Full text: Deutsches Kolonialblatt. XIX. Jahrgang, 1908. (19)

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Der nahezu einzige Grund für die in Togo 
stattfindende ausgedehnte Waldrodung liegt, wie 
ich oben nachgewiesen habe, in der Gewinnung 
von Farmland. Der Eingeborene weiß nur zu 
gut, daß er mit seinen landwirtschaftlichen Kul- 
turen auf Waldboden höhere Erträge erzielt als 
auf Steppenboden. Daher unterzieht er sich auch 
gerne der einmaligen Mühe des Waldrodens, da 
sich diese durch reicheren Fruchtertrag auf Jahre 
hinaus lohnt. Bei dem ständigen Wechsel von 
Farmland hat die Entwaldung solche Dimensionen 
erreicht, daß es heute nur mehr eine verhältnis- 
mäßig geringe Zahl von Dorsschaften giebt, in 
deren Grenzen Waldungen liegen; die Mehrzahl 
ist bereits gezwungen, sämtliche Felder auf 
Steppengebieten anzulegen. Die Bewohner der 
Steppe erzielen aber ebenfalls die zu ihrem 
Lebensunterhalt nötigen Erträge, wobei noch 
große Flächen unbebaut bleiben. Bei dem ge- 
ringen Bewaldungsprozent unseres Schutzgebiets 
stellt somit die Waldrodung in denjenigen Land- 
schaften, deren Bewohner zur Anlage ihrer Felder 
Wald= und Steppengebiete zur Verfügung haben, 
eine Handlung von einzelnen dar, welche un- 
nötigerweise das öffentliche Interesse gefährdet 
und welche daher ein auf sämtliche Waldungen 
solcher Gebiete ausgedehntes Rodungsverbot 
rechtfertigt. Die geplante Aufforstung von 
Steppengebieten, um dadurch die klimatischen 
Extreme Togos allmählich zu lindern und zu 
beseitigen und den fortschreitenden Austrocknungs- 
prozeß zu hemmen, wird nur dann Erfolge in 
dieser Hinsicht erzielen, wenn die Waldverwüstung 
aufhört, durch welche alljährlich Hunderte von 
Hektaren Wald verschwinden. Sollte jedoch das 
nach meiner Ansicht notwendige Rodungsverbot 
für sämtliche Waldungen des Schutzgebiets nicht 
durchführbar sein, so ist hingegen unbedingt ge- 
boten die Erhaltung des Waldes überall da, 
wo ihm die Eigenschaft eines Schutzwaldes zu- 
kommt, wo er also unmittelbar Einfluß auf die 
Feuchtigkeitsverhälmisse und zwar auf Quell= 
bildung wie Wasserabsluß und wo er Einfluß 
auf die Festigkeit des Bodens hat. Es ergeben 
sich sonach hinsichtlich der Lage folgende Merk- 
male, nach denen in Togo ein Wald als Schutz- 
wald anzusehen ist: Alle Waldungen auf Berg- 
kuppen und Höhenzügen, an steilen Bergwänden, 
Gehängen und sogenannten Leiten, ferner solche 
rundum und in der näheren Umgebung von 
Quellen und stehenden Gewässern oder längs 
fließender Gewässer sind Schutzwaldungen. 
Nach dieser Definition ist sämtlichen während 
dieser Reise angetroffenen Waldungen Schutz- 
wald-Eigenschaft zuzusprechen, denn alle bestocken 
Quellgebiete und Flußläufe und nahezu alle 
liegen auf Höhenzügen. Ein besonderes Augen- 
  
merk aber ist auf die Erhaltung des noch vor- 
handenen Waldes zu richten in dem langge- 
streckten von S. W. nach N. O. ziehenden Ge- 
birge, das westlich der Straße Gudewe, Ete, 
Ssodo, Agome Kotukpa liegt, weil hier der Wald 
in enormem Maße die Wasserstandsverhältnisse 
zweier wichtiger Flüsse, nämlich des Amu und 
des Schio, zu beeinflussen vermag. Die Strecke 
Ele-Misahöhe ist mir aus eigener Anschauung 
noch nicht bekannt, daher unterlasse ich es hier, 
die unbedingte Erhaltung des Waldes jetzt zu 
befürworten, obwohl nach der Karte zu urteilen 
auch hier die Waldschonung geboten erscheint. 
Die beiden Flüsse Schio und Haho gehören 
in ihrem ganzen Laufe dem Schutzgebiete an; 
sie durchströmen beide das wirtschaftlich bereits 
mehr erschlossene südliche Togo von N. nach S. 
Es ist daher der Gedanke naheliegend, durch 
eine künstliche Bewaldung der Quellgebiete 
die Wasserstandsverhältnisse beider Flüsse und 
somit auch die allgemeinen Feuchtigkeitsverhält- 
nisse eines großen Gebietes Südtogos günstig zu 
beeinsflussen. Sonach müßte die Aufforstung 
in zwei Quellgebieten einsetzen. Nach meinem 
Dafürhalten hat aber eine Verteilung der Auf- 
forstungsversuche auf zwei Flußgebiete eine Zer- 
splitterung der Wirkungen zur Folge. Ein Aus- 
weg bestände darin, für die Aufforstung eine 
Fläche auszuwählen, welche einen Teil der 
Quellgebiete beider Flüsse einschließt. Das hierzu 
geeignetste Gebiet wäre das zwischen Ele und 
Kubamwepo gelegene. Die Wirkung einer Auf- 
forstung hier würde nach der ganzen Lage in 
erster Linie dem Quellgebiet des Schio zu gute 
kommen, zum geringeren Teile nur dem Haho- 
gebiete. 
Das Quellgebiet des Schio ist aber in zwei 
Beziehungen begünstigter als jenes des Haho; 
es hat erstens mehr Gebirge und zweitens mehr 
Wald. Eine Aufforstung ist also nicht in dem 
Maße dringlich wie im Hahogebiete. Für 
den Bezirk Misahöhe wäre es vielleicht eine 
dankbare Aufgabe, eine entwaldete Höhe direkt 
westlich des Rasthauses Ele wieder zu bewalden. 
Eine sehr geeignete Holzart hierfür wäre Ficus 
elasticae. Das Flußgebiet des Haho hat nur in 
seinem obersten, nördlichsten Quellgebiet Ge- 
birge und Wald, welch letzterer hier unter allen 
Umständen vor Rodung geschont werden muß. 
Eine Aufforstung in diesem nördlichsten Quell- 
gebiet, das aus zahlreichen Gräben und kleinen 
Flüssen besteht, halte ich zunächst nicht für not- 
wendig, da ein Teil dieses Gebietes noch be- 
waldet ist und ferner nach den vorliegenden 
Vegetationsverhältnissen noch Aussicht besteht, daß 
sich ein Teil selbst bewalden wird, wenn es ge- 
lingt, Brandreservate zu schaffen. Für wichtiger 
 
	        
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