Full text: Deutsches Kolonialblatt. XIX. Jahrgang, 1908. (19)

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Stadt zu gehen; ausgenommen sind die nach- 
stehend vorgesehenen Fälle: 
a) Die Privaten, die in ihrem Dienste einen ein- 
geborenen Bediensteten nach 9 Uhr abends in den 
Straßen verwenden müssen, haben ihm eine schrift- 
liche Erklärung zu übergeben; diese gilt nur für 
den Tag der Ausstellung und befreit ihren Besitzer 
von der Verantwortlichkeit als Übertreter der Be- 
stimmung des vorliegenden Ariikels. 
b) Die Privaten, die Eingeborene gewerbs- 
gemäß nach 9 Uhr abends in den Straßen ver- 
wenden müssen, z. B. als Führer von Rickschaws, 
Auflader usw., können auf der Gemeindeverwal- 
tung für jeden Bediensteten gegen Zahlung von 
200 Reis einen Erlaubnisschein erhalten; darin 
wird der Dienst vermerkt, zu dem der Eingeborene 
bestimmt ist. Diese Erlaubnis wird nur erteilt, 
wenn sich die betreffenden Privaten schriftlich zur 
Zahlung der Geldstrafen verpflichten, in die die 
Bediensteten während der Gültigkeitsstunden ver- 
fallen; die Strafen können von dem Lohne ab- 
gezogen werden. Ferner müssen sich die betreffenden 
Privaten verpflichten, die Gemeindeverwaltung von 
dem Zeitpunkt zu benachrichtigen, an dem die Be- 
diensteten aus ihrem Dienste treten und an dem 
daher das Recht der Erlaubnis erlischt; der Schein 
wird, wenn möglich, zurückgeliefert. Im Falle 
der Nichterfüllung dieser Verbindlichkeiten können 
— unbeschadet der Geldstrafe wegen Übertretung 
dieser Vorschrift — alle von dem Übertreter er- 
betenen Erlaubnisscheine zurückgezogen werden. 
Art. 18. Die Besitzer von Schankwirtschaften, 
in denen nach der Stunde, bis zu der sie für das 
Publikum offen sein dürfen, Eingeborene ange- 
troffen werden, verfallen für jeden Eingeborenen 
in eine Geldstrafe von 5000 Reis. Wenn von 
diesen Personen die Erklärung abgegeben wird, 
daß die in ihrer Wirtschaft angetroffenen Einge- 
borenen Bedienstete seien und diese nicht gehörig 
eingetragen sind, oder wenn sich ergibt, daß solche 
Erklärung falsch ist, dann verfallen die Schank- 
wirte für jeden Eingeborenen in das Höchstmaß 
der in Art. 24 festgesetzten Geldstrafe. 
Art. 19. Die Eingeborenen dürfen den Dienst 
ihrer Herren nicht verlassen, ohne mindestens acht 
Tage vorher gekündigt zu haben. Ahnlich dürfen 
die Dienstherren ihre eingeborenen Bediensteten 
ohne die gleiche vorherige Kündigung nicht ent- 
lassen; andernfalls müssen sie ihnen den jener 
Zahl von Tagen entsprechenden Lohn zahlen. 
Art. 20. Die Eingeborenen dürfen sich nicht 
weigern, ihren Dienstherren den Dienst, zu dem 
sie gedungen sind, zu leisten; die Geldstrafe, in 
die sie wegen Ubertretung der Bestimmung des 
vorliegenden Artikels verfallen, kann ihnen vom 
Lohn abgezogen werden; gleichwohl bleibt ihnen 
das zu ihrer Ernährung Nötige verbürgt. Bei 
  
rückfälligem Vergehen gegen denselben Dienstherrn 
wird die Geldstrafe unter den Bedingungen des 
Art. 16 durch Arbeit ersetzt, nach deren Ablauf 
der Bedienstete erneut seinem Dienstherrn über- 
geben wird, sofern dieser es wünscht. 
Art. 21. Alle Klagen wegen Übertretung der 
Bestimmungen in den beiden vorigen Artikeln 
müssen binnen drei Tagen, von den Ereignissen 
an gerechnet, die Anlaß dazu gaben, vorgebracht 
werden. 
Art. 22. Die als Arbeiter oder Tagelöhner 
eingetragenen Eingeborenen, welche nicht im Lohn 
stehen und sich an den als Vereinigungspunkten 
bestimmten Plätzen zur Verfügung halten, dürfen 
sich nicht weigern, den Dienst zu leisten, zu dem 
sie von einem Privaten aufgefordert werden, noch 
dürfen sie höhere Löhne als 500 Reis für den 
Tag, oder 100 Reis für die Stunde fordern. 
Die Bestimmung dieses Artikels bezieht sich 
nicht auf Bedienstete, die für mehr als einen Tag 
gelöhnt werden. 
Art. 23. Den Eingeborenen, auf die sich der 
vorige Artikel bezieht, ist, wenn sie nicht irgend 
einen Dienst ausführen, nur erlaubt, an den 
Stellen zu stehen, die der Gemeindeverwalter 
mittels Anschlagzettel angibt, ausgenommen bei 
gehörig gerechtfertigter Sonderermächtigung der- 
selben Behörde. 
Art. 24. Den in der Stadt wohnhaften Pri- 
vaten ist verboten, in ihrem Dienste Eingeborene 
zu haben, die nicht bei der Gemeindeverwaltung 
gehörig eingetragen sind; sie bleiben bei ihren 
Forderungen oder Klagen gegen nicht eingetragene 
Bedienstete unberücksichtigt, es sei denn, daß es 
sich um ein im Strafgesetzbuch vorgesehenes Ver- 
brechen handelt. Die Übertretung der Bestimmung 
des vorliegenden Artikels wird mit Geldstrafe von 
2500 bis zu 10 000 Reis bestraft. 
Es wird keine Anzeige angenommen, noch 
polizeiliche Nachforschung erlaubt, die ausschließlich 
bestimmt ist, dieses Vergehen zu entdecken, um 
die Geldstrafe auferlegen zu können; diese Strafe 
wird vielmehr nur verhängt, wenn eine über- 
tretung des vorliegenden Artikels in einem der 
folgenden Fälle zur Kenntuis gelangt: 
1. Wenn aus irgend einem Grunde von einem 
nicht eingetragenen Bediensteten gegen seinen 
Dienstherrn (oder umgekehrt) Klage erhoben 
wird. 
2. Wenn ein nicht eingetragener Bediensteter 
mit der Erklärung, auf die sich Art. 15 
Abs. 2 bezieht, angetroffen wird. 
3. Wenn ein Privater einen als Landstreicher 
festgehaltenen Eingeborenen als seinen Be- 
diensteten für sich in Anspruch nehmen will. 
. Wenn der im letzten Teil des Art. 18 vor- 
gesehene Fall eintritt. 
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