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Der nahezu einzige Grund für die in Togo
stattfindende ausgedehnte Waldrodung liegt, wie
ich oben nachgewiesen habe, in der Gewinnung
von Farmland. Der Eingeborene weiß nur zu
gut, daß er mit seinen landwirtschaftlichen Kul-
turen auf Waldboden höhere Erträge erzielt als
auf Steppenboden. Daher unterzieht er sich auch
gerne der einmaligen Mühe des Waldrodens, da
sich diese durch reicheren Fruchtertrag auf Jahre
hinaus lohnt. Bei dem ständigen Wechsel von
Farmland hat die Entwaldung solche Dimensionen
erreicht, daß es heute nur mehr eine verhältnis-
mäßig geringe Zahl von Dorsschaften giebt, in
deren Grenzen Waldungen liegen; die Mehrzahl
ist bereits gezwungen, sämtliche Felder auf
Steppengebieten anzulegen. Die Bewohner der
Steppe erzielen aber ebenfalls die zu ihrem
Lebensunterhalt nötigen Erträge, wobei noch
große Flächen unbebaut bleiben. Bei dem ge-
ringen Bewaldungsprozent unseres Schutzgebiets
stellt somit die Waldrodung in denjenigen Land-
schaften, deren Bewohner zur Anlage ihrer Felder
Wald= und Steppengebiete zur Verfügung haben,
eine Handlung von einzelnen dar, welche un-
nötigerweise das öffentliche Interesse gefährdet
und welche daher ein auf sämtliche Waldungen
solcher Gebiete ausgedehntes Rodungsverbot
rechtfertigt. Die geplante Aufforstung von
Steppengebieten, um dadurch die klimatischen
Extreme Togos allmählich zu lindern und zu
beseitigen und den fortschreitenden Austrocknungs-
prozeß zu hemmen, wird nur dann Erfolge in
dieser Hinsicht erzielen, wenn die Waldverwüstung
aufhört, durch welche alljährlich Hunderte von
Hektaren Wald verschwinden. Sollte jedoch das
nach meiner Ansicht notwendige Rodungsverbot
für sämtliche Waldungen des Schutzgebiets nicht
durchführbar sein, so ist hingegen unbedingt ge-
boten die Erhaltung des Waldes überall da,
wo ihm die Eigenschaft eines Schutzwaldes zu-
kommt, wo er also unmittelbar Einfluß auf die
Feuchtigkeitsverhälmisse und zwar auf Quell=
bildung wie Wasserabsluß und wo er Einfluß
auf die Festigkeit des Bodens hat. Es ergeben
sich sonach hinsichtlich der Lage folgende Merk-
male, nach denen in Togo ein Wald als Schutz-
wald anzusehen ist: Alle Waldungen auf Berg-
kuppen und Höhenzügen, an steilen Bergwänden,
Gehängen und sogenannten Leiten, ferner solche
rundum und in der näheren Umgebung von
Quellen und stehenden Gewässern oder längs
fließender Gewässer sind Schutzwaldungen.
Nach dieser Definition ist sämtlichen während
dieser Reise angetroffenen Waldungen Schutz-
wald-Eigenschaft zuzusprechen, denn alle bestocken
Quellgebiete und Flußläufe und nahezu alle
liegen auf Höhenzügen. Ein besonderes Augen-
merk aber ist auf die Erhaltung des noch vor-
handenen Waldes zu richten in dem langge-
streckten von S. W. nach N. O. ziehenden Ge-
birge, das westlich der Straße Gudewe, Ete,
Ssodo, Agome Kotukpa liegt, weil hier der Wald
in enormem Maße die Wasserstandsverhältnisse
zweier wichtiger Flüsse, nämlich des Amu und
des Schio, zu beeinflussen vermag. Die Strecke
Ele-Misahöhe ist mir aus eigener Anschauung
noch nicht bekannt, daher unterlasse ich es hier,
die unbedingte Erhaltung des Waldes jetzt zu
befürworten, obwohl nach der Karte zu urteilen
auch hier die Waldschonung geboten erscheint.
Die beiden Flüsse Schio und Haho gehören
in ihrem ganzen Laufe dem Schutzgebiete an;
sie durchströmen beide das wirtschaftlich bereits
mehr erschlossene südliche Togo von N. nach S.
Es ist daher der Gedanke naheliegend, durch
eine künstliche Bewaldung der Quellgebiete
die Wasserstandsverhältnisse beider Flüsse und
somit auch die allgemeinen Feuchtigkeitsverhält-
nisse eines großen Gebietes Südtogos günstig zu
beeinsflussen. Sonach müßte die Aufforstung
in zwei Quellgebieten einsetzen. Nach meinem
Dafürhalten hat aber eine Verteilung der Auf-
forstungsversuche auf zwei Flußgebiete eine Zer-
splitterung der Wirkungen zur Folge. Ein Aus-
weg bestände darin, für die Aufforstung eine
Fläche auszuwählen, welche einen Teil der
Quellgebiete beider Flüsse einschließt. Das hierzu
geeignetste Gebiet wäre das zwischen Ele und
Kubamwepo gelegene. Die Wirkung einer Auf-
forstung hier würde nach der ganzen Lage in
erster Linie dem Quellgebiet des Schio zu gute
kommen, zum geringeren Teile nur dem Haho-
gebiete.
Das Quellgebiet des Schio ist aber in zwei
Beziehungen begünstigter als jenes des Haho;
es hat erstens mehr Gebirge und zweitens mehr
Wald. Eine Aufforstung ist also nicht in dem
Maße dringlich wie im Hahogebiete. Für
den Bezirk Misahöhe wäre es vielleicht eine
dankbare Aufgabe, eine entwaldete Höhe direkt
westlich des Rasthauses Ele wieder zu bewalden.
Eine sehr geeignete Holzart hierfür wäre Ficus
elasticae. Das Flußgebiet des Haho hat nur in
seinem obersten, nördlichsten Quellgebiet Ge-
birge und Wald, welch letzterer hier unter allen
Umständen vor Rodung geschont werden muß.
Eine Aufforstung in diesem nördlichsten Quell-
gebiet, das aus zahlreichen Gräben und kleinen
Flüssen besteht, halte ich zunächst nicht für not-
wendig, da ein Teil dieses Gebietes noch be-
waldet ist und ferner nach den vorliegenden
Vegetationsverhältnissen noch Aussicht besteht, daß
sich ein Teil selbst bewalden wird, wenn es ge-
lingt, Brandreservate zu schaffen. Für wichtiger