Full text: Deutsches Kolonialblatt. XIX. Jahrgang, 1908. (19)

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Art ist den Waldgebieten Mittel-Togos beizumessen. 
Sie besteht darin, daß diese Wälder inmitten der 
alljährlich auf den Steppengebieten stattfindenden 
Brände eine große brandfreie Insel bilden. 
Dadurch wird ebenfalls wieder lokal für weite, 
angrenzende Gebiete ein diesen Bränden zu- 
kommender schädlicher Faktor abgeschwächt. Die 
von den Bränden stammenden Kohle= und Asche- 
teilchen füllen nämlich die Luft an und werden 
noch viele Wochen nach Beendigung der Brände 
bei jedem Windstoße vom Boden wieder neuer- 
dings der Luft zugeführt. Durch diese herum- 
wirbelnden Aschenteilchen wird aber der Luft eine 
beträchtliche Menge von Feuchtigkeit entzogen, 
weil ja die Asche sehr hygroskopisch ist. Schalten 
wir also auf großen Gebieten durch Erhaltung 
ihrer Waldbestände die Brände aus, so wird auch 
für benachbarte Gebiete die durch die Brände 
bedingte Verminderung der Luftfeuchtigkeit lokal 
sehr gemindert. 
Aus diesen Erörterungen ergeben sich die 
leitenden Gesichtspunkte, welche für die künftige 
Berwertung der Waldungen Mittel-Togos maß- 
gebend sein sollen. 
Sollten diese Waldungen nach Jahren mit 
der weiter fortschreitenden Entwicklung der Ver- 
kehrswege und des Transportwesens so erschlossen 
sein, daß die Nutzung auf ihren Holzbestand ge- 
winnbringend sein wird, dann wird es Sache der 
Verwaltung sein, darüber zu wachen, daß diese 
Holznutzungen nicht in eine Raubwirtschaft 
ausarten, sondern in streng nachhaltiger und 
walderhaltender Weise durchgeführt werden, daß 
sie nicht einfach in einem Herausplentern der 
guten und wertvollen Nutzholzstämme bestehen 
und das Resultat lückige, wertlose Bestände wären. 
Jede abgeholzte Fläche müßte wieder ausgeforstet 
werden, und zwar dürfte die Ausdehnung der 
Hiebe keine größere Fläche einnehmen, als mit 
den verfügbaren Kräften wieder jährlich aufge- 
forstet werden könnte. 
Hinsichtlich einer rationelleren und nach- 
halrigeren Gewinnungsweise der Kautschuk lie- 
fernden Milchsäfte sind die Eingeborenen unseres 
Schutgebiets einer Belehrung nicht unzugänglich. 
Sie haben zum Beispiel in der Landschaft Butzm 
allgemein den Grätenschnitt für die Anzapfung 
des Ficus Vogelii angenommen; allenthalben 
sieht man, daß sie die ein ausgezeichnetes Kautschuk- 
prodult gebende Liane Landolphia owariensis 
nicht einfach mehr abschlagen, sondern nur durch 
Einkerbungen anzapfen. Aufgabe der Bezirksleiter 
wird es sein, bei ihren Reisen die Eingeborenen 
der Kautschukdistrikte zu belehren. 
Mit der Gepflogenheit der Eingeborenen, den 
Wald zum Zwecke der Gewinnung von Farmland 
zu roden, wird man bei dem Bestreben, die 
Wälder zu erhalten, in erster Linie zu rechnen 
  
haben — voraussichtlich noch viele Jahrzehnte, 
so lange, bis der Eingeborene durch Belehrung 
und bessere Einsicht, vielleicht auch einmal durch 
die Not so weit gekommen sein wird, den Feldbau 
rationeller zu betreiben und die Methode des 
Düngens anzuwenden. Man wird daher in diesen 
wichtigen Waldgebieten schon jetzt Maßnahmen 
treffen müssen, um den Wald, besonders aber den 
Schutzwald da zu erhalten, wo er nicht unbedingt 
zu den Feldkulturen der Eingeborenen benötigt 
wird, wo außer den Wäldern noch größere Baum- 
steppen zur Bebauung vorhanden sind. Ein 
günstiger Umstand ist, daß gerade das bedeutungs- 
volle Waldgebiet zwischen Santrokofi und Pampawüe 
verhältnismäßig schwach bevölkert ist. Wo es sich 
nicht vermeiden läßt, daß die Eingeborenen den 
Wald zwecks Erzeugung der für ihren Lebens- 
bedarf notwendigen Feldfrüchte roden, da erscheint 
es mir eine höchst dankbare Aufgabe, die Ein- 
geborenen zu einer noch ausgedehnteren Kultur 
der Olpalme auf den ausgebauten Feldern zu 
veranlassen. Dadurch wird ein wesentlich besserer 
Bodenschutz erzielt werden, die Baumsteppen- 
bildungen werden zum großen Teil vermieden, 
unter günstigen Umständen wird sich sogar wieder 
Wald auf natürlichem Wege bilden. Dazu kommt 
noch der hohe, dauernde Nutzwert der Olpalme. 
Dagegen halte ich es unter den besonderen 
gegebenen Umständen für höchst bedenklich, den 
Eingeborenen auf die Kultur von Kakao hin- 
zulenken. Die Einführung einer ausgedehnten 
Kakaokultur in diesen Waldgebieten würde eine 
eenorme Vermehrung der Waldrodungen zur Folge 
haben, da außer den Kakaofeldern auch noch die 
Felder zur Erzeugung des Lebensunterhaltes, 
also von Jams, Mais, Erdnüsse usw. bestellt 
werden müßten. In der Tagespresse ist unter 
Hinweis auf die enorme Steigerung des Anbaues 
von Kakao in der Goldküstenkolonie die Kakao- 
kultur in Togo befürwortet worden. Unzweifelhaft 
wird der Eingeborene die Kakaokultur aufnehmen, 
sobald er seinen Vorteil dabei erblickt; er wird 
ohne Bedenken dazu Wald roden, besonders wenn 
er von der Regierung noch ermnntert wird. 
Nach den unseren Waldungen in Mittel-Togo 
nicht abzusprechenden besonderen Wohlfahrtseigen- 
schaften würde aber dort die Einführung des 
Kakaobaues gleichbedeutend sein mit einer schweren 
Schädigung der allgemeinen Interessen Süd- 
Togos. Es ist eben ein Unterschied, ob in wald- 
reichen Gebieten, in Ländern, wo der Wald 
wegen seiner kolossalen Ausdehnung geradezu ein 
Kulturhemmnis bildet, Breschen in den Wald ge- 
schlagen werden, oder ob man in waldarmen 
Ländern die spärlichen Überreste einer schützenden 
Waldvegetation zugunsten einer vorübergehenden 
Erwerb liefernden Kultur opfern will.
	        
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