Verhandlung kann nach §. 5 der Verordnung des Bundesrats ohne
weitere Förmlichkeiten eingetreten werden, wenn, wie es meist der Fall ist, alle zur Verhandlung
notwendigen Personen sich auf dem Seemannsamt einfinden, auch das sonst etwa erforderliche Beweis-
material zur Stelle ist. Anderenfalls beginnt das Verfahren gemäß §. 1 der Verordnung mit dem
Erlaß eines Einleitungsbeschlusses, dessen Erfordernisse im §. 3 näher bezeichnet sind. Dieser Beschluß
ist dem Angeschuldigten vor oder mit der Ladung zur mündlichen Verhandlung durch Ubergabe einer
beglaubigten Abschrift zuzustellen (§. 4); der Beschluß und die Ladung werden zweckmäßig zu verbinden
Aulage 2, sein. Ein Beispiel für einen Einleitungsbeschluß nebst Ladung liegt bei.
– 3. In der mündlichen Verhandlung ist zunächst der Angeschuldigte über die ihm zur Last
gelegte strafbare Handlung verantwortlich zu vernehmen. Darauf wird, soweit dies noch erforderlich
ist, der Tatbestand durch Abhörung von Zeugen, Einsicht des Schiffstagebuchs oder auf sonst geeignete
Weise festgestellt; eine Vereidigung von Zeugen findet jedoch nach §. 123 Abs. 1 der Seemannsordnung
nicht statt; die Zeugen werden im allgemeinen einzeln und in Abwesenheit der später abzuhörenden
Zeugen zu vernehmen sein. Nach Beendigung der Beweisaufnahme ist dem Angeschuldigten zu seinen
Ausführungen und Anträgen das Wort zu erteilen, und darauf der Bescheid unter Eröffnung der
Gründe zu verkünden. «
4. Nach 8. 11 der Verordnung des Bundesrats kann die mündliche Verhandlung, und zwar
auch im Falle des 8. 93 Abs. 2 der Seemannsordnung, in Abwesenheit des Angeschuldigten erfolgen,
wenn dieser trotz gehöriger Zustellung des Einleitungsbeschlusses und der Ladung nicht erschienen ist.