Full text: Deutsches Kolonialblatt. XIX. Jahrgang, 1908. (19)

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Palaver, seien sie nun persönlicher Art oder seien es 
Stammesfehden, nicht nach Gunst oder irgend welchen 
auderen Mücichten entschieden werden, sondern nur 
h Recht: ind die Regierungsstationen. Es ist 
echmecht as auch hier noch manchmal Versehen 
vorkommen durch mangelhafte Kenntnis der Sprache 
oder durch mangelhaftes Eingehen auf die Sitten und 
Anschauungen der Eingeborenen; manche ganz richtige 
Entscheidung mag auch die Eingeborenen bei ihren 
Inschamungen seltsam anmuten; aber im allgemeinen 
das Vertrauen der Eingeborenen zu den deutschen 
lekalen doch groß und im Zunehmen begriffen 
Das Gefühl der Sicherheit hat auch den fried- 
lichen Verkehr der Stämme untereinander, ins- 
besondere den Markt= und Handelsverkehr, gesteigert. 
Der Eweer ist zwar Bauer, aber er versteht sich auch 
sehr Zut auf den Handel und treibt ihe mit Vorliebe. 
Dieser Neigung ist die Regierung entgegengekommen 
durch Anlage von Wegen und Brücken. 
ganze Land zieht sich ein Netz von Wegen, die meisten 
größeren Orte kann man auf bequemer Straße 
erreichen, so daß die Landschaften und Stämme ein- 
ander viel näher gerückt sind als früher. Das be- 
deutet auch für die so viel reisenden. Eingeborenen 
eine große Erleichterung, die sic allerdings noch nicht 
recht zu schätzen wissen, da sie nach wie vor in 
schmalem Gänsemarsch gehen und ihnen die Aulage 
urd Iustandhaltung der Wege ein nicht eben süßes 
Stür # is 
Vor allem hat sich die Negierung die Erziebung 
der Eingeborenen zu freiwilliger eit an- 
gelegen sein lassen und damit schon jent schone Erfolge 
erreicht. Es ist eine bequeme und allgemach ab- 
gestandene Redensart: „Der Neger ist faul“. Man 
bedenke aber nur, wozu der Neger mehr arbeiten 
sollte, als er zum Lebensunterhalte gebraucht. Es 
war ja niemand da. der ihm seine Produkte abkaufte. 
Was sollte ihn veranlassen, Palmkerne an die Küste 
zu bringen, wenn er für seinen Unterhalt unterwegs 
mehr ausgeben mußte, als der Wert seiner Last be- 
trug? Seitdem eine Eisenbahn ghebaut ist und die in 
ihrer Nähe wohnenden Eingeborenen eine Möglichkeit 
sehen, ihre Produkte gegen entsprechenden Preis ab- 
zusetzen, hat sich die Ausfuhr ganz bedentend gehoben. 
Besonders Mais, neuerdings auch Bohnen und Erd- 
nüsse werden von den Eingeborenen in ganz anderen 
Mengen wie früher angebaut und an die Europäer 
verkauft. 
  
# San# 
  
  
  
  
Die Regierung ist auch bemüht, den Eingeborenen 
eine bessere und einträglichere Methode des Acker- 
baus zu lehren. Sie em Zweck in Ver- 
bindung mit dem Kolonialwirtschaftlichen Komitee in 
Nuatjä eine Ackerbauschule gegründet, in der junge 
Leute aus den verschiedensten Teilen des Landes in 
der Landwirtschaft unterrichtet werden. Der Kursus 
dauert drei Jahre: zwei Jahre arbeiten die Zöglinge 
auf den Feldern der Schule, im dritten erhalten sie 
ein eigenes Feld zu selbständiger Bebauung. Ins- 
besondere werden sie auch in der Handhabung des 
Pfluges unterwiesen. Nach rriche des Kursus 
werden die Schüler, ein jeder mit landwirtschaftlichen 
Geräten, auch mit Pflug und Ochsen versehen, wieder 
in ihre Heimat geschickt, um das Gelernte, zugleich als 
Beispiel für ihre Landsleute, praktisch zu verwerten. 
Die Erträge ihrer Arbeit sind ihr volles Eigentum, 
dagegen müssen sie sich in ihren Arbeiten den An- 
weisungen ihrer Behörde fügen. Auch Handwerker 
bildet die Regierung in ihren Werkstätten zu Lome aus. 
So sucht die Regierung auf vielfache Weise das 
Volk vorwärts zu bringen und zu größeren Leistungen 
anzuspornen. Wenn die Regierung dabei natürlich 
auch in erster Linie ihre eigenen Interessen im Auge 
hat, so wird damit doch auch den Eingeborenen in 
hohem Maße gedient. Das Volk merkt allmählich, 
daß eine neue Zeit angebrochen ist, in die der alt- 
gewohnte Schlendrian nicht mehr paßt; die Teate 
zeigen immer mehr Lust, die Forderungen 
dieser neuen Zeit zu erfüllen und von uns Euro- 
päern-“ zu lernen. 
das auch für die Missionsarbeit ein 
groter Vorteil ist, liegt auf der Hand. Es ist 
etwas anderes, unter einem aufwachenden, vorwärts- 
strebenden Volke zu arbeiten, als unter einem stumpf 
dahin lebenden. Wir können auch an unsere Ge- 
meinden in bezug auf ihre zu erreichende finanzielle 
Selbständigkeit größere Anforderungen stellen als 
früher und werden damit bei ihnen auch immer mehr 
Verständnis finden. Der neue Zug, der in das Volk 
gekommen ist, hat ein starkes Verlangen nach Schul- 
bildung hervorgerufen. Überall werden wir und 
unsere Lehrer begehrt. Wenn wir auch nicht in erster 
Linie um des Evangeliums willen gerufen werden, so 
erhalten wir doch die Möglichkeit, alle diese Ort- 
schaften, in die wir Lehrer schicken, regelmäßig mit 
dem Evangelium bekannt zu machen. 
  
Verkehrs-Nachrichten. 
In Hoachanas (Deutsch-Südwestafrika), etwa 70 km südöstlich von Rehoboth, ist am 
5. Januar 1908 eine Postanstalt eingerichtet worden, deren Tätigkeit sich auf die Annahme und 
Ausgabe von gewöhnlichen und eingeschriebenen Briessendungen erstreckt. 
Die Eröffnung der Postanstalt in Palau (Palau-Inseln) hat am 4. Oktober 1907 
stattgefunden.
	        
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