Full text: Deutsches Kolonialblatt. XIX. Jahrgang, 1908. (19)

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genommen hat und bereits in seinem jetzigen 
Stande, der durchaus noch nicht als der Abschluß 
der aufsteigenden Entwicklung anzusehen ist, sowohl 
für die wirtschaftlichen Verhältnisse des Landes im 
allgemeinen wie für die Finanzen des Staates 
von wesentlicher Bedeutung ist. 
Zu der im Südwesten der Kolonie gelegenen 
Jagersfontein-Mine, die mit De Beers in Kimber- 
ley verbunden ist und seit Jahren mit recht gutem 
Erfolg arbeitet, sind in den letzten Jahren an 
Diamantminen namentlich die Roberts Viktor= 
Mine bei Boshof (unweit von Kimberley in 
nordöstlicher Richtung) und neuestens die Voor- 
spoed-Mine bei Kroonstad gekommen. Von der 
Jagersfontein-Mine stammt der im Jahre 1893 
gefundene 971 Karat schwere Diamant „Excelsior"“, 
bis zur Auffindung des in den letzten Monaten 
vielgenannten „Cullinan“ von der Premier-Mine 
bei Pretoria der größte weiße Diamant. Im 
Jahre 1895 wurde in demselben Bergwerk der 
Diamant „Reitz“ gefunden, der zwar nur 634 Karat 
wog, aber für den schönsten und vollkommensten 
Diamanten der Welt gilt. Bei der Roberts 
Victor-Mine, die im Berichtsjahre (Juli 1906 bis 
Juni 1907) zufriedenstellend gearbeitet hatte, hat 
man seitdem ungünstigere Entdeckungen über die 
Beschaffenheit des tieferliegenden Grundes gemacht. 
Der Voorspoed-Mine wird allgemein auch in dem 
amtlichen Bericht eine gute Zukunft vorausgesagt; 
es wird indes noch etwa ein Jahr dauern, bis 
sie voll in Betrieb genommen werden kann. 
Neben den genannten ist noch die schon etwas 
ältere Koffyfontein-Mine zu erwähnen, die nach 
dem Berichte nach einer langen Zeit unrentablen 
Geschäftsganges nunmehr gleichfalls, voraussichtlich 
dauernd, in ein verdienendes Stadium getreten ist. 
Der Vaalfluß zieht seit langem in den drei 
Kolonien, die er berührt, eine große Zahl Dia- 
mantengräber an. Ihre Zahl ist in der Oranje- 
fluß-Kolonie indes im Berichtsjahre von 800 auf 
600 zurückgegangen. Neue Methoden, die jetzt 
vielfach in Anwendung kommen, sind die Anlegung 
von Schächten von über 40 Fuß Tiefe und unter- 
irdischer Abbau sowie Ablenkung des Flusses und 
Trockenlegen des früheren Bettes. Die Diamanten- 
gewinnung ist bei Alluvialformationen in viel 
höherem Maße von Zufälligkeiten abhängig und 
daher unberechenbarer als bei Reefs. Während 
ein einziger Fund dem Entdecker ein kleines Ver- 
mögen einbringen kann, dürfte die Mehrzahl der 
am Vaal beschäftigten Diamantensucher kaum so- 
viel verdienen, als zu ihrem Lebensunterhalt nötig 
ist. Der Bericht berechnet als monatliches Durch- 
schnittseinkommen 9.10 L. Die Flußgräber der 
Oranjefluß-Kolonie haben sich im Berichtsjahre 
mit Genehmigung der Regierung als eine Art 
Gemeinde organisiert. 
  
Im ganzen wurden in der Kolonie Diamanten 
gewonnen: 
Karat im Werte von 2 
im Jahr 1903/4. 259 8399 779 792 
- -15904/5. . 320 548 938 617 
- - 1905/6 J 289 470 902 727 
- -15906/7. . 398703 1222202 
Von den für 1906/7 mitgeteilten Zahlen ent- 
fallen: 
auf die Bergwerke 391 600 Karat im Werte 
von 1 185 307 E, 
auf den Vaalfluß 7 103 Karat im Werte 
von 36 895 K. 
Die im Alluvialvorkommen gefundenen Steine 
sind bekanntlich im Durchschnitt von verhältnis- 
mäßig höherem Werte als die in Reefs enthalte- 
nen. Zum Teil hängt diese Erscheinung aller- 
dings damit zusammen, daß die Flußgräber infolge 
ihrer weniger vollkommenen Technik nicht imstande 
sind, die im Grunde enthaltenen kleineren Steine 
zu finden. Im Berichtsjahre betrug der Durch- 
schnittswert der gewonnenen Diamanten pro Karat 
in Bergwerken 3.0.6½ &, im Vaal 5.3.10½ K. 
Das Schürfen nach Diamanten ist im abge- 
laufenen Jahre so lebhaft betrieben worden wie 
nie zuvor in der Geschichte der Kolonie. Nament- 
lich in den Distrikten Boshof und Smaldeel hat 
sich ein sehr lebhaftes Geschäft mit „Optionen“ 
(Vorkaufsrechten) auf Farmen und Aktien neuer 
Gründungen erhoben. Im ersteren Bezirke sind 
Optionen an nahezu der Hälfte aller Farmen 
genommen worden. Trotzdem ist bis jetzt kein 
einziges weiteres abbauwürdiges Edelsteinvor- 
kommen entdeckt worden. Im Hinblick auf die 
gewaltige Zunahme der Diamantenproduktion in- 
folge der Entdeckungen neuer Minen in den letzten 
Jahren und mit Rücksicht auf den erheblichen 
Rückgang der Nachfrage nach Diamanten auf dem 
Weltmarkte bezeichnet der Bericht den Mißerfolg 
der Schürfer als nicht unbedingt bedauerlich. Die 
Oranjefluß-Kolonie hat von der Bewegung noch 
insofern einen Gewinn von Tausenden von Pfunden 
Sterling gehabt, als die Schürfer und Options- 
käufer durchweg Auswärtige waren, die Gelder 
aber für die Schürflizenzen und Optionen, die 
von den Schürfern bezahlten Arbeitslöhne und 
ihre sonstigen Ausgaben dem Fiskus, den Farmern 
und dem Lande im allgemeinen zugeflossen sind. 
Von den Spekulanten haben sich die Einheimischen 
in der dem Buren eigenen Bedachtsamkeit und 
infolge einer, wie sich gezeigt hat, wohl berech- 
tigten Vorsicht so gut wie ganz zurückgehalten. 
Die Farmer haben sich darauf beschränkt, den 
allzu optimistischen Fremden gegen klingendes 
Geld, von 50 bis 1000 2 pro Jahr, Vorkaufs- 
rechte an ihren Farmen einzuräumen. Wie leb-
	        
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