Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXI. Jahrgang, 1910. (21)

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losem Sande. Die Kamele sträubten sich zunächst, 
hinabzusteigen. Nach vielen Mühen gelang es, 
die Tiere zum Strande hinunterzuführen. Sie 
setzten sich dabei hinten nieder und kamen teil- 
weise rutschend am Strande an. Ein Kamel war 
auf halbem Hange hingefallen; da ein Aufrichten 
an dem steilen Hange ausgeschlossen war, mußte 
es liegend hinuntergezogen werden. Ein Erklettern 
des Hanges mit Tieren ist vollkommen unmöglich; 
uns selbst gelang es nur auf Händen und Füßen 
zu dem gestürzten Kamel zu kommen. Es erscheint 
deshalb ausgeschlossen, in dieser Gegend mit 
Tieren den Rückmarsch nach Osten anzutreten. 
Wir kamen bei Ebbe an den etwa 10 bis 
12 m breiten Strand und marschierten am Strande 
entlang nach der S. Franziskus-Bucht, an 
deren tiefsten Ecke die Wasserstelle Naribis 
(Muschel) liegt. Der Strand ist hier bei Ebbe 
etwa 20 m breit; dicht an der Düne war ein 
kleines Wasserloch gegraben, das wir erweiterten 
und ausbauten. Das Wasser ist vollkommen klar, 
nicht brackig und floß so reichlich nach, daß die 
seit dem 11. nicht mehr getränkten Kamele zweimal 
getränkt und alle Wasserbehälter nachgefüllt werden 
konnten. Von dem beim Graben ausgeworfenen 
Sand wurde ein Damm um die Wasserstelle auf- 
geworfen, um sie möglichst vor der Flut zu 
schützen. Gegen Mittag trat die Flut ein, vor 
der wir uus mit den Kamelen auf einen etwas 
höher liegenden Teil des Strandes zurückziehen 
mußten. Ein um diese Erhöhung aufgeworfener 
kleiner Damm bewahrte uns vor dem Naßwerden. 
Sättel und Gewehre wurden an dem Dünenhang 
hochgelegt und die Kamele dicht an die Düne 
herangeführt. Der um die Masserstelle aufge- 
worfene Damm hatte für diesmal der Flut wider- 
standen, doch wird das Wasserloch wohl bald 
wieder durch das Meer zugeschwemmt werden. 
Von welchem Rivier das Süßwasser, das unter 
der Düne heraussickert, herkommt, konnte nicht 
festgestellt werden. 
Hier trafen mehrere Eingeborene mit drei 
Kamelen von Norden einz; sie sollten in Spencer- 
bucht für eine Diamantexpedition Proviant holen. 
Bei unserem Weitermarsch nach Norden mußten 
die Kamele zunächst im Wasser laufen und blieben 
bei jeder herannahenden Welle stehen. Ein Ab- 
warten der Ebbe war zu unsicher, da die von 
Norden kommenden Eingeborenen erklärten, daß 
wir während der Nacht unbedingt an den „schwar- 
zen Felsen“ sein müßten, da sonst der Strand zu 
eng sei, um während der Nachtflut einen trockenen 
Platz zu gewähren, und es unmöglich schien, dies- 
seits des schwarzen Felsens auf die Düne hinauf- 
zukommen. Ich mußte deshalb möglichst früh ab- 
marschieren, um auf jeden Fall den schwarzen 
Felsen vor der Flut zu erreichen. Nachdem die 
  
Flut nachgelassen hatte, machte der Marsch am 
Strande zunächst keine Schwierigkeiten, bis wir 
gegen Abend an See-Klippen kamen. Hier hatte 
die Brandung an dem sehr engen Strand meter- 
hohe Gischt abgelagert, durch die wir hindurch 
mußten. Da die Bodenbeschaffenheit des unter 
der Gischt befindlichen klippigen Untergrundes 
nicht zu erkennen war, wurde abgestiegen. Wir 
wateten bis zum Leibe in der alles durchnässenden 
Gischt und tasteten uns mit den Füßen durch die 
Klippen vorwärts. Besonders schwierig wurde es 
während der Dunkelheit, in der sowohl Mensch 
wie Tier in Wasserlöcher traten, hinfielen und in 
Gischt verschwanden. Hier fingen einige Kamele 
an, zu versagen. Sergeant Kadur erhielt den 
Befehl, diese Kamele mit einigen Leuten nachzu- 
bringen und möglichst den schwarzen Felsen vor 
1 Uhr nachts zu erreichen. Nach sehr anstrengen- 
dem Marsche durch die Gischt erreichten wir abends 
den schwarzen Felsen, fanden jedoch hinter ihm 
nicht genügend Platz für die Kamele. Es wurde 
deshalb weitermarschiert; auf einer ersteigbaren 
Düne machten wir endlich, vollkommen durchnäßt, 
Nachtruhe. In der Nacht wehte ein scharfer, 
feuchtkalter Wind, unter dem besonders die Kamele 
zu leiden hatten. Da kein Holz vorhanden war, 
konnte auch kein Feuer angemacht werden. 
liber den Marsch der zurückgebliebenen Leute 
meldete Sergeant Kadur später, daß drei Kamele 
von der Brandung fortgerissen worden seien, kurz 
ehe sie nach Mitternacht den schwarzen Felsen 
erreichten. Unsere Leute hatten die Kamele mit 
großen Schwierigkeiten durch die Gischt hindurch- 
bekommen; als während der Nacht die Flut immer 
mehr stieg, marschierten sie bis zum Leibe im 
Wasser. Die Wellen schlugen über den Köpfen zu- 
sammen. Die Kamele vorwärts zu bekommen, 
hatte große Mühe gemacht; aber auf jeden Fall 
sollte der schwarze Felsen erreicht werden. Bis 
dicht an den Felsen kamen die Kamele alle mit 
— da legten zwei sich hin und wollten nicht mehr 
aufstehen. Kadur brachte zunächst die anderen 
Kamele in Sicherheit und stieg mit den Reitern 
in das Wasser zurück, um die Kamele aufzuheben;: 
sic brachen jedoch jedesmal in den Knicen wieder 
zusammen und konnten auch nicht aufstehen, als 
die Wellen über sie hinweggingen. Man mußte 
sic deshalb liegen lassen, um selbst aus der Bran- 
dung herauszukommen. Während der sehr stür- 
mischen Nacht sind die Tiere von der Brandung 
fortgerissen worden. 
Zwei Reiter und ein Eingeborener waren an 
den unter der Gischt nicht sichtbaren Klippen zu- 
rückgeblieben, weil schon dort ein Kamel hinge- 
fallen war. Die Verbindung war in der Dunkel- 
heit verloren gegangen und beim Getöse der sehr 
heftigen Brandung nicht wiederherzustellen. Die
	        
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