— 744 —
§ 3.
Tilgung der Reichsanleiheschuld.
Die Tilgung der Reichsanleiheschuld hat vom 1. April 1911 ab nach
Maßgabe der nachstehenden Bestimmungen zu erfolgen:
Die Bestimmungen, welche für die Tilgung der zu werbenden Zwecken
bereits ausgegebenen Anleihen gelten, bleiben in Kraft. Zur Tilgung der bis
30. September 1910 begebenen sonstigen Anleihen ist jährlich mindestens 1 vom
Hundert des an diesem Tage vorhandenen Schuldkapitals unter Hinzurechnung
der ersparten Zinsen zu verwenden.
Zur Tilgung des vom I. Oktober 1910 ab begebenen Schuldkapitals
sind jährlich
a) von dem für werbende Zwecke bewilligten Anleihebetrage mindestens
1,9 vom Hundert,
b) im übrigen mindestens 3 vom Hundert,
in beiden Fällen unter Hinzurechnung der ersparten Zinsen zu verwenden.
Als ersparte Zinsen sind 3 ½ vom Hundert der zur Tilgung aufgewendeten
Summen anzusetzen.
Die danach zur Schuldentilgung erforderlichen Beträge sind jährlich durch
den Reichshaushalts-Etat bereit zu stellen. Abschreibungen vom Anleihesoll und
Anrechnungen auf offene Kredite bis zur Höhe der zur Schuldentilgung zur
Verfügung stebenden Beträge sind einer Tilgung gleichzuachten.
§ 4 des Gesetzes, betreffend die Ordnung des Reichshaushalts und die
Tilgung der Reichsschuld, vom 3. Juni 1906 tritt mit dem 1. April 1911
außer Kraft.
§ 4.
Der § 2 des Gesetzes, betreffend Verwendung von Mehrerträgen der Reichs—
einnahmen und Überweisungssteuern zur Schuldentilgung, vom 28. März 1903
(Reichs-Gesetzbl. S. 109) wird aufgehoben.
§ 5. Zuweisung von Steuerrerträgen.
Von dem Rohertrage, welcher aus der Besteuerung der Erbschaften auf-
kommt, erhält das Reich ¾, den einzelnen Bundesstaaten verbleibt ¼ ihrer
Roheinnahme.
Die Vorschrift im § 82, letzter Satz, des Reichsstempelgesetzes vom
3. Juni 1906 (Reichs-Gesetzbl. S. 695) kommt in Wegfall.
Die Reineinnahme aus der Branntweinsteuer wird den einzelnen Bundes-
staaten nach dem Maßstabe der Bevölkerung) mit der sie zu den Matrikular-
beiträgen herangezogen werden, überwiesen. Diese Vorschrift kann nur mit
Zustimmung der Königreiche Bayern und Württemberg und des Großherzogtums
Baden geändert werden.