Full text: Reichs-Gesetzblatt. 1877. (11)

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Die Bestimmungen des §. 199 finden hier gleichfalls Anwendung; es ist 
jedoch die Aufforderung auf die Erklärung zu beschränken, ob der Angeklagte 
die Vornahme einzelner Beweiserhebungen vor der Hauptverhandlung beantragen 
wolle. 
§. 207. 
Das Landgericht kann das Hauptverfahren vor den erkennenden Gerichten 
jeder Ordnung, nicht aber vor dem Reichsgericht eröffnen. Erachtet das Land= 
gericht die Zuständigkeit des Reichsgerichts für begründet, so legt es die Akten 
durch Vermittelung der Staatsanwaltschaft diesem Gerichte zur Entscheidung vor. 
Ebenso hat der Amtsrichter, wenn er findet, daß eine bei ihm eingereichte 
Sache die Zuständigkeit des Schöffengerichts übersteige, die Akten durch Ver= 
mittelung der Staatsanwaltschaft dem Landgerichte zur Entscheidung vor= 
zulegen. 
 §. 208. 
Betraf das Vorverfahren mehrere derselben Person zur Last gelcgte straf= 
bare Handlungen, und erscheint für die Strafzumessung die Feststellung des 
einen oder des anderen Straffalles unwesentlich, so kann das Gericht auf An= 
trag der Staatsanwaltschaft beschließen, daß in Ansehung eines solchen das Ver= 
fahren vorläufig einzustellen sei. 
Die Aufhebung des Einstellungsbeschlusses kann binnen einer Frist von 
drei Monaten nach Rechtstraft des Urtheils von der Staatsanwaltschaft be= 
antragt werden, wenn nicht Verjährung eingetreten ist. 
§. 209. 
Der Beschluß durch welchen das Hauptverfahren eröffnet worden ist, 
kann von dem Angeklagten  nicht angefochten werden. 
Gegen den Beschluß, durch welchen die Eröffnung des Hauptverfahrens 
abgelehnt oder abweichend von dem Antrage der Staatsanwaltschaft die Ver= 
weisung an ein Gericht niederer Ordnung ausgesprochen worden ist, steht der 
Staatsanwaltschaft die sofortige Beschwerde zu. 
§. 210. 
Ist die Eröffnung des Hauptverfahrens durch einen nicht mehr anfecht= 
baren Beschluß abgelehnt, so kann die Klage nur auf Grund neuer Thatsachen 
oder Beweismittel wieder aufgenommen werden. 
§. 211. 
Vor dem Schöffengerichte kann ohne schriftlich erhobene Anklage und ohne 
eine Entscheidung über die Eröffnung des Hauptverfahrens zur Hauptverhandlung 
geschritten werden, wenn der Beschuldigte entweder sich freiwillig stellt oder in 
Folge einer vorläufigen Festnahme dem Gerichte vorgeführt oder nur wegen 
Uebertretung verfolgt wird. Der wesentliche Inhalt der Anklage ist in den 
Fällen der freiwilligen Stellung oder der Vorführung in das Sitzungsprotokoll, 
anderenfalls in die Ladung des Beschuldigten aufzunehmen.
	        
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