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sich der Zuschuß für 1907 auf wenig mehr als
eine Million belaufen, einschließlich der laufenden
einmaligen Ausgaben in dieser Höhe und ein-
schließlich sämtlicher Militärkosten. Das ist gewiß
sehr erfreulich.
Ich glaube, daß es im Interesse der Verein-
fachung der Verhandlungen liegt, wenn ich Süd-
westafrika, das ein caput per se ist, hier aus-
schalte und zu Ostafrika übergehe. Hier darf
ich auch die erfreuliche, Ihnen ja bekannte Tat-
sache wiederholen, daß wir mit dem Reichszuschuß
um über eine Million Mark zurückgehen und zwar
auch, indem wir (während 1906 die Ersparnis
um rund 400 000 Mk. größer war) aus den
Resten von 1905 900 000 Mk. einfetzen. Nach
der früheren Praxis hätte also der Zuschuß für
1908 um 1 400 000 Mk. geringer bemessen wer-
den können; das sind volle 33 v. H.
Auch in Ostafrika ist der Handel außerordentlich
erfreulich. Es zeigt sich, daß die Schätzungen, die
ich in dem vorigen Jahre, ohne das Land selbst
gesehen zu haben, vorgenommen habe, richtig sind,
daß wir allerdings gerade in diesem Lande die
ungeheuren Schätze, welche es enthält, nur „an-
gekratzt" haben. Wir können annehmen, daß in
Ostafrika eiwa zehn Millionen Menschen leben
und daß das ungefähr zweieinhalb Millionen
Hütten ausmacht. Wenn diese alle zur Hütten-
steuer herangezogen werden könnten, würde sich
eine Hüttensteuer von 10 Millionen Mark ergeben.
Heute haben wir 1 800 000 Mk. Hüttensteuer,
also 18 v. H. des Soll. Daß die Summe nicht
voll eingekommen ist und für die nächste Zeit nicht
einkommt, liegt an der Schwierigkeit, den Einge-
borenen die notwendige Geldwirtschaft zu ermög-
lichen, ohne welche Steuern nicht bezahlt werden
können.
Auch plantagenmäßig ist das Land bisher ganz
unbedentend besetzt, und zwar wesentlich nur im
äußersten Nordosten.
zur Zeit etwa 15.000 Hektar Land. Sie sind zum
Teil fertig, zum Teil halbfertig. Dies Areal ist
ein Sechstel vom Tausend der Grundfläche von
Ostafrika, in Dezimalen 0,00016. Ich werde auf
die Frage der Plantagen späterhin einzugehen
haben, nachdem der Herr Vorsitzende, wie ich ge-
sehen habe, eine Eingabe des Pflanzerverbandes
der Nordbezirke mit auf die Tagesordnung der
heutigen Sitzung gesetzt hat. Ich bitte um die
Erlaubnis, diese Angelegenheit gleich mit behan-
deln zu dürfen, da ich so wie so auf die Arbeiter-
frage zu sprechen kommen werde.
Also auch in Ostafrika können wir mit großer
Sicherheit einer weiteren sehr erheblichen Ermäßi-
gung des Reichszuschusses entgegensehen.
Ebenso erfreulich liegt es in der Südsee.
Das ist besonders angenehm, als wir dort bisher
Diese Plantagen besetzen
keine besondere Seide gesponnen haben. Samoa
allerdings hat nur einen kleinen Zuschuß und
jetzt fünf Millionen Mark Handel. Der Genug-
tuung über diesen Südseebesitz hielt man bisher
stets entgegen, daß wir seinerzeit einen großen
Betrag für die Marianen und Karolinen ausge-
geben haben, wobei nicht einzusehen sei, wie wir
das Geld wiederbekommen könnten. Das hat sich
nun geändert. Auf den Marianen und Palau
sind große Phosphatlager gefunden; es haben sich
Gesellschaften gebildet, welche sie ausbeuten wollen;
wir haben Verträge abgeschlossen, wonach wir in
dem einen Falle eine feste Rente von 30000 Mk.
und eine Abgabe von 50 Pf. per Tonne bekommen.
Nun sind dort angeblich 40 Millionen Tonnen
gewinnbaren Phosphats vorhanden, die schon in
großen Mengen gefördert werden. Auch in den
Palau-Inseln hat sich ein ähnliches Unternehmen
gebildet, dessen Phosphatbesitz allerdings nur auf
zwei Millionen Tonnen geschätzt wird. Der Nord-
deutsche Lloyd macht sich zusammen mit der
Nationalbank in Bremen auf Grund einer neuen
Gründung von fünf Millionen Mark anheischig,
dieses Lager abzubauen. Dabei soll die Regierung
im Minimum 25 000 Mk. und eine Abgabe von
1,25 Mk. pro Tonne haben und einen Anteil
am Gewinn. Ich habe schon im vorigen Jahre
eine kleine Andeutung davon gemacht. Also auch
da sind wir, glaube ich, auf gutem Wege.
Das ist ja, wie ich zugebe, eine ziemlich opti-
mistische Auffassung der Situation. Aber diese
Medaille hat auch ihren Revers. Der Revers
liegt darin, daß, je stärker das Eindringen des
deutschen und überhaupt des fremden Einflusses
ist, je größer die Ansprüche sind, die an die Ein-
geborenenbevölkerung gestellt werden in bezug auf
Anderung ihrer Lebensweise, ihrer Arbeitsweise,
auf die Steuern und Lasten für den Fiskus, ebenso
in bezug auf die Veränderung ihrer Rechtsprechung,
desto größere Reibungsflächen entstehen. Und desto
größere Vorsicht und Weisheit muß von der Ko-
lonialverwaltung verlangt werden, damit wir die
laufende und dauernd steigende Rente nicht gegen
außerordentlich große Verluste und Kosten aufzu-
rechnen haben, die, wie unser Krieg in Südwest-
afrika zeigt, leicht Proportionen finanzieller Art
annehmen können, die das Reich auf Jahre hin-
aus mit Lasten belegen, welche außer Verhältnis
mit dem Nutzen des Schutzgebietes stehen. Er-
heben wir also diese Ansprüche an die Eingebo-
renen zu schnell, zu eifrig, zu energisch, so werden
wir unsere günstige Position nicht halten können.
.! Es gibt in den Kolonien und auch
hier eine große Anzahl wohlmeinender Leute, die
da glauben, daß die Kolonisation von Afrika durch
verwaltungstechnische Maßregeln erledigt werden
könne und daß man durch Ausübung von Druck