Full text: Deutsches Kolonialblatt. XIX. Jahrgang, 1908. (19)

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auch in erster Linie zu den Baumsteppenbildungen 
in diesen Waldgebieten. 
Die Vegetationsverhältnisse des bereisten Ge- 
bietes beleuchten deutlich den unter dem Einfluß 
des Menschen sich vollziehenden Vorgang der 
Entwaldung, wie er sich in der Gegenwart ab- 
spielt, sie beweisen, daß sich in den seltensten 
Fällen und nur unter dem Zusammenwirken ver- 
schiedener günstiger Bedingungen nach Rodung 
wieder Wald von selbst bildet, sie geben durch 
die jüngsten Steppenbildungen nur zu deutlich 
kund, wie sehr die Steppe von Jahr zu Jahr 
an Ausdehnung zunimmt und wie sich selbst auf 
kleinen, allseits von Regenwald umgebenen Flächen 
nach Kahlschlag eine xerophytische Vegetation an- 
siedelt. 
In dem Berichte über die Reise nach den 
Quellgebieten des Haho und Schio“) habe ich 
die allgemeinen Einwirkungen des geschlossenen 
Waldes auf die Luft= und Bodentemperatur, auf 
die Luftfeuchtigkeit, auf die Quellbildung und auf 
den Wasserstand der Flüsse kurz behandelt. Es 
bleibt somit nur noch die Frage zu erörtern, ob 
außer den allen größeren geschlossenen Wald- 
komplexen zukommenden typischen Wohlfahrts- 
wirkungen unseren Waldflächen in Mittel-Togo 
nicht noch besondere Eigenschaften beizumessen 
sind, welche es wünschenswert und notwendig 
erscheinen lassen, einer bedeutenden Verminderung 
dieser Waldflächen entgegenzuarbeiten. 
Ausgedehnte Abholzungen in diesen Wald- 
gebieten würden unzweifelhaft eine bedeutende 
Schädigung großer Gebiete des südlich gelegenen, 
waldarmen Togo nach sich ziehen. Wir wissen, 
daß in den Monaten Dezember, Jannar, Februar 
und teilweise im März der Harmattan herrscht. 
Dieser aus dem Norden kommende Wind bringt 
eine ganz außerordentliche Lufttrockenheit mit sich. 
Je mehr nun die Waldbestände Mittel-Togos 
dezimiert werden, desto ungehinderter wird dieser 
trockene Nordwind über die entwaldeten Geblete 
streichen und desto mehr werden also südlicher 
gelegene Gebiete von ihm getroffen. 
Dazu käme aber noch ein weiteres Moment 
von weittragendster schädigender Wirkung, nämlich 
eine Vermehrung der Lufttrockenheit Südtogos 
während der Harmattanzeit. Denn es ist ohne 
weiteres klar, daß ein trockener Wind beim Durchzug 
durch luftfeuchte größere Waldgebiete wieder 
Feuchtigkeit aufnimmt und daß er um so feuchter 
aus Waldgebieten austritt, je größer und ge- 
schlossener diese sind. Die Erfahrung zeigt, daß 
die Wirkung des Harmattans bei den auf un- 
gefähr gleicher Breite liegenden Orten Palime 
und Nuatjä verschieden stark ist. Palime liegt 
durch vorgelagerte Gebirge und Waldungen ge- 
i Bgl. „D. Kol. Bl.“ 1908. Nr. 1, S. 22ff. 
  
schützter als das ebene, in einem großen Baum- 
steppengebiete liegende Nuatjä. 
Unsere Regenmengen, namentlich jene des 
südlichen Togo, in der durchschnittlichen Jahres- 
summe von 1000 bis 1400 mm wären für die 
Mehrzahl unserer tropischen Kulturen reichlich 
genug, wenn sie auch nicht besonders hoch sind. 
Das kulturfeindliche Moment für unser Schutz- 
gebiet ist nicht in erster Linie das gänzliche oder 
teilweise Ausfallen der Niederschläge während 
der Monate Dezember bis März, sondern die 
während dieser Zeit herrschende hohe Trockenheit 
der Luft. Diese Erscheinung ist aber meiner Er- 
kenntnis nach nicht zum geringsten Teile auf die 
Waldarmut Togos zurückzuführen. Denn gerade 
die Feuchtigkeit der Luft kann lokal durch Ver- 
dunstungsflächen sehr modifiziert werden. Es ist 
ein jedermann bekannter Erfahrungssatz, daß die 
dem Meere nahe gelegenen Landflächen sich durch 
große Luftfeuchtigkeit auszeichnen. In ähnlicher 
Weise aber wie das Meer oder ein großer 
Binnensee auf den Feuchtigkeitsgehalt der Luft 
Einfluß hat, wird auch ein großes geschlossenes 
Waldgebiet Verdunstungsfläche und bereichert die 
Luft anliegender Gebiete gerade während der 
Trockenheit merklich mit Feuchtigkeit. 
Es handelt sich für unser Schutzgebiet nicht 
so sehr um den noch strittigen und schwer wenn 
überhaupt nachweisbaren günstigen Einfluß des 
Waldes auf die Vermehrung der Niederschläge, 
der uns veranlassen soll, für den Schutz der 
Wälder einzutreten: nein, der Kardinalpunkt, der 
uns unter den besonderen, abnorm geringen 
Luftfeuchtigkeitsmengen Togos zu diesem Schutze 
zwingt, ist die Fähigkeit des Waldes, die Feuch- 
tigkeit der Luft zu erhalten und zu erhöhen. 
Gerade dieses Moment, die lokale Verbesserung 
der Luftfeuchtigkeit durch den Wald, gleichviel ob 
diese zu einer Vermehrung des Regenfalles der 
Gegend beiträgt oder nicht, scheint mir von vielen, 
die sich mit der Frage beschäftigen, inwieweit 
durch künstliche Aufforstungen die klimatischen Ver- 
hältnisse Togos eine günstige Wirkung erfahren, 
nicht genügend gewürdigt oder außer Acht ge- 
lassen zu werden. 
Um dem in diesem Zusammenhange möglichen 
Mißverständnisse vorzubeugen, als könne und 
wolle man durch große aufgeforstete Flächen den 
Harmattan, dieses gewaltige Phänomen, beseitigen, 
sei besonders bemerkt, daß solche in unseren weit 
ausgedehnten Baumsteppengebieten geschaffenen 
Waldinseln die Feuchtigkeitsverhältnisse der Luft 
dermaßen beeinflussen können, daß die Wirkung 
des Harmattaus in den anliegenden und entfernter 
gelegenen Gebieten ausfgehoben bzw. abgeschwächt 
wird. Dieser Erfolg ist aber für unsere Kulturen 
von höchster Bedeutung. 
Eine dritte günstige Wirkung von besonderer
	        
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