Full text: Deutsches Kolonialblatt. XIX. Jahrgang, 1908. (19)

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und Sarassara. Je näher ich der Heidengrenze 
kam, desto besser schienen mir die Befestigungen 
der Logone-Orte erhalten und bewacht zu sein. 
Im Gegensatz hierzu liegen die Heidenorte offen; 
unter zahlreichen Delebpalmen sind die einzelnen 
Weiler. weitläufig zerstreut. Sie zählen fast regel- 
mäßig vier jener charakteristischen Bischofsmützen, 
welche durch ihre verschiedene Höhe die Würde 
des Familienhauptes, seines Weibes und Nach- 
wuchses ausdrücken und meist um einen kleinen 
Hof gruppiert, mit einer niedrigen Mauer ver- 
bunden sind. Wie die einzelnen Heiden gruppen, 
so scheinen auch deren Einzelfamilien ein aus- 
gesprochenes Sonderleben zu führen. Kuh, Ge- 
treide, Hund und Ziege gehören zu jedem Haus- 
stand; die Milch ist ein so wichtiger Bestandteil 
der täglichen Nahrung, daß der Musgumheide 
glaubt verhungern zu müssen, wenn er sie ein- 
mal entbehren soll. 
Von Ngulmu wandte ich mich westlich nach 
Girwidig, einem fast vollständig fullahnisierten 
Heidenstamm, der nach Angabe seines Häuptlings 
früher noch weiter westlich in Balda gesessen und 
von jeher nach Marua Tribut gezahlt hatte. Ich 
hielt es deshalb für das beste, den Stamm bei 
Marua zu belassen. Damit erklärte sich später 
auch der Resident von Garua einverstanden. 
Der Mao Girwidig bildet künftig die Grenze- 
zwischen Marna und dem Heidenbezirk. 
Als ich nun an den folgenden Tagen durch 
eine herrliche Parklandschaft über Balda, 
Malam-manga und Malampetel nach Dukba 
marschieren wollte, wurde ich, wie schon berichtet, 
am Mittag des 4. Juli im Lager von Malam- 
petel von einem als Mahdi auftretenden Fullah- 
Malum angefallen. Die später in Maruna an- 
gestellte Untersuchung hat ergeben, daß es dieser 
Fanatiker zunächst auf die Lamidate Marna und 
Mindif und im Auschluß hieran auf die Ver- 
treibung des Weißen abgesehen hatte. Er ist 
mittlerweile festgenommen und der Residentur 
Adamana ausgeliefert worden. 
Im Zusammenhang mit einer dieser Tage 
von einem anderen Fullah-Malum südlich 
Garua hervorgerufenen Erhebung beweist 
dieser Fall, daß die Zeiten, in denen der Reiz 
der Neuheit unserer hiesigen Herrschaft eine mini- 
male Bemessung der Besatzungstruppe gestattete, 
zu Ende gehen. Noch scheinen die hiesigen Sul- 
tanate von dieser Bewegung unberührt. Un- 
berechenbar sind indes die Verhältnisse, wo das 
religiöse Moment mitspielt. Ob die jetzige Be- 
wegung von außen hereingetragen oder unter der 
Fullahbevölkerung selbst hochgekommen ist, konnte 
noch nicht festgestellt werden. 
Nach Abwehr des Angriffes war ich zunächst 
auf Marna und auf das vermeintliche Zentrum 
  
der Aufstandsbewegung losmarschiert. Als ich 
aber noch am späten Abend des 4. Juli in 
Kosséoa die Gewißheit erhielt, daß Marua und 
Mindif ruhig, Strümpell aber erst am 10. Juli 
in Marua zu erwarten war, wandte ich mich 
nach Mora, um mit dessen Sultan wegen der 
Grenzstreitigkeiten Rücksprache zu nehmen. Mai- 
Umer, der von dem Angriff bei Malampetel 
bereits erfahren hatte, ließ sich im Interesse seiner 
Sache natürlich die Gelegenheit nicht entgehen, 
die Falschheit und Heimtücke der Fullahbevölke- 
rung in den schwärzesten Farben zu schildern. 
Im übrigen ist dieser Herrscher durch Körper- 
gewicht und Gicht noch seßhafter geworden als 
früher. Es wäre kein Schaden für seine Herr- 
schaft, wenn er bald einer beweglicheren Kraft 
den Platz räumte. Gerade die Erledigung der 
bestehenden Grenzstreitigkeiten hat gezeigt, daß 
die Großen seines Landes sich die körperliche Un- 
beholfenheit ihres Herrschers zunutze zu machen 
beginnen. 
Am 10. Juli traf ich dann in Marna mit 
Oberleutnant Strümpell zusammen. Das Er- 
gebnis der am 11. und 12. Juli von Strümpell 
geführten Untersuchung ist bereits erwähnt worden. 
Da im Augenblick wenig Hoffnung war, den 
flüchtigen Malam zu stellen, wurde für die ersten 
Augusttage ein konzentrischer Angrif gegen die 
ge n Aussicht genommen; 
während Oberleutnant Strümpell von Marua, 
Oberleutnant v. Raven von Binder her über- 
raschend angreisen wollten, sollte der Musgum- 
Posten bei Girwidig die Wege nach Norden 
sperren und Bongor sollte von Südost her vor- 
stoßen. Dieses Kesseltreiben kam indes jedoch 
nicht zur Ausführung, da der flüchtige Malam 
mittlerweile vom Logone-Sultan festgenommen 
war und da anderseits Oberleutnant Strümpell be- 
drohliche Nachrichten über den südlich Garna 
ausgebrochenen Aufstand erhalten hatte. 
Oberleutnant v. Raven kehrte am 13. Juli 
nach Binder zurück, während wir anderen drei 
Europäer über das Mandara-Massiv nach Madagali 
marschierten und dort in tagelangen Palavern 
die zahlreichen Streitigkeiten der beiden Herr- 
schaften schlichteten. Die strittigen Gebiete von 
Dissa, Idjige, Sufue und Goso verblieben dem 
Mandara-Sultan, der von der Maruastraße das 
Gebiet Hossere Dukba an Marua hatte abtreten 
müssen. 
Am 20. Juli trennten wir uns: Oberleutnant 
Strümpell ging mit Feldwebel Mellenthin 
südwärts nach Galak, um dann über Kamale- 
Gauar nach Marua zurückzumarschieren. Ich zog 
nordwärts gquer über die steilen Berge von Guduf 
nach Keraua und wandte mich dann über Bame 
nach Dikoa, wo ich am 28. Juli eintraf.
	        
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