Full text: Der Bundesrat als Reichsorgan.

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ausreichende Hülfe nicht erlangt werden kann, die gerichtliche 
Hülfe bei der Bundesregierung zu bewirken. Anter Beschwer- 
den dieser Art sind auch diejenigen zu verstehen, die gegen eine 
Verzögerung oder Verschleppung der Justiz gerichtet sind ?3). 
In allen Fällen kommt jedoch nur die Rechtspflege in Frage, 
soweit sie von den bürgerlichen und den Strafgerichten aus- 
geübt wird; ausgeschlossen ist dagegen die Rechtspflege der 
Verwaltungsgerichte und -behörden 5?1). Weiterhin ist die Zu- 
ständigkeit des Bundesrates erst dann gegeben, wenn auf anderem 
gesetzlichen Wege ausreichende Hülfe nicht zu erlangen ist. 
Hält der Bundesrat seine Zuständigkeit zur Entscheidung 
einer Beschwerde über eine Justizverweigerung für begründet, 
so hat er sein Krteil nach den für den betreffenden Einzelstaat 
geltenden Rechtsnormen abzugeben; hierbei steht es ihm frei, 
sich das Gutachten eines obersten Gerichtshofes oder anderer 
Sachverständiger erteilen zu lassen 95). Wird das vom Bun- 
desrat gefällte Arteil von der betreffenden Bundesregierung 
nicht beachtet, so steht dem Bundesrat gemäß Art. 19 d. RV. 
das Recht zu, im Wege der Exekution gegen den renitenten 
Staat vorzugehen, um ihn zur Erfüllung seiner Bundespflichten 
zu zwingen. 
Man hat diese Tätigkeit des Bundesrates mehrfach als 
einen Ausfluß seines Aufsichtsrechtes bezeichnet 96), jedoch wird 
man nach allgemein anerkannter Ansicht dem Bundesrat in 
dieser Hinsicht die Stellung eines richterlichen Organes zuer- 
kennen müssen, wenn man erwägt, daß seine Entscheidung in 
Fällen einer Justizverweigerung lediglich auf Rechtssätze 
gestützt ist. 
  
93) Schulze, a. a. O. Bd. II S. 64. 
94) v. Seydel, Kommentar, S. 410. 
95) Laband, Staatsrecht, Bd. I S. 269 Anm. 1. 
96) Vgl. z. B. Schulze, a. a. O. Bd. II S. 64, und Meyer, a. a. O. 
S. 557.
	        
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